«Musste auf den meisten Flügen vor Angst weinen» – heute ist Alina Flugbegleiterin
«Als Kind sah ich bei Galileo einen Beitrag über Flugzeugabstürze. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich grosse Mühe, achtete auf jedes Geräusch, auf jede Bewegung. Selbst bei minimalen Turbulenzen war es bei mir vorbei. Auf den meisten Flügen musste ich vor Angst ein wenig weinen.»
Das war einmal. Alina sitzt entspannt und gut gelaunt im Edelweiss Café am Zürcher Flughafen, vor sich ein Ingwer Shot. Vor einer halben Stunde ist die 20-jährige Flugbegleiterin der Swiss in Kloten gelandet. Dank des Jetstreams dauerte ihr Flug von New York nach Zürich nur rund sechseinhalb Stunden. Alina trägt Freizeitkleidung. «In Uniform werde ich oft angesprochen und um Informationen gebeten.»
Seit die junge Frau als Flugbegleiterin tätig ist, ist ihre Flugangst wie weggeflogen. Obwohl der Start hart war, denn in der Ausbildung wurden auch Abstürze behandelt.
Amsterdam als Premiere
Das Ziel der Ausbildung ist jedoch, die angehenden Cabin Crew Member für ihre künftige Rolle zu sensibilisieren, schliesslich sind sie für die Sicherheit an Bord verantwortlich. Alina sagt: «Bald wusste ich: Die Wahrscheinlichkeit, dass mir auf der Autofahrt zum Flughafen etwas zustösst, ist um ein Vielfaches höher, als während des Fluges selbst.»
Doch wie kommt man als Mensch mit Flugangst überhaupt zum Entschluss, sich ausgerechnet für die Ausbildung als Flugbegleiterin zu bewerben? Eine eindeutige Antwort kann Alina nicht geben. «Meine Mutter sagte immer, Flugbegleiterin zu sein wäre ihr Traumjob. Für mich war das kein Thema, meine Angst war viel zu gross.»
Nach dem Abschluss der Fachmaturität wollte Alina jedoch an die Fachhochschule. Die Vorgabe: ein Jahr Vollzeit arbeiten. «Zuerst dachte ich an ein Praktikum, an einen Job bei Starbucks oder so. Doch dann wollte ich doch lieber etwas machen, das ich wirklich spannend finde.»
Besser einschlafen dank Turbulenzen
Gesagt getan. Zwei Monate später absolviert Alina ihren ersten Flug für die Swiss, es geht nach Amsterdam und zurück. Die 20-Jährige ist hoch konzentriert. Sie weiss: «Wenn jetzt etwas passiert, muss ich Verantwortung übernehmen und den Passagieren helfen».
Seit über einem Jahr ist sie nun auch auf der Langstrecke im Einsatz, betreut Gäste in der Economy und Business Class und reist um die Welt. Ihre Lieblingsdestinationen? «New York, Shanghai und Johannesburg.»
Bald hat Alina 200 Flüge als Flugbegleiterin absolviert. Zu schweren Turbulenzen kam es vielleicht fünfmal. «Einmal hat es so stark geschüttelt, dass wir uns anschnallen mussten. Hinten in der Bordküche fielen die Wagen mit dem Essen um. In solchen Fällen versuchen wir, mit unserer ruhigen Art den Passagieren ein sicheres Gefühl zu vermitteln.»
Turbulenzen, egal wie heftig, machen der 20-Jährigen tatsächlich gar nichts mehr aus. Hat sie auf einer Langstrecke genau dann ihre Pause, kann sie sogar besser einschlafen, wenn es ein wenig schüttelt.
Eine Stunde im Edelweiss Café ist vorbei. Alina kommt das Gespräch entgegen, sie möchte aufgrund des Rhythmus ohnehin bis am Abend wachbleiben.
Passagieren mit Flugangst rät sie, sich unbedingt ans Kabinenpersonal zu wenden. Dies werde noch zu wenig getan, weil sich die Fluggäste nicht trauten. Doch es lohne sich: «Unsere Erfahrung zeigt: Zu wissen, dass jemand für einen da ist, kann die Angst bereits etwas lindern.»
Ein zweiter Tipp? «Aus Sicherheitsgründen empfehle ich, immer angegurtet zu sein.» Bei sogenannten Klarluftturbulenzen – für die Piloten nicht vorherzusehen – bleibe man so stabil im Sitz.
Alina schnappt sich ihr Gepäck und verabschiedet sich. Nun warten zwei Tage Ruhezeit bevor es für sie erneut nach New York geht. Nach Jahren der Flugangst sagt Alina heute: «Es ist ein absoluter Traumjob.»


