Die Baselbieter Polizei bleibt wachsam. Denn die Situation ist weiter angespannt. Mit einem Grossaufgebot hatte sie am Samstag in Reinach für Ruhe und Ordnung gesorgt. Befürchtete Auseinandersetzungen zwischen der linksautonomen Antifa und ultranationalistischen Türken konnten verhindert werden.
Die Polizei hatte zuvor eine als Kulturanlass deklarierte Veranstaltung der Grauen Wölfe verboten. Nachdem die Antifa zur Gegendemonstration aufgerufen hatte, wurde für die Behörden das Risiko zu gross: Die Ultranationalisten aber sind überzeugt: Hinter dem Antifa-Aufruf steht eigentlich die kurdische PKK.
Nun steht bereits die nächste heikle Veranstaltung bevor: Am 2. April lädt das alevitische Kulturzentrum Basel zu einer Veranstaltung nach Allschwil. Und dieses Mal sind es Erdogan-Befürworter, bei denen die Alarmglocken schrillen. Noch immer sind sie wütend und enttäuscht über das Verbot von Reinach.
Zumal bereits zuvor Propaganda-Veranstaltungen türkischer Exponenten wegen Sicherheitsbedenken abgesagt worden waren. Selbst der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu musste unverrichteter Dinge wieder abziehen. Umso heftiger warnen die Nationalisten vor dem Anlass in Allschwil. Sie sind sich sicher, dass es sich vorab um eine Propaganda-Veranstaltung gegen die Verfassungsreform handelt, über welche die Türkei am 16. April abstimmt.
Ein besonderer Dorn im Auge ist den Nationalisten der angekündigte Auftritt von Tugba Hezer. Gegen die oppositionelle HDP-Politikerin läuft in der Türkei schon länger ein Verfahren. Der türkische Staat beschuldigt die HDP, ein verlängerter Arm der Terrororganisation PKK zu sein. Hezer selber soll nach dem Bombenanschlag in Ankara vom Februar 2016 mit 29 Todesopfern die Trauerfeier des PKK-Selbstmordattentäters begleitet und eine Rede gehalten haben.
Ihr wirft die Generalstaatsanwaltschaft vor, für die PKK Propaganda betrieben zu haben. Hezer hatte die Türkei im Mai 2016 verlassen, bevor die Immunität zahlreicher Abgeordneter vom Parlament aufgehoben wurde.
Für die Erdogan-Anhänger in der Region Basel ist es «skandalös», dass Hezer von einer kantonal anerkannten Religionsgemeinschaft für Abstimmungspropaganda empfangen wird. «Stellen Sie sich vor, ein Schweizer Nationalrat würde den Sarg eines ‹IS›-Terroristen tragen oder an seine Gedenkveranstaltung gehen, nachdem dieser sich mitten in Bern in die Luft gesprengt und Dutzende Menschen getötet hat», heisst es aus dem Umfeld der Basler Mevlana-Moschee, die den verbotenen Anlass von Reinach organisiert hatte. Mit Namen will sich niemand zitieren lassen. Der Ärger aber ist gross. Retourkutschen gegen den Anlass in Allschwil werden nicht ausgeschlossen.
«Wir haben den Anlass auf dem Radar», erklärt denn auch Adrian Gaugler. Der Sprecher der Baselbieter Polizei weist darauf hin, dass die Ausgangslage eine ähnliche sei wie vor der Veranstaltung der Grauen Wölfe in Reinach: Der Anlass finde ebenfalls in Privaträumen statt. Und auch die PKK sei in der Schweiz nicht verboten. «Wir nehmen laufend eine Lageeinschätzung vor», versichert Gaugler.
Dabei werde auch die angespannte Atmosphäre zwischen Türken und Kurden vor der Abstimmung über die Verfassungsreform und nach dem Verbot von Reinach berücksichtigt. «Grundsätzlich aber wollen wir Anlässe nicht verhindern, sondern für eine sichere Durchführung sorgen.»
Auch der Vorstand des alevitischen Kulturzentrums Basel beschäftige sich mit der angespannten Ausgangslage, heisst es aus dem Umfeld. Mit Namen will sich ebenfalls niemand zitieren lassen, zu gross ist die Sorge vor der Gegenseite. In der Region Basel würden die Kurden und Aleviten aber fast jedes Wochenende solche Kulturveranstaltungen durchführen. Nie gebe es Probleme.
«Sollte nun dieser Anlass ebenfalls verboten werden, würde dies die Situation nicht entspannen. Man sollte aufpassen, dass man es nicht übertreibt», lässt die kurdische Seite durchblicken. Der Auftritt der umstrittenen Tugba Hezer solle jedenfalls keine Provokation sein. «Aber natürlich sind im Moment sämtliche Kulturanlässe auch politische Veranstaltungen.»