Die Vollgeld-Initianten mögen es symbolträchtig. So schickten sie Wilhelm Tell und Helvetia auf die Strasse, als es darum ging, die ersten Unterschriften für das Volksbegehren zu sammeln. Auch zum Kampagnenstart schmückten sich Komitee-Mitglieder mit den Requisiten der Nationalfiguren.
Viel Swissness verströmen auch die Abstimmungsflyer und -plakate, die für die Initiative werben. Nicht nur wegen des grossen Zweifränklers, der neben dem Slogan «Wer soll unser Geld herstellen?» abgebildet ist. Darüber prangt in offizieller Manier das Wappen der Eidgenossenschaft – begleitet von einem Schriftzug, der jenem auf offiziellen Dokumenten des Bundes zum Verwechseln ähnlich sieht. Auf den ersten Blick macht es ganz den Anschein, als stünde der Bund hinter der Kampagne.
Damit verstossen die Initianten gegen das Gesetz. Denn seit der Revision der Wappenschutzgesetzes, die Anfang 2017 in Kraft getreten ist, gilt das Schweizerwappen als «Ausdruck der staatlichen Macht und Würde». Private dürfen es – anders als das gewöhnliche Schweizerkreuz – nicht verwenden. Der Verstoss blieb nicht unbemerkt. Bereits hat sich ein Bürger bei der Bundeskanzlei beschwert, wie Sprecher René Lenzin bestätigt.
Die Bundeskanzlei schaltete das Institut für geistiges Eigentum (IGE) ein, welches über den korrekten Gebrauch des Schweizerwappens wacht. «Wir haben beim Vollgeld-Komitee interveniert», bestätigt Alexander Pfister, Leiter Rechtsdienst beim IGE. Die Initianten haben das Wappen daraufhin auf ihrer Internetseite entfernt und verwenden es auch in Newslettern nicht mehr.
Die bereits gedruckten Plakate hängen aber weiterhin – unter anderem an prominenter Stelle am Zürcher Hauptbahnhof. Für die Gegner der Initiative ein Ärgernis: «Ich hoffe, dass sich die Stimmbürger von diesem Manöver nicht täuschen lassen», sagt SVP-Nationalrat und Initiativgegner Thomas Matter. Er vermutet Kalkül hinter der Verwendung des Bundeswappens auf den Plakaten. «Wenn ich sehe, wie die Initianten in ihren Unterlagen auch eine Grafik der Nationalbank mutwillig verfälschen, dann wundert mich nichts mehr.»
Bei einem Verstoss gegen das Wappenschutzgesetz droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Allerdings gelte der Grundsatz «Wo kein Kläger, da kein Richter», so Alexander Pfister. Das IGE hat zwar ein Klagerecht, machte bisher aber nicht davon Gebrauch, weil sich die Vollgeld-Initianten «kooperativ zeigten». Beim vorliegenden Fall komme der Zeitfaktor hinzu: «Da die Plakate bereits gedruckt und aufgehängt wurden, reicht die Zeit wohl ohnehin nicht mehr, um noch vor der Abstimmung einen juristischen Entscheid zu erwirken.»
Daniel Meier, Geschäftsführer des Vereins Monetäre Modernisierung und Mitglied des Vollgeld-Initiativkomitees, betont: «Uns war nicht bewusst, dass das Wappen geschützt ist.» Man habe keinesfalls den Eindruck erwecken wollen, dass es sich um Plakate des Bundes handelt. «Das Wappen sollte lediglich signalisieren, dass es sich um eine eidgenössische Abstimmung handelt.»
Nach der Intervention des IGE habe man sofort reagiert und das Wappen bei allen Publikationen entfernt. «Bei den meisten Plakaten war dies logistisch allerdings nicht mehr möglich.» Einzig die Plakate für Genf, die später gedruckt wurden, konnten noch rechtzeitig angepasst werden.
Die Vollgeld-Initiative will das Schweizer Finanzsystem radikal umbauen: In Zukunft soll nur noch die Nationalbank elektronisches Buchgeld schaffen dürfen, Geschäftsbanken hingegen nicht mehr. Das sorge für Stabilität, versprechen die Initianten. Die Nationalbank selber hat sich gegen die Idee ausgesprochen. Auch der Bundesrat und das Parlament empfehlen, die Initiative abzulehnen.