Das Wallis und der Wein. Es ist eine Symbiose, wie sie so in keinem anderen Kanton existiert. Man ist stolz auf seinen Fendant und kultiviert den Weingenuss, wo man nur kann. Das gilt nicht nur, aber in besonderem Mass für Christophe Darbellay, Verwaltungsratspräsident eines Weinhändlers, Ex-CVP-Schweiz-Präsident und Kandidat für den Walliser Staatsrat, wie die Regierung hier heisst.
Bevor gestern Mittag die Urnen schlossen, veröffentlichte Darbellay ein Bild eines Weinbergs und merkte an, dass die Ernte trotz fehlender Trauben «schon heute stattfinde».
Wenig später liess er sich bereitwillig beim Apéro mit der Familie ablichten. Darbellay ahnte früh, dass es an diesem Nachmittag gut kommen würde für ihn. In den Oberwalliser Gemeinden landete er durchs Band auf den vorderen Rängen, und als später die Resultate des französischsprachigen Kantonsteils eintrafen, steigerte sich sein Optimismus in Euphorie. Kurz vor 18 Uhr war die Überraschung schliesslich perfekt: Darbellay erzielte von allen 13 Kandidaten das beste Resultat.
Trotz seines Bekanntheitsgrads ist dies alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Nicht nur war im Vorfeld der Wahlen schwer abzuschätzen, wie stark das Walliser Stimmvolk am unehelichen Kind Darbellays Anstoss nehmen würde. Vor allem aber lancierte das «Rechtsbürgerliche Bündnis» rund um SVP-Mann Oskar Freysinger einen Frontalangriff auf die CVP und deren Aushängeschild Darbellay. Es nahm mit Nicolas Voide einen Kandidaten auf seine Liste, der nicht nur der CVP angehört, sondern auch aus dem gleichen Bezirk wie Darbellay stammt (aus dem nur einer gewählt werden kann). Dass der Angriff auf seine Person verpuffte, erfüllt Darbellay nun sichtlich mit Genugtuung.
In der Tat ist das Glanzresultat Darbellays und der beiden anderen CVP-Kandidaten gleichzeitig eine schmerzhafte Ohrfeige für den überaus umstrittenen Bildungsminister Freysinger. Vor vier Jahren als Neuling noch mit dem besten Resultat aller Kandidaten gewählt, schloss er gestern lediglich auf dem sechsten Platz ab. Gegenüber 2013 verlor er rund ein Drittel der Stimmen. Neben Darbellay und Roberto Schmidt (CVP) sowie den bisherigen Jacques Melly (CVP) und Esther Waeber-Kalbermatten (SP) musste er gar den zweiten SP-Kandidaten Stéphane Rossini vorbeiziehen lassen – eine regelrechte Sensation.
Dem Islamkritiker Freysinger dürfte seine Amtsführung mit fragwürdigen Personalentscheiden zum Verhängnis geworden sein. Neben der «falschen Einschätzung» des Mobilisierungspotenzials von Voide sieht er sich vielmehr als Opfer einer Hetzjagd: «Was ich mir anhören musste, war auf unbeschreiblich tiefem Niveau. Der Hass war unglaublich gross.» Freysinger spielt dabei insbesondere auf die hart geführte Kampagne einer Bürgerinitiative mit dem Slogan «Coupons-lui la voie» («Schneiden wir ihm den Weg ab») an.
Vor vier Jahren holte sich Freysinger noch zahlreiche Stimmen von CVP-Stammwählern, die ihm diesmal offensichtlich die Gefolgschaft verweigerten. Er ist überzeugt, dass seine Bekanntheit gegen ihn gespielt hat. «Viele Bürger waren sich zu sicher, dass ich ohnehin wiedergewählt werde. Also gaben sie ihre Stimme lieber einem anderen Kandidaten», sagt er.
Das letzte Wort ist im Wallis freilich noch nicht gesprochen – wer in die Regierung einzieht, wird sich erst beim zweiten Wahlgang am 19. März weisen. Spannend wird insbesondere, ob Rossini den Vorsprung auf Freysinger halten kann und sich der Staatsrat des konservativen Kantons möglicherweise nur aus Vertretern von CVP und SP zusammensetzt. Ob aus Zwangsoptimismus oder echter Überzeugung – Freysinger blickt der zweiten Runde positiv entgegen: «Ich hoffe auf eine Reaktion der Bürger. Und sonst gehe ich dann halt in Pension und habe weniger Stress.»