Hohe Absätze, cremefarbene Unterwäsche und roter Lippenstift. Kleidervorschriften gehören in der Schweiz in vielen Unternehmen zum Berufsalltag. Am letzten Mittwoch kritisierte das Britische Parlament in einem Bericht, dass Dresscodes in vielen Unternehmen noch von einem veralteten Frauenbild geprägt sind – trotz Diskriminierungsverbot.
Auslöser für die Debatte im Königreich war die Kündigung von Nicola Thorp gewesen, einer Mitarbeiterin einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die sich geweigert hatte, mit hochhackigen Schuhen zur Arbeit zu kommen. Sie argumentierte, dass es für Männer keine solchen Vorschriften gäbe, dennoch wurde sie entlassen. Der Vorfall sorgte für Empörung und eine Petition, die von über 150'000 Unterstützern unterzeichnet wurde und so den Bericht des Britischen Parlaments erzwang.
I got sent home from work for wearing flats. It's still legal for employers to require women to wear heels..pls sign https://t.co/2VxzAQhdoC
— Nicola Thorp (@MissNicolaSian) 10. Mai 2016
Auch in der Schweiz sorgt das Thema für hitzige Gemüter. Die Schweizer Grossbank UBS hatte im Jahr 2010 für Schlagzeilen gesorgt, als sie ihren weiblichen Mitarbeiterinnen empfahl, hautfarbene Unterwäsche zu tragen. Die Bank zog ihren Vorschlag daraufhin wieder zurück, stand aber diesen Januar erneut in der Presse, als sie einen Schmink- und Modekurs für Studentinnen veranstaltete, der den Teilnehmerinnen zu einem gelungenen ersten Eindruck in der Business-Welt verhelfen sollte.
Weil ich unter Frauenförderung was anderes verstehe als Schminktipps, liebe @UBS. Your daily dose of feminism heute im @blickamabend 🎀 pic.twitter.com/hXFnhYNwIC
— Anne-Sophie Keller (@anneso_keller) 23. Januar 2017
Auch die fliegenden Mitarbeiter der Schweizer Fluggesellschaft Swiss müssen sich an einen Dresscode halten, der penibel im Uniform-Reglement festgehalten ist: Unter anderem werden für Flugbegleiterinnen Schuhe mit Absätzen zwischen 1,5 und 8 Zentimetern vorgeschrieben. Farbiger Lipgloss oder Lippenstift in Braun- oder Rottönen ist Pflicht. Die Unterwäsche darf nur hautfarben oder weiss sein.
Eine Flugbegleiterin, die anonym bleiben möchte, findet die Vorschriften vor allem im Winter störend. «Die Uniform ist nicht wirklich praktisch. Vor allem nicht bei solchen Temperaturen, wie sie gerade jetzt herrschen.» Der Weg zum Flughafen sei beschwerlich. Es sei nicht nur kalt, sondern man rutsche auch leicht aus. «Dass ich Lippenstift tragen muss, finde ich okay, da ich mich auch persönlich geschminkt wohler fühle», sagt sie gegenüber watson.
Swiss-Sprecherin Karin Müller erklärt die Regelung: «Swiss legt Wert auf ein gepflegtes und elegantes Erscheinungsbild, welches zum Tragen einer Uniform passt. Während ihrer Arbeit an Bord dürfen die Flight Attendants im Übrigen in Service-Schuhe wechseln.»
Helena Trachsel, die Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung des Kantons Zürich, stellt klar, dass Arbeitgeber das Recht haben, ihrer Branche angepasste Vorschriften zur Arbeitsbekleidung zu erlassen. Ob im Gesundheitswesen, bei der Feuerwehr oder bei den Airlines – es liegt im Ermessen des Arbeitgebers, zum Schutz der Mitarbeitenden und zur Unterstreichung ihrer Professionalität ihnen einen zumutbaren Dresscode vorzugeben.
Die feministische Gruppe Aktivistin.ch sieht die Sache ein wenig anders. «Wir sind grundsätzlich dagegen, Frauen vorzuschreiben, was sie zu tragen haben. Dennoch spricht nichts gegen Uniformvorschriften eines Unternehmens für Mitarbeitende», sagt die Sprecherin Carmen Schoder gegenüber watson. Sie sehe aber nicht ein, wieso von Frauen in solchen Vorschriften spezifisch verlangt werde, Stöckelschuhe oder Lippenstift zu tragen, erklärt sie weiter.
Uniformvorschriften sollten weiter geschlechterunspezifisch sein und den Spielraum offen lassen, dass eine Mitarbeiterin frei entscheiden könne, den ganzen Tag mit High-Heels und Lippenstift herumzulaufen, sagt Schoder.