Alle reden davon. Was das iPhone für die Mobiltelefonie war, sei das Elektroauto im Verkehrsbereich: eine Revolution. Beflügelt wird die Euphorie von der Ankündigung von Volvo, dass ab 2019 jedes neu eingeführte Modell über einen Elektromotor verfügen werde, und den Plänen Frankreichs, ab 2040 den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren zu verbieten.
Das alles jedoch ist Zukunftsmusik, denn noch spielen die E-Autos auf den Strassen eine vernachlässigbare Rolle – sowohl hierzulande wie auch im europäischen Umfeld.
Einzig in Norwegen, wo der Kauf staatlich gefördert wird und den Nutzern zahlreiche weitere Vorteile wie Gratis-Parkplätze oder schnellere Strassenspuren winken, machen E-Autos mit rund einem Drittel aller Fahrzeuge einen beträchtlichen Anteil aus.
Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) waren in der Schweiz letztes Jahr gerade mal 10'724 reine Elektroautos immatrikuliert. Das sind zwar 16-mal mehr als im Jahr 2000, aber im Vergleich zu den über 4.5 Millionen Personenwagen immer noch ein Klacks.
Warum ist dem so, zumal die Automarken mit preislich attraktiven Modellen wie dem Ampera-e von Opel oder dem Model 3 von Tesla neuerdings ein deutlich breiteres Kundensegment ansprechen? Noch ist das Angebot in dieser Preisklasse überschaubar – und die Benziner sind immer noch günstiger. «In fünf Jahren dürften sich die Preise angeglichen haben», sagt Markus Peter, Bereichsleiter Technik und Umwelt beim Auto-Gewerbe-Verband Schweiz.
Hinzu kommt, dass viele Kunden gegenüber den E-Autos noch Vorbehalte haben. Ist die Reichweite – bei Mittelklasse-Modellen beträgt sie 200 bis 300 Kilometer mit einer vollen Batterie – genügend gross? Gibt es eine Ladestation in der Nähe?
In der Schweiz, dem «Land der Mieter», stellt die Versorgung mit Steckdosen eine besonders grosse Herausforderung dar – gerade in Städten, wo viele Automobilisten keinen fixen Parkplatz haben. «Damit sich die E-Autos durchsetzen, müssen die Kunden nun einfach Erfahrungen sammeln», so Peter.
Der Bund seinerseits hat ein vitales Interesse daran, dass sich der Anteil von Elektromotoren auf den Strassen erhöht – in erster Linie, um seine klimapolitischen Ziele zu erreichen, aber auch, um die Lärmemissionen zu senken. Erst vor zwei Wochen hat der Bundesrat entsprechend die Förderung von Schnellladestationen entlang der Nationalstrassen zu einer Priorität erklärt. Konkret sollen Betreiber von Ladestationen einen Deckungsbeitrag an die Strominfrastrukturkosten erhalten – denn das modernste Elektroauto bringt nicht viel, wenn man es auf einer längeren Reise zwischendurch nicht aufladen kann.
Inwiefern diese Massnahme beitragen wird, den E-Autos in der Schweiz zum Durchbruch zu verhelfen, wird sich weisen. In einer vor zwei Jahren erstellten Prognose hat das Bundesamt für Energie (BFE) skizziert, dass im Jahr 2050 der Anteil an Elektromotorrädern gegen 80 Prozent des Fahrzeugbestands ausmachen könnte. Bei den Personenwagen rechnet das Amt mit rund 40 Prozent.
Mit anderen Worten: Auch in mehr als dreissig Jahren dürfte eine Mehrheit der Fahrzeuge noch nicht mit einem reinen Elektromotor unterwegs sein (oftmals wohl eine Kombination von Elektro- und Benzinmotor). Christoph Schreyer, Leiter Sektion Mobilität beim BFE, betont, dass dies «eher konservativ» berechnet sei.
Sprich: Es könnte auch schneller gehen. Im Rahmen des neuen Energiegesetzes hat die Bevölkerung soeben beschlossen, dass Neuwagen ab 2021 im Durchschnitt über die ganze Flotte nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen dürfen. «Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, ohne dass ein erheblicher Teil der Neuwagen über einen Elektro-Motor verfügt», so Schreyer.
Damit sie auch «Benzinfresser» im Angebot haben dürfen, müssen Importeure künftig also noch deutlich häufiger als heute verbrauchsarme Fahrzeuge einführen. Die Besten in dieser Hinsicht sind: Elektroautos. (aargauerzeitung.ch)