Warum du jetzt das älteste Gipfelhotel der Schweiz besuchen solltest
Die Rigi wird da und dort als «Inselberg» bezeichnet. Viel fehlt tatsächlich nicht und die Bergkette wäre eine Insel. So wird sie doch vom Vierwaldstättersee, Zugersee und Lauerzersee geradezu umzingelt.
Gesichert zum Inselberg wird die Rigi im Herbst jeweils, wenn der Nebel das Unterland bedeckt. Dann ragt die «Königin der Berge» mit ihren fast 1800 Metern an vielen Tagen aus der trüben Suppe.
Eine der nebelreichsten Gegenden
In Luzern werden jährlich rund 35 Nebeltage verzeichnet. Wie viele es vor über 200 Jahren waren, lässt sich nicht genau sagen. Aber grundsätzlich nahmen Nebeltage in der Gegend in den letzten Jahrzehnten ab.
Sicher ist: Die Region um Luzern gehört zu den am stärksten von Nebel betroffenen Gebieten der Schweiz. Besonders jetzt im Oktober und dann vor allem im November und Dezember lohnt es sich, das Nebelmeer da zu bestaunen.
Falls du auch solche Rekorde kennst, schreib mir auf: reto.fehr@watson.ch
Sicher ist auch: Die Rigi wurde schon früh als Ausflugsort entdeckt (ob wegen des Nebels oder nicht, lassen wir offen). Früher glaubte man noch an Nist-Plätze von Drachen am Südhang oberhalb von Vitznau. Diese Angst wurde bald überwunden.
Im Mittelalter wurden die Alpen schon bewirtschaftet und 1540 erstmals die Kaltbad-Quelle erwähnt. Um das Jahr 1600 wurden dann täglich auch mal mehr als 100 «Badetouristen» gezählt. 1601 erwähnte Luzerns Stadtschreiber erstmals «Kulm» als Namen für den höchsten Gipfel der Rigi.
Zwei Spendenaktionen retten das Projekt
Als 1730 mehr als 25'000 Besucher (meist Pilger) am Berg vermerkt wurden, konnte man schon fast von frühem «Massentourismus» sprechen. Es dauerte aber noch viele Jahre, bis die ersten Pläne für ein Berghotel reiften.
Der Rigiführer Joseph Martin Bürgi, der auf Rigi-Klösterli 1805 das Hotel Krone erbaute, leistete 1814 erste Vorarbeiten für das Gasthaus auf dem Gipfel: Er fällte Bäume und transportierte sie zum Kulm.
Weil ihm aber das Geld für das Projekt schnell ausging, startete ein oft gesehener Gast aus Zürich eine Spendenaktion. 971 Franken kamen zusammen (heute rund 25'000 Franken) – was ein sehr grosser Erfolg war.
Das Gebäude konnte gebaut und – nach einer weiteren Spendenaktion – auch die Hoteleinrichtung finanziert werden. So wurde das erste Gipfelhotel der Schweiz am 6. August 1816 eröffnet.
Hotel mit sechs Betten
Die ersten Gäste für die sechs Betten? Der Erbauer und die Arbeiter. Acht Tage später trugen sich dann die ersten «wirklichen» Übernachter im Gästebuch ein. Bis Ende Saison bekundeten 294 Besucher ihre Übernachtung auf dem Gipfel.
- Berghotel Faulhorn (1830)
- Riffelhaus Zermatt (1853, nicht auf einem Gipfel)
- Gipfelhaus auf dem Niesen (1858)
- Hotel Pilatus-Kulm (1890)
Das Gipfelhotel hatte allerdings noch wenig mit dem später prunkvollen Bau zu tun. Es handelte sich eher um eine grössere Alphütte aus Holz. Doch weil der Ort bald auch mit einem für Pferde begehbaren Weg erschlossen wurde, stieg die Gästezahl innert drei Jahren auf rund 1000 pro Jahr.
Ausbau und dann 2. Hotel, 3. Hotel
Bald wurde das Hotel ausgebaut. 1848 bot ein neues Gebäude aus Stein jetzt Platz für 130 Betten (Preis pro Zimmer: 2 Franken). 1856 wurde das zweite Hotel auf Rigi Kulm eröffnet (200 Betten, 4 Franken pro Übernachtung).
Da die Rigi-Bahn damals noch nicht gebaut war, musste alles Material auf den Gipfel getragen werden. Der Beruf des Rigi-Trägers erlebte seine Blüte – gut betuchte Gäste liessen sich in Tragsesseln auf den Berg tragen.
Die Epoche der Träger endete mit der Eröffnung der Rigi-Bahn 1871 (bis ganz auf den Gipfel ab 1873). 1875 wurde dann das palastartige Grand-Hotel («Palais Schreiber») mit 300 Betten auf dem Gipfel gebaut. Die Belle Epoque in der Schweiz erlebte ihre Anfänge.
Das Recycling auf dem Berg
Der Tourismus florierte, bis der 1. Weltkrieg 1914 für drastische Rückgänge sorgte. Bis 1936 wurde Bettenanzahl auf total 300 in allen drei Hotels reduziert. Erst mit der Übernahme des baufälligen Hotels durch die Familie Käppeli 1949 ging es wieder aufwärts.
Bis 1954 wurde der «Palais Schreiber» abgebrochen und das heutige Rigi-Kulm-Hotel an gleicher Stelle aufgebaut. Speziell dabei: Alles, was beim Abbruch noch brauchbar war, wurde wieder verwendet und ist teilweise heute noch sichtbar.
Heute bietet das Rigi Kulm 32 Zimmer. Seit 209 Jahren kann auf der Königin der Berge ganz auf dem Gipfel übernachtet werden. Selten lohnt sich das so sehr wie jetzt, wenn der Nebel (hier die Nebelkarte checken) die Rigi zum Inselberg macht. Damit du das in vollen Zügen geniessen kannst, habe ich dir unten auch noch einen Wandervorschlag – der ist gut in beide Richtungen machbar und das Nebelmeer liegt dir zu Füssen.
