Was dieses Jahr am Sechseläuten alles anders wird – und 10 weitere Kuriositäten
Wegen zu starken Winden konnte der Böögg 2024 nicht auf dem Sechseläutenplatz verbrannt werden. Deshalb wurde die Zeremonie kurzerhand in den Gastkanton Appenzell-Ausserrhoden verschoben. Deshalb findet das traditionelle Fest der Zürcher Zünfte am Samstag in Heiden statt.
Eine weitere Neuerung: Am Samstag reiten keine echten Pferde um den Böögg. Stattdessen greifen die Veranstalter auf historische Steckenpferde zurück. Diese kamen bereits 1965 zum Einsatz. Damals griff die Pferdeinfluenza um sich.
Das Festtagsprogramm startet um 14 Uhr. Dann verkaufen diverse Stände rund um die Streuli-Wiese und in der Umgebung Essen und Getränke. Geplant sind auch verschiedene Konzerte. Um 18 Uhr wird der Böögg angezündet. Um dich bereits auf das Fest einzustimmen hier ein kleiner Rückblick in die Kuriositäten der Vergangenheit des Sechseläutens:
Die kuriosesten Geschichten des Sechseläutens
Weil du jetzt mit allen nötigen Infos versorgt bist, kommen wir nun zum historischen Rückblick. Immer wieder kam es am Sechseläuten-Montag zu kuriosen, lustigen, aber auch traurigen Szenen. Wir haben euch die interessantesten Begebenheiten herausgepickt.
1. Entführt und sabotiert
1921 brannte der Böögg bereits um halb zwei Uhr. Eine Gruppe von Kommunisten hatte einen Knaben angestiftet, das Feuer zu legen. Sie wollten damit gegen die hohe Zahl von Arbeitslosen protestieren. In Windeseile wurde der Ersatzböögg auf der Brandstätte aufgerichtet. Und Punkt sechs Uhr brannte er ein zweites Mal. Als Zeichen des zünftischen Protestes war ihm eine rote Fahne mitgegeben worden, die mit in den Flammen unterging.
Noch schlimmer kam es im Jahr 2006 – damals wurde der Böögg noch bevor er auf den Scheiterhaufen gestellt werden konnte, geklaut. Am Tatort wurde ein Schreiben hinterlegt, die Gruppe «1. Mai – Strasse frei» bekannte sich zur Tat. Am Sechseläuten selbst kam ein Ersatzböögg zum Einsatz, der eigentlich für den Kinderumzug vorgesehen war.
2. Zack und weg 'is er!
Ein eher lustiger Fauxpas passierte einst Alt-Bundesrat Christoph Blocher. Der fiel nämlich während Gillis-Talkshow vom Podest – und das wurde live im Fernsehen von Tele Züri aufgezeichnet.
3. Trauriger Todesfall
2015 kam es zu einem tragischen Todesfall: Ein Pferd starb während der Verbrennung des Bööggs. Der Tierschutzbund Zürich kritisierte den Anlass darauf als zu stressig für die Tiere. Die anschliessende Obduktion ergab aber, dass nicht Stress zum Tod des 24 Jahre alten Pferdes geführt hatte, sondern eine Herzrhythmusstörung.
Die Teilnahme eines Pferdes am Zürcher Sechseläuten ist für das Tier aber nicht stressiger als eine Spring- oder Dressurprüfung. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich, die später veröffentlicht wurde.
4. The «Brätli-Place» to be
Egal was behauptet wird – Tradition hin oder her. Eigentlich strömen die Besucher des Sechseläuten nur zum Böögg, weil sie nach dessen Explosion ihre Würstchen bräteln wollen. Denn auf der Glut des Scheiterhaufens lässt sich's wunderbar grillieren.
5. Keine Frauen
Lange waren Frauen vom Sechseläuten-Umzug ausgeschlossen. Dank eines Kniffs dürfen sie nun aber doch mitlaufen – die Frauenzunft wird zum Dauergast der «Gesellschaft zur Constaffel». Mitmarschieren dürfen die Damen aber nur tagsüber – am Abend sind die Zunft-Aktivitäten weiterhin nur den Männern vorbehalten.
6. Köppel, der Kameltreiber
Kuriose Verkleidungen gehören zu den Zünften dazu. Auch, dass sich ab und an Politiker in «Schale» werfen und am Umzug als Ehrengäste mitmarschieren, gehört dazu. Manchmal findet sich aber auch der eine oder andere modische Fehltritt – wie damals, als sich Roger Köppel etwas braune Farbe ins Gesicht schmierte, um als Kameltreiber noch authentischer zu wirken.
7. Der gefallene Böögg
Dramatische Szenen ereigneten sich im Jahr 1993: Damals wollten weder Böögg noch Scheiterhaufen so richtig. Letzterer fiel nämlich mitsamt Schneemann auf den Platz und brannte dort munter weiter. Der Kopf des Bööggs musste anschliessend von Hand wieder ins Feuer geworfen werden, damit er überhaupt explodierte.
8. Fliegende Fische
Die Zunft zur Schiffleuten pflegte einen ganz besonderen Brauch. Die Jungzünfter warfen nämlich tote Fische ins Publikum – an der Bahnhofstrasse gerne auch in geöffnete Fenster in den oberen Etagen oder auf Balkone.
Doch das ist nun vorbei, seit 2016 werden keine echten Fische mehr geworfen. Die Zunft reagiert auf Kritik von Tierschützern und Berufssfischern. Der Fischwurf war ein Zeichen für die Ernährung des Volkes in vorreformatorischen Zeiten. Damals wurden die Bewohner nämlich freitags und in der Fastenzeit mit Fischen versorgt.
9. Kürzeste Brenndauer
1956 jagte es dem Böögg den Kopf schon nach weniger als 4 Minuten weg. Das ist die kürzeste Brennzeit seit es die Tradition gibt. Am längsten brannte er 2016 – nach qualvollen 43 Minuten war es dann endlich um den Schneemann geschehen.
Obwohl im Volksmund behauptet wird, dass die Brennzeit des Bööggs einen direkten Einfluss auf die Anzahl Sommertage hat, gibt es statistisch gesehen keinen signifikanten Zusammenhang. Die Prognosen stimmen folglich nicht immer – ausser im Jahr 2003. Damals explodierte das Haupt des Bööggs schon nach 5 Minuten und 42 Sekunden und die Schweiz wurde mit sagenhaften 65 Sommertagen beschenkt.
10. Der Böögg im Hafen
Während der Anbauschlacht 1944 fand das Sechseläuten im Hafen Enge statt, da auf der Sechseläutenwiese Gemüse angepflanzt wurde. Dabei kippte der «Böögg» in den Zürichsee. Doch was taugt der Brauch im Hinblick auf die Sommervorhersage? Das sagt die Datenlage:
Der Böögg als Wetterprophet
Im letzten Jahr benötigte der Böögg sagenhafte 57 Minuten, bis sein Kopf mit einem lauten «Chlapf» weggesprengt wurde. Länger benötigte er seit der lückenlosen Datenerfassung 1965 noch nie:
- 2023: 57:00 Minuten
- 2016: 43:34 Minuten
- 1988 und 1970: 40 Minuten
- 2022: 38:00 Minuten
Glaubte man dem Böögg, dann hätte uns im letzten Jahr ein katastrophaler Sommer erreicht – was nicht der Fall war. Und auch der Blick in die Vergangenheit zeigt: Einen statistischen Zusammenhang zwischen der Böögg-Brenndauer und einem guten Sommer existiert nicht.
Aber zwischendurch landet der Stadtzürcher Wetterprophet durchaus einen Volltreffer:
- So sagte der Böögg den Hitzesommer 2003 perfekt voraus, indem er nach nur 5:42 Minuten explodierte.
- Auch den Sommer 2017 traf er mit 9:59 Minuten Brennzeit und einem schönen Sommer ziemlich gut.
- 2000 sagte der Böögg mit 16:25 Minuten einen durchschnittlichen Sommer voraus – und dieser lag ziemlich genau auf der Temperaturtrendlinie.
(leo)