Der Brenner-Basistunnel selbst wird 55 Kilometer lang sein, aber gemeinsam mit der bestehenden Umfahrung Innsbrucks in Österreich erreicht der Brenner eine Länge von insgesamt 64 Kilometern. Damit wird das Gemeinschaftswerk von Italien und Österreich sieben Kilometer länger als der Gotthard-Basistunnel sein.
Die Aussicht, den Schweizer Rekord zu brechen, ist aber nicht die treibende Motivation der Nachbarländer der Schweiz. «Das ist wirklich zweitrangig», sagt Simon Lochman, Sprecher des Unternehmens BBT (Brenner Basistunnel). «Wichtig ist, dass die Infrastrukturen klug genutzt werden und zu einer nachhaltigen Mobilität beitragen», sagt er.
Der Tunnel durchquert die Alpen unter dem Brennerpass. Über den Pass laufen 40 Prozent des alpenquerenden Güterverkehrs, davon zwei Drittel über die Strasse. Über den Brenner fahren daher jährlich fast doppelt so viele Lastwagen wie über die Schweizer Alpenübergänge.
Die neue Flachbahn soll nun die alte Bahnlinie über den Pass ablösen, die seit 140 Jahren in Betrieb ist. Im März 2015 haben die Hauptarbeiten für den Basistunnel auf österreichischer Seite offiziell begonnen. Wird der Zeitplan eingehalten, nimmt der Tunnel 2026 seinen Betrieb auf. Die Fahrzeit zwischen dem österreichischen Innsbruck und dem italienischen Fortezza beträgt dann noch 25 Minuten statt 80 wie heute.
Als Teil einer der wichtigsten europäischen Transportrouten stuft die EU den Brenner-Tunnel als prioritär ein. Er befindet sich auf einer wichtigen Achse, die durch die Mitte des Kontinents führt und Helsinki in Finnland mit Valletta in Malta verbindet. Seine Kosten werden auf 9 Milliarden Franken geschätzt. 40 Prozent davon bezahlt die EU, den Rest teilen sich Österreich und Italien.
Der Brenner weist dabei einige Gemeinsamkeiten mit dem Gotthard auf: Wie der Gotthard-Basistunnel besteht auch der Brenner aus zwei eingleisigen parallelen Röhren. Schon seit zehn Jahren arbeite BBT mit den Experten von Alptransit Gotthard zusammen, der Bauherrin des Gotthards, sagt Lochmann. BBT blicke «mit dem grössten Respekt auf die herausragende Leistung unserer Schweizer Kollegen.»
Weiter sitzt im Planungskomitee des Brenners mit dem Ingenieur Peter Teuscher der ehemalige Chef der BLS Alptransit, die für den Bau des Lötschberg-Basistunnels verantwortlich war. «Wir haben zahlreiche Techniken vom Gotthard übernommen und aus den Erfahrungen bei seinem Bau gelernt», sagt Lochmann. So sind das Sicherheits- und Rettungskonzept von demjenigen des Schweizer Tunnels inspiriert.
Namentlich bei den Nothaltestellen orientieren sich die Planer am Gotthard, weil sich die Geometrie und Funktionalität der beiden Tunnel ähneln. Auch bei den Verbindungsstollen nahmen sich die Ingenieure den Gotthard zum Vorbild. Etwa alle 330 Meter sind solche Stollen angelegt, die es den Passagieren ermöglichen, ohne Probleme von einer Röhre in die andere zu wechseln.
An Bord beim Bau des Brenner-Basistunnels sind zudem etwa 30 Tunnelbauer und rund 20 Ingenieure, die bereits bei der Konstruktion der Schweizer Tunnel Lötschberg oder Gotthard involviert waren. Die BBT erwartet, noch weitere Tunnelbauer und Ingenieure für sich gewinnen zu können. Letztlich werden jährlich rund 2000 Personen für das Bauwerk arbeiten.
Die Röhren des Tunnels werden durch verschiedene Felsengesteine hindurch gebaut. 30 Prozent des Gesteins werden durch Sprengungen ausgehoben, 70 Prozent durch die Tunnelbohrmaschine.
Nicht vom Vorbild Gotthard abschauen konnte der Brenner, wie die zwei Länder Italien und Österreich sich abstimmen sollen. Denn dabei können unerwartete Probleme auftauchen: Für die Messung der Höhe orientiert sich Italien am Meeresspiegel in Genua, Österreich am Meeresspiegel in Triest.
Da dies zu Unterschieden in den Berechnungen von 12,5 Zentimetern führte, beschlossen die zwei Länder sich am europäischen System, bei dem Amsterdam als Referenz dient, zu orientieren.
Eine Besonderheit des Brenners stellt zudem ein Erkundungsstollen dar: Über die ganze Länge wurde etwa zwölf Meter unter den Haupttunneln ein Loch von fünf Meter Durchmesser gebohrt, um die Geologie und Hydrogeologie auszukundschaften. Diesen Stollen nutzen die Tunnelarbeiter während des Baus zu logistischen Zwecken. Wenn der Brenner seinen Betrieb aufnimmt, soll der Stollen der Wartung und Entwässerung dienen.
Wie der Gotthard wird auch der Brenner Basistunnel den Titel des längsten Eisenbahntunnels nicht für immer halten können. China beispielsweise plant, den längsten Unterwassertunnel der Welt zu bohren. Dieser soll unter dem Golf von Bohai hindurchführen, um die Hafenstädte Dalian und Yantai zu verbinden. Der Tunnel soll 123 Kilometer lang werden. Damit wäre er länger als der Brenner- und Gotthard-Basistunnel zusammen. (sda)