Vier Landessprachen, 26 Kantone, eine lange Migrationsgeschichte und eine Vielzahl von Kulturen und Lebensweisen, die nebeneinander und miteinander existieren. Kein Zweifel: Die Schweiz ist «ein Konzentrat der Vielfalt». Dies ist das Ergebnis einer breit angelegten Studie des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) im Auftrag des Migros-Kulturprozent, die am Montagmorgen veröffentlicht wurde.
Doch eine derart breite Vielfalt kann auch Schattenseiten mit sich bringen. «In der Schweiz gibt es zum Teil weitverbreitete negative Gefühle gegenüber bestimmten Gruppen von Menschen», stellen die Autoren der Studie fest. So zeigt sich etwa, dass bestimmte soziale Gruppen von einem Teil der Bevölkerung nicht gern gesehen werden.
An der Spitze der Rangliste stehen die SVP-Anhänger, die bei einem Drittel der Bevölkerung negative Gefühle hervorrufen. Es folgen Asylsuchende (32,1 %), Muslime (28 %) sowie ... Anhänger der Grünen und der SP (23,3 %).
Auch Gruppen wie trans oder non-binäre Personen, Menschen mit der Namen-Endung -ic oder Menschen mit psychischen Erkrankungen lösen bei einem Fünftel der Befragten unangenehme Gefühle aus.
Die Autoren der Studie haben die verschiedenen Gruppen auch miteinander verglichen, um genauere Ergebnisse zu erhalten. Das Resultat: SVP-Sympathisanten sind mit Abstand die unbeliebteste Gruppe. Der Anteil jener, die sie nicht mögen, liegt bei 36 % der jungen Leute (16–29 Jahre), bei 37 % der Personen mit Universitätsabschluss und sogar bei 64 % der Personen, die der SP oder den Grünen nahestehen.
Diese Animosität beruht auf Gegenseitigkeit, denn fast die Hälfte der SVP-Sympathisanten gibt an, dass sie Personen mit einer Affinität zur SP oder den Grünen nicht mögen. Ebenfalls unter SVP-Nahestehenden sind es ein Drittel, die negative Gefühle für trans und non-binäre Personen hegen, während die Hälfte Muslime nicht mag und 57 % Asylsuchende.
Im Licht dieser Ergebnisse könnte man sich fragen, ob alle Gruppen einander nicht ausstehen können. Dies sei nicht der Fall, beruhigen uns die Autoren der Studie. Sie betonen, dass die verschiedenen Personengruppen in den meisten Fällen bei den Befragten neutrale Gefühle hervorrufen. Zugleich räumen sie ein, dass «negative Gefühle sicherlich aussagekräftiger» seien, da sie «für den sozialen Zusammenhalt schädlicher» sind.
Die gewählte Methode kann diese Ergebnisse ebenfalls relativieren. Die Autoren der Studie fragten die Teilnehmer nämlich, wie sie reagieren würden, wenn ein neuer Nachbar, von dem sie nur eine bestimmte Eigenschaft kannten, neben ihnen einziehen würde. Für jede Personengruppe sollten die Befragten ein positives, neutrales oder negatives Gefühl ausdrücken.
Die Forscher weisen darauf hin, dass «Menschen nicht eindimensional sind»: Ein einziges individuelles Merkmal reiche nicht aus, um sie als Personen zu definieren. Ausserdem sei die Frage «zum Teil hypothetisch». Einige Gruppen kommen aus rein strukturellen Gründen nur sehr selten miteinander in Kontakt. Zum Beispiel «haben die meisten Menschen keine Asylsuchenden in der Nähe ihres Wohnortes».
Die Studie endet daher mit einer positiven Note. Zwar räumen die Studienautoren ein, dass «jedes Prozent negativer Gefühle zu viel» sei, doch sie stellen auch die Hypothese auf, dass «Misstrauen und negative Gefühle» nichts anderes seien als «die Folgen eines hohen Masses an Vielfalt».
Zumal dieses Misstrauen bekämpft werden könne, fügen die Autoren hinzu. «Kontakte können einen Prozess der emotionalen Gewöhnung auslösen, der dazu führt, dass man zwar bestimmte Eigenschaften des anderen nicht gutheisst, aber auch keine negativen Emotionen gegenüber dieser Person empfindet.» Die Schlussfolgerung:
In Afrika aufgewachsen, meint wohl Dunkelhäutige und nicht den weissen Südafrikaner oder Namibier.