Warum man sich um die ZSC Lions keine Sorgen machen muss
Wer momentan auf die Tabelle der National League blickt, sieht ein überraschendes Bild. Die ZSC Lions, amtierender Meister und Champions-League-Sieger, sind nur auf Rang 7 und damit ausserhalb der direkten Playoff-Plätze zu finden. Die letzten vier Spiele gegen Rapperswil, Ambri, Zug und Davos haben die Löwen allesamt verloren.
Wie ist das möglich? Ist es der Meisterblues, der die Zürcher nach drei Titeln innert zwei Jahren erfasst hat? Funktioniert etwas im Spiel der besten Mannschaft der letzten Jahre nicht mehr? Oder schafft es Trainer Marco Bayer nicht mehr, seine Spieler richtig zu motivieren?
Nun, das ist grundsätzlich alles eine Möglichkeit. In der Realität ist es vermutlich aber etwas simpler. Denn eines ist offensichtlich: Es ist nicht so, dass die ZSC Lions schlecht spielen. Im Gegenteil. Schaut man auf die Analytics, dann sind die Zürcher bei 5-gegen-5 die zweitbeste Mannschaft der National League (hinter Fribourg). Sie kreieren am zweitmeisten Chancen (ebenfalls hinter Fribourg) und lassen am zweitwenigsten gegnerische Möglichkeiten zu (natürlich hinter Fribourg).
Wenn ein Team bei 5-gegen-5 gut spielt, aber trotzdem regelmässig verliert, hat das in der Regel drei mögliche Ursachen: schwache Goalies, schwache Special Teams oder einfach Pech (auch bekannt als schwache Effizienz). Schwache Goalies können wir bei den ZSC Lions ausschliessen. Simon Hrubec war in den vergangenen Jahren nicht nur einer der besten Torhüter der National League, sondern von ganz Europa. Auch in dieser Saison überzeugt er und hat seine Mannschaft von schon mehr als fünf zusätzlichen Gegentoren bewahrt. Und auch Ersatz Robin Zumbühl hat bei seinen drei bisherigen Einsätzen ordentlich gespielt.
Die Zürcher Special Teams sind sicher nicht überragend. Die Powerplay-Effizienz befindet sich gerade etwas bei Ligadurchschnitt, die Unterzahl-Abwehrquote gar darunter. Schaut man auf die Expected Goals in den Special Teams an, dann ist der Z sowohl bei den herausgespielten wie auch bei den zugelassenen Chancen auf Rang 7 zu finden – also exakt im Liga-Mittelfeld. Müssten diese Zahlen angesichts des Talents im ZSC-Kader besser sein? Ziemlich sicher. Ist es der Hauptgrund für die aktuelle Baisse? Kaum.
Bliebt noch die Sache mit dem Abschlussglück, respektive der Effizienz. Da ist sicher ein Teil des momentanen Tiefs der Zürcher auszumachen. Gerade bei den zuletzt vier Niederlagen in Serie wollte der Puck einfach nicht reinspringen, und der ZSC hatte in keinem dieser Spiele eine Schusseffizienz von mehr als sieben Prozent. Über die letzten zehn Spiele wäre der Schnitt wohl ähnlich tief, wenn da nicht ein Ausreisser nach oben beim 7:3 gegen den SC Bern dabeigewesen wäre.
Das deutet darauf hin, dass die Zürcher Löwen zumindest in einem grossen Teil der letzten Partien etwas von Abschlusspech verfolgt waren. Das Videostudium zeigt uns aber auch eine leichte, systematische Schwäche im Spiel der Lions auf. Bei Zürcher Torchancen steht zu oft kein ZSC-Spieler vor dem gegnerischen Tor. So hat nicht nur der Goalie ein einfacheres Spiel, den Puck zu fangen, es steht auch niemand bereit, um allfällige Abpraller zu verwerten und die sogenannten «dreckigen Tore» zu erzielen.
Woran könnte es liegen, dass der ZSC nicht mehr regelmässig in diese gefährlichen Positionen geht? Zumal die Zürcher mit Spielern wie Derek Grant, Chris Baltisberger oder Vinzenz Rohrer durchaus die Leute dafür hätten. Vielleicht hat es tatsächlich mit dem Meisterblues oder einer unterbewussten Überheblichkeit zu tun, dass etwas der letzte Biss verloren gegangen ist, um in die Positionen zu kommen, wo es auch mal schmerzt.
Vielleicht hat es auch etwas mit dem System von Trainer Marco Bayer zu tun. Der 53-Jährige hatte erstmals einen ganzen Sommer zur Verfügung, um seine eigenen Ideen einzuarbeiten. Wobei eigentlich kein Eishockeytrainer freiwillig auf Verkehr im Slot verzichtet.
Aktuelle
Note
7
Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.
6-7
Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.
5-6
Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.
4-5
Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.
3-4
Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.
Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.
Punkte
Goals/Assists
Spiele
Strafminuten
-
Er ist
-
Er kann
-
Erwarte
Das alles zeigt aber, dass sich der ZSC und seine Fans grundsätzlich keine Sorgen machen müssen. Das Spiel funktioniert, wie bereits weiter oben aufgeführt, im Grundsatz sehr gut. Mit kleineren Korrekturen können die Probleme mit dem Verkehr vor dem gegnerischen Tor und in Unterzahl behoben werden. Man darf also erwarten, dass beim ZSC über kurz oder lang auch die Resultate wieder stimmen werden.