Warum es beim SC Bern kaum Hoffnung auf Besserung gibt
Mit einem 2:4 gegen den EV Zug – der wettbewerbsübergreifend bereits wieder vierten Niederlage in Serie – ist der SC Bern wieder in eine tiefe Formkrise gestürzt. Das Team von Heinz Ehlers liegt damit nach exakt der Hälfte der Saison auf dem zweitletzten Platz. Der Rückstand auf die Play-Ins beträgt sieben Punkte, jener auf eine direkte Playoff-Qualifikation bereits 16 Zähler. Der SCB ein Playoff-Team? Davon ist man weit entfernt.
Zur Erinnerung: Als Bern Anfang Oktober Trainer Jussi Tapola entliess, lag der Klub noch auf Rang elf. Als ich vor etwas weniger als einem Monat eine erste Zwischenbilanz zum SCB unter dem neuen Trainer Heinz Ehlers zog, war er noch auf Rang zwölf zu finden. Mittlerweile ist Bern also noch eine weitere Position abgerutscht. Bern als Kellerteam, das ist keiner Momentaufnahme mehr geschuldet, sondern mittlerweile brutale Realität.
Auch Ehlers scheint mit seinem Latein bereits am Ende – obwohl er in seinen vielen Jahren im Trainerbusiness einen gewaltigen Wortschatz angehäuft hat. Auf die Frage, ob er in Bern nun vor allem als Psychologe gefragt sei, antwortet der Däne: «Fertig jetzt, das bringt nichts», und stapft davon. Die Nerven sind offensichtlich angespannt. «Es ist nicht so, dass uns das scheissegal ist, sondern es scheisst uns genauso an wie alle anderen im Verein – wie auch unsere Fans», betont der Routinier Joel Vermin. «Wir machen alles, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen.»
Doch gelingen will das nicht. Die Probleme sind weiterhin die gleichen wie schon die ganze Saison – und sie sind mehr als offensichtlich. Der SC Bern schiesst keine Tore, oder zumindest deutlich zu wenige. Pro 60 Minuten 5-gegen-5-Eishockey gelingen Heinz Ehlers' Spielern 1,62 Tore – das ist knapp mehr als beim abgeschlagenen Ligaschlusslicht Ajoie. Der SCB bildet mit den Jurassiern und Kloten ein Trio der Harmlosigkeit als einzige Teams mit weniger als zwei Toren pro 60 Minuten.
Auch wenn man alle Spielsituationen (auch Powerplay, Unterzahl oder andere Spezialsituationen) in Betracht zieht, sieht die Berner Torproduktion nicht wirklich besser aus. Hier befinden die Mutzen sich ebenfalls im Keller-Sandwich zwischen Ajoie und Kloten. Es ist nicht so, dass sie überhaupt nicht zu Chancen kämen – bei den kreierten Expected Goals liegen sie auf Rang 7 der Liga. Doch die Effizienz geht dem SCB schon die ganze Saison ab.
Was beim Blick auf die Heatmap von nlicedata.com auffällt: Bern scheint nur über die rechte Seite echte Gefahr erzeugen zu können. Das könnte daran liegen, dass der gefährlichste SCB-Stürmer Waltteri Merelä rechter Flügel und Rechtsschütze ist. Oder auch an der Tatsache, dass vieles in der Berner Offensive über Rechtsverteidiger Romain Loeffel läuft. Auf jeden Fall scheint es so, dass der SCB oft relativ einfach auszurechnen ist, da über die linke Seite wenig bis gar nichts läuft.
Da hilft es den Bernern auch nicht, dass Goalie Adam Reideborn mittlerweile einigermassen konstant spielt. Es ist nicht so, dass der Schwede überragend auftritt und den SCB im Alleingang zum Sieg hext, doch er gibt seinen Vorderleuten zumindest meist die Chance, ein Spiel zu gewinnen. Das Problem: Wenn dein Team keine Tore schiesst, können selbst zwei Gegentore schon eine Niederlage besiegeln.
Und es gibt kaum Hoffnung, dass sich die Berner Torausbeute in den nächsten Tagen und Wochen stark verbessert – im Gegenteil. Nur zwei SCB-Spieler haben in dieser Saison schon mehr als fünf Tore geschossen: Waltteri Merelä und Benjamin Baumgartner. Merelä fehlt dem Team von Heinz Ehlers nach einer Operation noch zwei bis drei Wochen, Baumgartner fällt mit einer Unterkörperverletzung wohl gar bis Ende Januar aus.
Der SCB braucht aber sofort positive Resultate, wenn die Wende noch gelingen sollte, und kann nicht warten, bis Merelä und Baumgartner wieder gesund sind. Die sieben Punkte Rückstand auf den zehnten Platz sind in der zweiten Saisonhälfte natürlich aufholbar. Aber selbst der achte Platz, der zu zwei Chancen auf den Einzug in die Playoff-Viertelfinals berechtigt, ist bereits 16 Punkte entfernt.
Für eine Playoff-Qualifikation bräuchten die Mutzen also schon jetzt ein mittelgrosses Wunder – entweder zwei Siege in den Playoffs oder eine schier unmögliche Aufholjagd. Denn selbst wenn Bern ab jetzt die Mehrheit seiner Spiele gewinnt, ist es davon abhängig, dass Teams wie Lugano, Zug, die ZSC Lions oder (am wahrscheinlichsten) Rapperswil-Jona ständig Punkte liegen lassen.
Am Freitagabend bietet sich dem SC Bern die nächste Chance auf den ersten Schritt zur Besserung – die Aufgabe ist allerdings eine schwierige. Die Berner treffen zuhause auf die ZSC Lions, die nach drei Niederlagen in den letzten vier Spielen ebenfalls eine Reaktion zeigen wollen.
