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Beim Frühstück treffe ich hin und wieder einen österreichischen Kollegen. Er hat andere journalistische Sorgen als ich. Sein Land leidet wieder einmal an der olympischen Depression. Seit 2008 (Peking) hat Österreich bei Sommerspielen keine Medaille mehr geholt. In keiner seiner Storys darf daher der Hinweis fehlen, wie lange man jetzt schon warte. Die Tage werden gezählt. Es sind inzwischen etwas mehr als 2900. Ob es noch für eine Medaille reiche, sei ungewiss. Er sehe eine Möglichkeit beim Segeln. Das Alpenland Österreich muss sich auf seine Marine verlassen. Das hat schon zu herrlichen Zeiten der kaiserlich-königlichen Monarchie nicht funktioniert.
Neuerdings sei von den Funktionären die Devise ausgegeben worden, es sei doch alles gar nicht so schlimm. Man solle die positiven Aspekte herausarbeiten. Der österreichische Sport sei viel besser als er dargestellt werde. Man habe noch nie so viele «Top Ten»-Klassierungen bei olympsichen Spielen gehabt wie bisher in Rio! Nicht mehr Medaillen werden in Österreich gezählt. Nicht einmal mehr Diplome. Nur noch «Top Ten»-Plätze.
Dabei müsste Österreich bei den Sommerspielen etwa so erfolgreich sein wie die Schweiz. Ist es aber bei weitem nicht. Warum das so ist, weiss mein Kollege auch nicht. Vielleicht habe der Sport in seinem Land halt zu wenig sportliche Akzeptanz. Aber daran glaube er nicht. Die Krise sei für ihn unerklärlich. Es sei ja gerade unfassbar, dass Österreich als Alpenland keine Mountain-Biker habe.
Er schimpft über Vetternwirtschaft und preist die Lichtgestalt Marcel Koller. Nur ein Ausländer (in diesem Falle ein Schweizer) sei dazu in der Lage gewesen, die Kungeleien zu beenden und das Leistungsdenken rund um die österreichische Fussball- Nationalmannschaft zurückzubringen. Vielleicht wäre das ja auch ein Rezept: Mehr Schweizer im österreichischen Sport.
Ich erinnere ihn daran, dass vielleicht Heiraten eine Lösung wäre. Niemand hat mit seiner Heiratspolitik so viel erreicht wie die Habsburger. Weltberühmt sind diese Worte.
«Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate. Denn was Mars den anderen, gibt dir die göttliche Venus.»
Durch kluge Heiratspolitik und nicht durch blutige Schlachten oder sportliche Anstrengungen hatten die Habsburger einst ihre Macht über ganz Europa, ja bis hinüber nach Amerika ausgedehnt. So weit, dass in ihrem Reich die Sonne nie mehr unterging.
Das ist zwar lange her, müsste aber im Sport des 21. Jahrhunderts immer noch funktionieren. Warum nicht erfolgreiche ausländische Sportler heiraten und einbürgern?
Mein Kollege freut sich über meine Geschichtskenntnis und seufzt resignierend, nicht einmal mehr heiraten helfe. Man habe nach Heirat einen Gewichtheber aus Armenien eingebürgert. Aber der sei chancenlos. Dafür angeblich ganz sicher sauber, und nun bestehe die Hoffnung, dass so viele seiner Konkurrenten bei der Dopingprobe erwischt werden, dass es vielleicht bis 2020 für eine Medaille reiche.
Traurig ist er ob der sportlichen Misere nicht. Da «seine» Sportler keine Erfolgsgeschichten schreiben, könne er mehr oder weniger frei auswählen, welche Wettkämpfe er verfolgen wolle. Er muss nicht ständig Medaillenanwärtern nachrennen. Und im «Österreicher Haus» an der Copacabana, ganz in der Nähe des Beach-Volley-Stadions gehe es wahrlich hoch zu und her. Kein Wunder. Die wilden Partys müssen nicht ständig wegen offiziellen Medaillen-Feiern unterbrochen werden.
Ich habe mir vorgenommen, dort mal vorbeizuschauen. Die Österreicher haben ja schon recht. Das olympische Leben besteht gerade in Rio nicht nur aus Medaillen.