Emma Klasen zeigt Farbe. Auf Instagram postete die Frau von Luganos Topskorer Linus Klasen vor dem ersten Finalspiel gegen den SC Bern ein Bild, auf welchem ihre in Schwarz-Weiss lackierten Fingernägel zu sehen sind. Auf dem Daumen prangt die Nummer 86, welche ihr Ehemann normalerweise auf dem Eis tragen würde. Normalerweise, weil er während der Playoffs das spezielle Trikot des Topskorers tragen muss.
Dabei bräuchte der Schwede weder das auffällige Gewand noch den prägnanten Helm, um auf sich aufmerksam zu machen. Linus Klasen ist derzeit die grosse Figur im Schweizer Eishockey. Das erste Finalspiel lieferte einen eindrücklichen Beweis für die Klasse des 30-Jährigen. Klasen zelebrierte beim 5:4-Sieg seiner Mannschaft zwei Tore und einen Assist. Es waren seine Skorerpunkte Nummer 14 bis 16 im elften Playoff-Spiel. Kein Wunder, liegt dem Zauberer mit dem markanten Playoff-Bart ganz Lugano zu Füssen.
Das war noch vor einem Jahr ganz anders. Nachdem der HC Lugano einmal mehr im Viertelfinal gescheitert war, prasselte die Kritik ungebremst auf die Mannschaft ein. Und speziell die Ausländer bekamen ihr Fett ab. Linus Klasen war irritiert darüber, dass er und sein kongenialer Landsmann Frederik Pettersson in der Öffentlichkeit quasi persönlich für das Versagen der ganzen Equipe verantwortlich gemacht wurden.
Es brauchte lange Gespräche, um ihm zu erklären, wie die Erwartungshaltung im Sottoceneri funktioniert – gerade gegenüber den Ausländern. «Er war in Schweden das Kollektiv gewohnt und hatte Mühe, mit dieser Kritik umzugehen», erzählt Luganos Sportchef Roland Habisreutinger.
Dabei ist Linus Klasen mit Leib und Seele bei der Sache. Und mit Leib und Seele in Lugano zu Hause. Während die ausländischen Spieler nach Saisonende in der Regel nicht schnell genug in die Heimat zurückkehren können, bleibt der Vater von drei Kindern noch lange im Tessin. Sein ältester Sohn besucht den Kindergarten. Deshalb wird er nur die Sommerferien in Schweden verbringen und nach wenigen Wochen wieder nach Lugano zurückkehren.
Sowieso gilt der quirlige Stürmer mit der fantastischen Übersicht und den schnellen Händen als akribischer Arbeiter. «In der Vor- und Nachbereitung der Spiele ist er sehr detailversessen», erzählt der Lugano-Sportchef, der Klasen im Sommer 2014 zu den Bianconeri lotste und ihn mit einem Vierjahresvertrag ausstattete. So minuziös er sich neben dem Eis vorbereitet, so sehr braucht Klasen aber seine Freiheiten auf dem Eis.
«Ihn muss man machen und seiner Kreativität freien Lauf lassen. Aber es ist auch wichtig, ihn an seine defensiven Pflichten zu erinnern», sagt Habisreutinger. Doug Shedden, der im vergangenen November die Nachfolge von Patrick Fischer als HCL-Trainer antrat, gelang es, dem offensiven Freigeist die richtige Mischung zwischen Kreativität und Verantwortung zu vermitteln. Oder wie es Klasen nach dem ersten Sieg gegen Bern ausdrückte: «Wir haben jetzt einen Plan.»
Bleibt die Frage, wie gross die Energiereserven des Schweden sind. Er steht pro Spiel über 20 Minuten auf dem Eis. Habisreutinger hat keine Bedenken, dass seinem Superstar das Benzin ausgehen könnte: «Linus braucht viel Eiszeit, damit er ins Spiel findet. Aber sein Laufstil ist sehr leichtfüssig. Er braucht dafür viel weniger Kraft als andere Spieler.» Klasen sieht in der fehlenden Kraft überhaupt kein Problem. Er sagt: «Dafür trainieren wir schliesslich den ganzen Sommer.» Und dann ist ja da noch seine Frau Emma, die im Hintergrund dafür sorgt, dass ihr Mann die nötige Unterstützung erhält.