Es waren bewegende Momente. Das Hallenstadion versank nach dem entscheidenden 3:2-Sieg nach Verlängerung im Halbfinal-Duell gegen Titelverteidiger SC Bern im kollektiven Freudentaumel. Mittendrin ein Mann, dem innerlich ein tonnenschwerer Stein vom Herzen gefallen sein musste: Mathias Seger.
Die ZSC-Lions-Verteidigerlegende wusste nach Pius Suters Siegtreffer in der Overtime, dass sein Karrierenende nun sicher noch um ein paar Tage aufgeschoben sein würde. «Ich bin extrem glücklich. Es hätte für mich das letzte Spiel im Hallenstadion sein können. Aber die Jungs haben unglaublich gekämpft», zollt der grosse alte Mann der Lions, Mathias Seger, seinen Teamkollegen allergrössten Respekt.
Im Wissen, dass er seine grossartige Karriere nun vielleicht sogar auf die schönstmögliche Art und Weise abschliessen kann: mit dem Meistertitel. «Es wäre megaschön, wenn er seine Karriere mit einem Sieg beenden könnte», freute sich auch Lions-Stürmer Chris Baltisberger für seinen langjährigen Captain, der vor dieser Saison nach zwölf Jahren durch Patrick Geering abgelöst worden war.
Noch vor ein paar Wochen wagte man in Zürich Oerlikon nicht einmal im Traum daran zu denken, dass so ein Happy End im Bereich des Möglichen sein könnte. Die Stimmungslage war, gelinde ausgedrückt, bescheiden. Platz sieben nach der Qualifikation. Statt Selbstbewusstsein herrschte Ratlosigkeit, statt Optimismus Skepsis. Und immer wieder kam bei der Aufarbeitung der zahlreichen Problemfelder der Lions auch das Thema Mathias Seger zur Sprache.
Dass er sportlich nicht mehr genüge. Dass er in der Kabine keinen Einfluss mehr habe. Dass er seinen Vertrag gegen den Willen der sportlichen Verantwortlichen und nur dank seiner Beziehung zu Lions-Mäzen Walter Frey um eine letzte Saison verlängern konnte. Schnell wurde vom berühmten «Jahr zu viel» gesprochen. Dem Löwen-König drohte ein unwürdiger Abgang.
Und jetzt das: Die ZSC Lions kämpfen ab Donnerstag gegen den HC Lugano um den Meistertitel. Ausgerechnet gegen den HC Lugano, gegen den man sich zu Beginn des Jahrtausends zwei packende Playoff-Final-Duelle geliefert hatte, welche jeweils auf dramatische Art und Weise mit Meistertiteln der Zürcher endeten.
Schon damals mittendrin im Geschehen und einer der Baumeister der beiden Lions-Titelgewinne: Mathias Seger, damals 22 und 23 Jahre jung. Er durfte am Ende seiner ersten beiden Saisons im Dress der ZSC Lions jeweils den Meisterpokal in die Höhe stemmen. Jetzt träumt man in Zürich davon, dass es spätestens am 27. April wieder so weit könnte.
Der Weg zum Traumziel ist allerdings noch ein weiter. Mathias Seger, in seiner durch und durch professionellen Art, mag sich deshalb nicht gross mit nostalgischen Gedanken aufhalten. Die Siegtreffer von Adrien Plavsic (2000) und von Morgan Samuelsson (2001) mögen sich in den Erinnerungen der Lions-Fans für immer eingebrannt haben.
Das interessiert Seger derzeit wenig. Er sagt zum Duell gegen Lugano nüchtern: «Es ist eine neue Serie, eine neue Zeit.» Und erinnert mahnend an die Viertelfinalserie des vergangenen Jahrs, als die «Bianconeri» die Zürcher schon im Viertelfinal aus den Playoffs warfen: «Wir haben mit Lugano noch eine Rechnung offen.»
Klar ist, dass der «Seger-Faktor» in dieser Finalserie von entscheidender Bedeutung sein könnte. Das Bewusstsein, dem langjährigen Captain den bestmöglichen Abschied zu bescheren, ist bei den Teamkollegen präsent. Chris Baltisberger sagt: «Auf jeden Fall ist Segi eine riesige Motivation für uns.
Wenn man schaut, was er für diese Organisation geleistet hat, aber auch für einzelne Spieler, da will man automatisch mehr Gas geben. Vor allem, wenn man sieht, mit wie viel Einsatz, Leidenschaft und Emotionen er immer noch bei der Sache ist.» Und Pius Suter sagt: «Das ist eine schöne Geschichte und spielt sicher bei allen im Hinterkopf eine Rolle.»
Eine schöne Geschichte wäre es, ja. Fast zu schön, um wahr zu sein. Aber eigentlich darf eine Geschichte mit Matias Seger in der Hauptrolle gar nicht ohne Happy End zu Ende gehen.