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Servette kriselte nach Triumph – ein Trainerwechsel brachte die Wende

Marc Gautschi, right, Sport Director of Geneve-Servette HC, observes, during a training session prior a press conference of the presentation of the team Geneve-Servette HC before starting the new regu ...
Er zieht bei Servette die Fäden: Sportchef Marc Gautschi.Bild: keystone

Servette fiel nach Triumph in Lethargie – nun blickt der Sportchef positiv in die Zukunft

Der historische Meistertitel von 2023 war für Genève-Servette mehr Fluch als Segen. Nun geht es wieder bergauf. Sportchef Marc Gautschi spricht offen über schwierige Momente, Selbstzweifel und Fehlentwicklungen.
24.10.2025, 15:2124.10.2025, 15:21
sascha fey / keystone-sda

Marc Gautschi nimmt sich vor dem mit 3:2 nach Penaltyschiessen gewonnenen Spiel in Kloten auf der Pressetribüne viel Zeit für ein Gespräch. Es gibt auch viel Gesprächsstoff. Denn nach dem Meistertitel 2023, dem ersten für den vor 120 Jahren gegründeten Verein, gelang es den Genfern in der National League nicht mehr, das unbestrittene Potenzial abzurufen.

In der letzten Qualifikation schaute gar nur der 12. Platz heraus, nachdem Servette in der Saison zuvor in der ersten Play-In-Runde gescheitert war. Immerhin gab es 2024 den Triumph in der Champions Hockey League zu feiern. In der laufenden Meisterschaft läuft es zwar bisher über alles gesehen gut, belegt das Team den 5. Tabellenrang. Doch setzte es mit dem 0:11 in Lausanne und dem 0:8 in Biel zwei peinliche Niederlagen ab. Die zweite «nicht akzeptable» Leistung kostete Yorick Treille den Job als Cheftrainer, er wurde durch den zuvor als Assistenten tätigen Ville Peltonen ersetzt.

Dmytro Timashov (GSHC), vorne, beim Torjubel von den Bieler Spielern beim Tor zum 3-1, im Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem EHC Biel und Geneve-Servette HC, am Freitag, 14 ...
Zu Beginn der Saison kam Servette zweimal unter die Räder.Bild: keystone

«Ich bin mein grösster Kritiker»

Marc Gautschi, der das Amt als Sportchef bei den Genfern 2020 übernommen hat, war zuletzt also mehr gefordert, als ihm lieb war. Wie intensiv hat er sich selbst hinterfragt? «Extrem viel. Ich bin mein grösster Kritiker, fragte mich, warum es mir nicht gelang, das Team aus dem Loch zu holen, warum ich nicht voraussah, dass gewisse Spieler genügsam wurden.»

Gautschi weiter: Im Sport werde der Kredit nach Erfolgen rasch verspielt. «Der Klub ist in eine Lethargie verfallen – auf und neben dem Eis. Die Liga ist seit 2023 nochmals besser geworden. Wenn dir dann fünf, zehn Prozent an Motivation fehlen, dann gewinnst du einfach nicht. Es ist schwierig, nach einem schlechten Saisonstart wieder nach oben zu kommen. Dann stehst du in jeder Partie unter Strom und spielst ab und zu verkrampft.»

  • Stürmer
  • Verteidiger
  • Torhüter
Player Image

Nation Flag

Aktuelle
Note

info
  • 7

    Ein Führungsspieler, der eine Partie entscheiden kann und sein Team auf und neben dem Eis besser macht.

  • 6-7

    Ein Spieler mit so viel Talent, dass er an einem guten Abend eine Partie entscheiden kann und ein Leader ist.

  • 5-6

    Ein guter NL-Spieler: Oft talentierte Schillerfalter, manchmal auch seriöse Arbeiter, die viel aus ihrem Talent machen.

  • 4-5

    Ein Spieler für den 3. oder 4. Block, ein altgedienter Haudegen oder ein Frischling.

  • 3-4

    Die Zukunft noch vor sich oder die Zukunft bereits hinter sich.

  • Die Bewertung ist der Hockey-Notenschlüssel aus Nordamerika, der von 1 (Minimum) bis 7 (Maximum) geht. Es gibt keine Noten unter 3, denn wer in der höchsten Liga spielt, ist doch zumindest knapp genügend.

Punkte

Goals/Assists

Spiele

Strafminuten

  • Er ist

  • Er kann

  • Erwarte

Konnte er dennoch abschalten? «Nein, überhaupt nicht. Ich weiss nicht, warum mich meine Frau noch nicht verlassen hat», witzelt Gautschi und fährt fort: «Ich bin nach Niederlagen immer schlecht gelaunt. In der vergangenen Saison war es schlimm, da ich die Gesamtverantwortung trage. Vor dem Start dachte ich, dass wir eine super Mannschaft haben, die vorne mitspielt, und dann hatten wir so viele Probleme.» Sehr nah ging Gautschi die Entlassung von Headcoach Jan Cadieux Ende 2024. «Das gehört aber leider dazu», betont er.

Unmenschlich und gemeingefährlich

Zum Zeitpunkt der Entlassung von Cadieux belegte Servette wie auch am Ende der Qualifikation den 12. Tabellenplatz. Warum wurde dennoch an Nachfolger Treille festgehalten? Es sei für ihn ein schwieriger Start gewesen, da sie im Januar 16 Partien hätten bestreiten müssen. «So viel zu spielen, ist nicht mehr menschlich, das ist gemeingefährlich. Die schlechte Phase hatte viel mit Verletzungen zu tun. Als dann alle wieder zurück waren und noch Hedlund (als Assistent/Ende Januar) dazustiess, gewannen wir acht der letzten zehn Partien, spielten wir so, wie wir das wollten. Wir dachten, dass wir diesen Push in die neue Saison mitnehmen können.»

L'entraineur Yorick Treille (GSHC), lors du match du championnat suisse de hockey sur glace de National League entre Lausanne HC, LHC, et Geneve-Servette HC, GSHC, ce mardi 16 septembre 2025 a la ...
Yorick Treille wurde Anfang Oktober entlassen.Bild: keystone

Das gelang auch mit Abstrichen, dennoch ist Treille nun weg. Nach dem Abgang von Hedlund zu Lugano wurden dem Franzosen mit Pekka Kangasalusta, Pierre Allard und Ville Peltonen drei erfahrene Coaches zur Seite gestellt. Seit letzterer die Verantwortung trägt, gewannen die Genfer vier von fünf Partien.

Trotz Rang 5 in der Rangliste sieht Gautschi noch viel Raum für Verbesserungen. «Wir rufen aktuell 70 bis 80 Prozent unseres Potenzials ab», sagt er. Der 42-Jährige hat auf diese Saison hin viel im Kader verändert, Servette stellt gemäss «Elite Prospects» das grösste und schwerste Team der Liga. Mit den Neuen ist er bis anhin zufrieden. Jedoch bereiten ihm Spieler, die schön länger für Servette tätig sind, momentan Sorgen. Einer von ihnen ist Marco Miranda. Der zweifache WM-Teilnehmer steht nach 17 Partien noch ohne Skorerpunkt da.

Wie wichtig das «Secondary Scoring» ist, unterstreicht die vergangene Saison von Servette perfekt. Damals belegten Sakari Manninen (50 Punkte), Teemu Hartikainen (48) und Markus Granlund (47) in der Skorerliste der Regular Season die Ränge 3, 6 respektive 7, dennoch reichte es nicht einmal für die Play-in.

Anderer Vibe und kleines Einzugsgebiet

Allerdings ist es für Gautschi schwierig, Schweizer Topspieler zu verpflichten. «Für mich ist es einfacher, einen NHL-Spieler zu holen», sagt er. «Genf ist eine spezielle Stadt. Es herrscht ein ganz anderer Vibe als in Zürich, Freiburg oder Bern.» Zudem würden Arenen wie in Zürich und Freiburg wirtschaftlich schon einen Unterschied machen, könne dort den Leuten mehr geboten werden. Das gelte auch für die Spieler und sei ein riesiges Verkaufsargument.

Ausserdem ist es für Servette aufgrund des Einzugsgebiets und der damit verbundenen geringeren Anzahl an lizenzierten Nachwuchsspielern im Vergleich mit anderen Topklubs schwieriger, viele eigene Talente nach oben zu bringen. «Aber natürlich können wir uns überall noch verbessern und noch mehr machen für den Nachwuchs», stellt Gautschi klar.

Simas Ignatavicius (GSHC) in action, during a National League regular season game of the Swiss Championship between Geneve-Servette HC, GSHC, and SC Bern, SCB, at the ice stadium Les Vernets in Geneva ...
Ein Hoffnungsschimmer für Servettes Nachwuchsarbeit: der 18-jährige Simas Ignatavicius.Bild: keystone

Bei den Jahrgängen 2007 bis 2010 gibt es einige Hoffnungsträger. Der am Mittwoch 18 Jahre alt gewordene Simas Ignatavicius kam in der laufenden Meisterschaft bereits in 17 Partien zum Einsatz und erzielte zwei Tore sowie einen Assist. «Er hat die Chance aufgrund von Verletzungen gepackt», so Gautschi, der ihm zutraut, in die NHL gedraftet zu werden.

Überhaupt sieht es für Servette, das älteste Team der Liga, wieder rosiger aus und gelang dem Verein mit der Verpflichtung des aktuellen schwedischen Nationaltrainers Sam Hallam für drei Jahre auf die kommende Saison hin ein Coup. Der 46-Jährige führte in seiner Heimat Växjö zu drei Meistertiteln. Doch das ist für Gautschi Zukunftsmusik. «Wir müssen jetzt eine gute Saison haben», betont er. Weniger Gesprächsstoff wäre ihm mehr als recht. (nih/sda)

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