«Die Vegas Golden Knights werden schlecht sein. Vielleicht sogar historisch schlecht», hiess es vor der Saison in gewissen Vorschauen. General Manager George McPhee stellte beim Expansion Draft nicht das bestmögliche Team zusammen, sondern schien darauf bedacht, möglichst viele Draft-Picks für die nächsten Jahre zu kriegen. Tatsächlich musste man damit rechnen, dass die neue Franchise den Colorado Avalanche den Titel um das schlechteste Team der Liga streitig macht.
Doch es läuft bislang ganz anders: Acht Spiele, sieben Siege, vierzehn Punkte und drittbestes Team der Liga. Die Vegas Golden Knights, rund um den Schweizer Luca Sbisa, sind so gut in ihre allererste NHL-Saison gestartet wie noch kein Expansionsteam zuvor. Was steckt hinter dem Erfolg und hält er auch zukünftig an? Diese fünf Punkte klären auf.
Die jüngste Siegesserie haben die Golden Knights auch ihren Torhütern zu verdanken. Was umso erstaunlicher ist, da derzeit sowohl Marc-André Fleury (dreifacher Stanley-Cup-Champion, 92,5% Fangquote bisher) und Ersatztorhüter Malcolm Subban (93,6% Fangquote) verletzt ausfallen. Doch auch Vegas' dritter Torhüter Oscar Dansk konnte überzeugen und führte das Team aus dem Bundesstaat Nevada zu zwei Siegen.
Sechs der acht absolvierten Spiele hat Vegas im eigenen Stadion ausgetragen. Neben dem Heimvorteil profitierte das Team Luca Sbisas zudem davon, dass sie bereits zweimal gegen die desaströsen Arizona Coyotes (9 Spiele, 1 Punkt) und einmal gegen die Buffalo Sabres antreten konnten. Allerdings haben sie mit dem Sieg gegen die Blackhawks in der Nacht auf heute bewiesen, dass sie auch grosse Teams schlagen können.
Flügel James Neal ist das Zugpferd der Golden Knights mit sechs Toren und zwei Assists aus acht Spielen. Aber auch die anderen Spieler der Mannschaft tragen regelmässig ihren Teil zur Punkteproduktion bei. Tatsächlich haben bei Vegas 21 verschiedene Akteure schon mindestens einen Punkt auf dem Konto – bei 22 eingesetzten Feldspielern. Einzig der Verteidiger Jon Merril hat noch nie geskort. Bei keinem anderen Team in der NHL sind Tore und Assists derart gut verteilt.
Fun Fact: 21 different players have at least one point for the Golden Knights, more than any other team in the NHL. #VegasBorn
— Vegas Golden Knights (@GoldenKnights) 25. Oktober 2017
Gerard Gallant scheint der richtige Mann zu sein für das Team in der Wüstenstadt. Der 54-Jährige verfügt über gute Menschenkenntnisse und schafft es so, in wichtigen Momenten das Beste aus seinen Spielern herauszuholen. Dass er erfolgreich sein kann, hat er schon bewiesen: 2015/16 gewann Gallant mit den Florida Panthers die Atlantic Division.
Obwohl die Mannschaft im Frühling von einem Tag auf den anderen zusammengewürfelt wurde, scheint die Chemie zu stimmen. Die Spieler verstehen sich auf und neben dem Eis – es gibt keine Stars sondern nur das Team. Bezeichnend dafür ist, dass die Golden Knights keinen Captain bestimmt haben, sondern eine Gruppe von sechs Alternativ-Captains, zu denen auch Luca Sbisa gehört.
Statt einem Captain mit dem «C» auf der Brust und seinen Assistenten stehen bei Vegas jeweils drei Alternativ-Captains mit einem «A» auf dem Eis. James Neal, Luca Sbisa, Reily Smith, Jason Garrison, Deryk Engelland und David Perron teilen sich dabei in Heim- und Auswärts-Captains auf.
Doch ist der Erfolg von Las Vegas nachhaltig? Es darf bezweifelt werden. Einerseits, weil der Mannschaft wie schon erwähnt noch viele Auswärtsspiele gegen starke Teams bevorstehen.
Andererseits auch, weil Statistiken und die Geschichte gegen die Golden Knights sprechen. Kein einziges Expansionsteam der letzten 26 Jahre hat in seiner ersten Saison die Playoffs erreicht. Im Durchschnitt sammelten die neu geschaffenen Franchisen in ihrer ersten Saison 57 Punkte.
Die Golden Knights beanspruchen im Moment auch etwas Glück. Ihr PDO (auch SPSV%) beläuft sich im Moment auf 103,3 – den vierthöchsten Wert der Liga, gemeinsam mit den New Jersey Devils. In dieser Statistik werden die Schusseffizienz (SP) und die Fangquote der Torhüter eines Teams (SV%) zusammengerechnet, um darzustellen, ob ein Team derzeit eher glücklich, eher unglücklich oder normal unterwegs ist.
Pro Saison schaffen es jeweils ein oder zwei Teams, die Saison mit einem PDO von über 102 zu beenden. Normalerweise pendelt sich der Wert eines Teams über den Lauf einer Saison bei Rund 100 ein. Das heisst, die Stadt des Glückspiels ist derzeit auf dem Eis auch vom Glück bevorteilt.
Zudem ist das Team aus Nevada mit einem Spielanteil von 45,97 Prozent nach den Ottawa Senators und den Minnesota Wild das drittschlechteste Team in dieser Statistik (Corsi%). Das heisst, sie lassen deutlich mehr Schüsse auf das eigene Tor zu, als sie selbst auf das gegnerische Tor abgeben. Sollten die Torhüter im Lauf der Saison nachlassen, gibt es statt einer Siegesserie wohl plötzlich Niederlagen am Laufmeter.