Sport
Eismeister Zaugg

Eismeister Zaugg schreibt über den Schweizer Sieg gegen Kanada

Switzerland's players celebrate their victory after beating Canada, during the IIHF 2018 World Championship semi final game between Canada and Switzerland, at the Royal Arena, in Copenhagen, Denm ...
Die Schweiz steht nach dem Halbfinal-Sieg gegen Kanada im WM-Final.Bild: KEYSTONE
Eismeister Zaugg

In 30 Spielen vom Pausenplatz in den Himmel – Sieg im «Jahrhundert-Spiel» gegen Kanada

Das beste WM-Team aller Zeiten zelebriert die beste WM aller Zeiten, besiegt im Halbfinale Kanada (3:2) und spielt gegen Schweden um den WM-Titel.
19.05.2018, 22:3920.05.2018, 08:43
klaus zaugg, kopenhagen

In 30 Spielen vom Pausenplatz in den Hockey-Himmel. So lässt sich ein Eishockey-Märchen in einem Satz erzählen. Am 7. Mai 2016 hat es begonnen. Die Schweiz verliert das erste WM-Spiel unter Nationaltrainer Patrick Fischer gegen den Aufsteiger (und späteren Absteiger) Kasachstan in Moskau sensationell 2:3 nach Penaltys. Der Begriff «Pausenplatz-Hockey» wird geprägt: Wildes Eishockey ohne Struktur und System. Lustvoll, mutig und spektakulär gespielt. Aber (noch) erfolglos.

Jetzt, im Rückblick, erkennen wir: Es ist der Beginn eines neuen Zeitalters. Des Zeitalters eines neuen Denkens und Selbstvertrauens, das Zeitalter einer neuen Generation. Der Beginn einer Revolution.

Patrick Fischer, head coach of Switzerland national ice hockey team, cheers his players, during the IIHF 2018 World Championship semi final game between Canada and Switzerland, at the Royal Arena, in  ...
Patrick Fischer hat die Schweizer Nati in ein neues Zeitalter geführt.Bild: KEYSTONE

Patrick Fischer hatte diese Revolution auch in Lugano als Klubtrainer versucht. Dort ist er noch an den Fährnissen Alltages im Klubhockey gescheitert und musste gehen, als er im Herbst 2015 auf den letzten Platz abgerutscht war. Nur deshalb ist er heute Nationaltrainer.

Damals, an diesem Tag der Niederlage gegen Kasachstan in Moskau, liess sich noch nicht erahnen, wie weit diese Entwicklung gehen würde. Die Schweizer verpassten die Viertelfinals.

Jetzt stehen die Schweizer 30 WM- und Olympia-Partien und 742 Tage später mit Nationaltrainer Patrick Fischer im Himmel. Sie spielen am Sonntag (20.15) gegen Schweden zum dritten Mal nach 1935 (2:4 gegen Kanada) in Davos (Arno Del Curto war damals noch nicht HCD-Trainer) und 2013 (1:5 gegen Schweden) um den WM-Titel.

Es gibt noch so ein Eishockey-Märchen. Der Titel dazu: «Vom Lottergoalie zum WM-Held». SCB-Torhüter Leonardo Genoni beginnt diese WM als «Lottergoalie». Beim sensationellen Punktverlust beim Auftaktspiel gegen Aufsteiger Österreich (3:2 n.V) ist er nicht ganz unschuldig. Er wird die Bühne dieser WM als Held und Rekordhalter verlassen: er hat die Schweiz sowohl im Viertelfinale gegen Finnland (3:2) als auch gestern im Halbfinale gegen Kanada zum Sieg gehext. Er lässt sich auch in den hektischen letzten 127 Sekunden nach dem unhaltbaren Anschlusstreffer zum 2:3 nicht mehr überwinden.

Switzerland's Leonardo Genoni saves during the Ice Hockey World Championships semifinal match between Canada and Switzerland at the Royal arena in Herning, Denmark, Saturday, May 19, 2018. (AP Ph ...
Genoni liess die Kanadier Mal für Mal verzweifeln.Bild: AP/AP

Es gibt ein Bilddokument, das die Entschlossenheit der Schweizer zeigt. Nachdem Leonardo Genoni das 1:1 kassiert hat, nimmt er die Maske ab um sich zu erfrischen. Die TV-Kamera hält auf sein Gesicht. Und da ist Trotz, ein «so-jetzt-aber-erst-recht» und nicht die Spur von Frustration oder Resignation zu erkennen.

Die Superlative schienen nach dem Viertelfinale eigentlich ausgereizt. Das Halbfinale gegen Kanada hat nun eine weitere Steigerung gebracht. Es war ein «Jahrhundertspiel». Gegen Finnland gelang die perfekte Leistung. Gestern war das Spiel noch perfekter. Wenn damals im Mai 2016 taktisch noch gespielt worden ist wie auf dem Pausenplatz, dann war die Partie gegen den 26-fachen Weltmeister Eishockey für die taktische Universität.

Die kanadische Offensivmaschine mit NHL-Topskorer Connor McDavid zu stoppen (er musste sich mit dem Assist zum 2:3 begnügen), das Offensivspiel der Kanadier zu lähmen und dabei nie in Passivität zu verfallen, immer das Spieldiktat zu behalten und schliesslich im Powerplay den Sieg mit zwei Treffern zum 2:1 und 3:1 zu vollenden – das ist die ultimative, die beste mögliche taktische Leistung im Eishockey. Und ganz nebenbei: alle drei Tore haben Spieler aus der NLA erzielt: Tristan Scherwey und Gaëtan Haas vom SCB und Luganos Gregory Hofmann. Sie alle sind durch die Präsenz der NHL-Titanen besser geworden.

Die Finnen hatten uns noch unterschätzt. Die Kanadier nicht. Sie versuchten alles, probierten alles und verzweifelten an einem Gegner, der taktisch perfekt spielte, der sich nie einschüchtern liess, der sich in den Zweikämpfen behauptete, der schneller lief, sich smarter organisierte und verdient triumphierte.

Eine Prognose gegen Schweden? Das Vorrundenspiel haben wir 3:5 verloren. Das liegt schon ein paar Tage zurück und zählt nicht mehr. Wahrlich, für diese Schweizer ist der Himmel die Limite.

Wer wird Weltmeister?
An dieser Umfrage haben insgesamt 5933 Personen teilgenommen

So jubelt die Schweiz über den Finaleinzug an der WM

Unvergessene Eishockey-Geschichten
Bobby Orr entscheidet mit dem «Flying Goal» den Stanley-Cup-Final
Bobby Orr entscheidet mit dem «Flying Goal» den Stanley-Cup-Final
von Ralf Meile
Ralph Krueger schreibt das wichtigste SMS der Schweizer Hockey-Geschichte 
8
Ralph Krueger schreibt das wichtigste SMS der Schweizer Hockey-Geschichte 
von Klaus Zaugg
Deutschland verpasst die grosse Sensation, weil der Puck auf der Linie kleben bleibt
Deutschland verpasst die grosse Sensation, weil der Puck auf der Linie kleben bleibt
von Ralf Meile
NHL-Star Darryl Sittler stellt einen Rekord für die Ewigkeit auf
1
NHL-Star Darryl Sittler stellt einen Rekord für die Ewigkeit auf
von Adrian Bürgler
04.01.1987: Als nach der grössten Prügelei aller Zeiten die Lichter ausgingen und ein Spiel die Eishockey-Welt veränderte
04.01.1987: Als nach der grössten Prügelei aller Zeiten die Lichter ausgingen und ein Spiel die Eishockey-Welt veränderte
von Klaus Zaugg
16.01.1905: Nach 23 Tagen Anreise werden die Dawson City Nuggets im Stanley-Cup-Final mit 2:23 vermöbelt
1
16.01.1905: Nach 23 Tagen Anreise werden die Dawson City Nuggets im Stanley-Cup-Final mit 2:23 vermöbelt
von Ralf Meile
19.10.1996: Del Curto klärt seine Spieler auf: «Zum Schiri nüma ‹Fuck you› sägä, äs git zwei Minuta, hä!»
2
19.10.1996: Del Curto klärt seine Spieler auf: «Zum Schiri nüma ‹Fuck you› sägä, äs git zwei Minuta, hä!»
von Reto Fehr
24.02.2006: Neunmal das F-Wort in einer Minute – Greg Holst macht sich mit legendärem Ausraster-Interview unsterblich
24.02.2006: Neunmal das F-Wort in einer Minute – Greg Holst macht sich mit legendärem Ausraster-Interview unsterblich
von Syl Battistuzzi
14.05.2008: Philippe Furrer schiesst das kurioseste Eigentor der Schweizer Hockey-Geschichte
14.05.2008: Philippe Furrer schiesst das kurioseste Eigentor der Schweizer Hockey-Geschichte
von Klaus Zaugg
10.10.1979: Ein gewisser Wayne Gretzky bestreitet sein erstes Spiel in der NHL – er wird sämtliche Rekorde pulverisieren
3
10.10.1979: Ein gewisser Wayne Gretzky bestreitet sein erstes Spiel in der NHL – er wird sämtliche Rekorde pulverisieren
von Ralf Meile
18.02.2006: Die «Eisgenossen» spielen kanadischer als die Kanadier und rächen sich für eine uralte Schmach
2
18.02.2006: Die «Eisgenossen» spielen kanadischer als die Kanadier und rächen sich für eine uralte Schmach
von klaus zaugg
11.03.1979: NHL-Haudegen Randy Holt prügelt sich zu einem bis heute gültigen Rekord – 67 Strafminuten in einem einzigen Spiel
11.03.1979: NHL-Haudegen Randy Holt prügelt sich zu einem bis heute gültigen Rekord – 67 Strafminuten in einem einzigen Spiel
von Ralf Meile
08.04.1980: Sie wissen nicht, was sie tun, als sich zwei Schweden als erste Hockeyspieler einen Playoff-Bart wachsen lassen
08.04.1980: Sie wissen nicht, was sie tun, als sich zwei Schweden als erste Hockeyspieler einen Playoff-Bart wachsen lassen
von Ralf Meile
28.01.2009: Die Zürcher Löwen krönen sich zu Europas Eishockey-Königen
8
28.01.2009: Die Zürcher Löwen krönen sich zu Europas Eishockey-Königen
von Klaus Zaugg
24.03.1936: Im längsten Hockey-Spiel aller Zeiten fällt das goldene Tor erst im 9. Drittel – um 2.35 Uhr nachts
24.03.1936: Im längsten Hockey-Spiel aller Zeiten fällt das goldene Tor erst im 9. Drittel – um 2.35 Uhr nachts
von Klaus Zaugg
28.12.1999: «La Montanara» erklingt in Berlin – Ambri krönt sich zum europäischen Champion
28.12.1999: «La Montanara» erklingt in Berlin – Ambri krönt sich zum europäischen Champion
von Reto Fehr
31.03.2009: Nie haben wir uns mehr über ein Tor gegen die Schweizer Nati gefreut als bei Omarks Penalty-Trick
3
31.03.2009: Nie haben wir uns mehr über ein Tor gegen die Schweizer Nati gefreut als bei Omarks Penalty-Trick
von Ralf Meile
22.09.2012: Rick Nash meldet sich mit einem Blitz-Hattrick in der Schweiz zurück
22.09.2012: Rick Nash meldet sich mit einem Blitz-Hattrick in der Schweiz zurück
von Sandro Zappella
30.12.1981: Wayne Gretzky schafft den verrücktesten seiner Rekorde: 50 Tore in 39 NHL-Spielen
30.12.1981: Wayne Gretzky schafft den verrücktesten seiner Rekorde: 50 Tore in 39 NHL-Spielen
von Klaus Zaugg
26.12.1993: Dank Chomutow und Bykow träumt Aufsteiger Davos vom ersten Spengler-Cup-Titel seit 35 Jahren
26.12.1993: Dank Chomutow und Bykow träumt Aufsteiger Davos vom ersten Spengler-Cup-Titel seit 35 Jahren
von Philipp Reich
Amerikas College-Boys erlegen den russischen Bären
Amerikas College-Boys erlegen den russischen Bären
von peter blunschi

Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!

  • watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
  • Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
  • Blick: 3 von 5 Sternchen
  • 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen

Du willst nur das Beste? Voilà:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
34 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
michaelcomte
19.05.2018 22:04registriert Juni 2017
Man kann es auch in einem Wort beschreiben: “Schultere”!
#srf
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Patho
20.05.2018 00:00registriert März 2017
2013, die Schweiz hat bis zum Halbfinale alle Spiele gewonnen, unter anderem gegen Schweden, und dann im Finale am Pfingstsonntag verloren...
2018, Schweden hat bis zum Halbfinale alle Spiele gewonnen, unter anderem gegen die Schweiz, und dann im Finale am Pfingstsonntag ...
Ich würde sagen: IT'S PAYBACK TIME!
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
phila delphia
19.05.2018 22:18registriert Mai 2018
Finnland war Fischers Lehrabschlussprüfung, Canada sein FH Bachelor, morgen folgt hoffentlich die Masterarbeit vom "Posterboy"! 🤓
00
Melden
Zum Kommentar
34
Er spielte schon für die Schweiz – Albian Hajdari wechselt zum Kosovo
Albian Hajdari spielt in Zukunft wohl nicht mehr für die Schweizer Nationalmannschaft. Der 22-jährige Innenverteidiger, der bereits mehrmals im Kader der Nati gestanden und im März gegen Luxemburg sein Debüt fürs A-Nationalteam gefeiert hatte, entschied sich gemäss Blick für einen Nationenwechsel. Demnach werde Hajdari künftig für den Kosovo auflaufen.
Zur Story