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*** Liveticker Schweiz - Kasachstan ab 10.45 Uhr ***
Hnat Domenichelli kennt alle Facetten des Spiels. Der in der Schweiz eingebürgerte Kanadier arbeitet heute als TV-Kommentator und Spieleragent. Er stürmte während seiner Karriere für Kanada (U20-WM), in der NHL, in der NLA und 2010 am olympischen Turnier in Vancouver für die Schweiz. Nun ist dem 40-Jährigen in Moskau ein Licht aufgegangen.
«Ich habe das Aufgebot von Patrick Fischer studiert und mich über einige Namen gewundert. Und da habe ich gemerkt, dass sich die Zeiten geändert haben», sagt Domenichelli. «Wir wollten schon damals in Vancouver offensiv spielen. Aber wir konnten nicht. Weil wir den Puck fast nie hatten. Wir waren spielerisch zu wenig gut, wir konnten den Puck gegen die Besten der Welt nicht behaupten. Also musste Trainer Ralph Krueger vor allem defensiv starke Spieler aufbieten, die ohne Puck spielen konnten. Sonst hätten wir gar nicht mithalten können und wären überrannt worden.»
Die Schweiz spielte bei Titelturnieren das best organisierte, aber langweiligste Hockey. Die Nordamerikaner höhnten über «Football on Ice». Selbst spielerisch himmelhoch überlegene Gegner bissen sich die Zähne aus. Wir hatten die taktisch beste Nationalmannschaft der Welt. Aber erst die taktische Öffnung unter Sean Simpson brachte 2013 im besten Wortsinne den Schritt nach vorne: erstmals den WM-Final und eine Medaille.
Das «Silber-Wunder» markiert eine offensive Zeitenwende. Nun haben wir genug Spieler, die auch auf WM-Niveau mit dem Puck umgehen und sich mit und nicht nur ohne Puck durchsetzen können. Zu den Zeiten von Krueger hatten wir noch keinen einzigen Stürmer in der NHL.
Erst unsere Torhüter und Verteidiger waren gut genug für die wichtigste Liga der Welt. Noch haben wir Schweizer zwar keinen Wayne Gretzky oder Sidney Crosby. Aber zum ersten Mal sind unsere Schlüsselspieler nicht mehr «nur» die Torhüter, kräftige Defensiv-Center und wehrhafte Verteidiger.
An der WM in Moskau sind auch schnelle, wendige und kräftige Stürmer Schweizer Schlüsselspieler. Zum ersten Mal überhaupt haben wir zwei NHL-Stürmer (Nino Niederreiter und Sven Andrighetto) im WM-Team. Sie bringen die nordamerikanischen Elemente ins Spiel, die uns in der Vergangenheit oft fehlten: direkter Zug aufs Goal, Schusskraft, Wasserverdrängung, Schnelligkeit, Standfestigkeit.
Patrick Fischer ist der erste Nationaltrainer, der die Spieler hat, um den Viertelfinal zu stürmen und nicht dazu verurteilt ist, sich unter die besten acht zu mauern. Tempo statt Taktik. Wilde Junge statt schlaue Routiniers. Temperament statt Abgeklärtheit. Offensive statt Defensive. Spektakel statt Langeweile. Kreativität statt Disziplin. Risiko statt Berechenbarkeit. Mit dem Puck statt ohne den Puck.
Vier Stürmer verkörpern diesen neuen offensiven Jugendstil. Berns Simon Moser (27), Zugs Lino Martschini (23), Montreals Sven Andrighetto (23) und Minnesotas Nino Niederreiter (23). Lino Martschini ist der Interessanteste dieser vier. Er ist sozusagen die schweizerische Alternative. Die sportliche «Swissness».
Er hat sich als Junior zwei Jahre lang auf höchster nordamerikanischer Juniorenstufe durchgesetzt, ist aber das «Endprodukt» der helvetischen Hockeykultur: eigentlich zu leicht und zu klein – aber intelligent, beweglich, schlau und schussstark. Entweder gut genug für die NHL oder so sein wie Lino Martschini – das ist heute das neue Anforderungsprofil für einen WM-Stürmer.
Lino Martschini ist für die NHL und eigentlich auch für ein WM-Aufgebot zu klein (165 cm) und zu leicht (68 kg). Aber er ist einfach zu schnell, zu beweglich und zu schussstark um eine WM zu Hause vor dem TV-Apparat zu verfolgen. Vor einem Jahr hat Nationaltrainer Glen Hanlon den «Zauberzwerg» nicht für die WM aufgeboten.
Selbst Patrick Fischer war sich seiner Sache nicht ganz sicher. Lino Martschini hat das letzte WM-Testspiel gegen Deutschland (4:3 n.V) noch als 13. Stürmer begonnen. Doch dann erzielte er gegen die robusten Gegenspieler zwei Treffer und wurde zum besten Spieler gewählt. Nun beginnt er die WM heute im ersten Sturm neben Denis Hollenstein und Andres Ambühl.
Good luck @SwissIceHockey 🍀💪🏻🇨🇭 https://t.co/ZnmSxAN71V
— Lara Gut (@Laragut) 4. Mai 2016
Martschini läuft und tanzt und skort in der Liga – und kann es auch auf WM-Niveau. «Ich spiele mein Spiel, egal ob gegen Langnau oder gegen Kanada. Wenn ich auf einmal denke ‹oh, das sind jetzt die Kanadier!› würde ich mich verkrampfen.» Es ist das gesunde Selbstvertrauen einer neuen Spielergeneration.