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Eismeister Zaugg

Welch verrückte Geschichte: Meistertrainer arbeitslos, Meisterarchitekt nicht mehr erwünscht

Meistertrainer Lars Leuenberger bekommt in zwei Wochen den letzten Lohn, dann ist er arbeitslos.
Meistertrainer Lars Leuenberger bekommt in zwei Wochen den letzten Lohn, dann ist er arbeitslos.
Bild: TI-PRESS
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Welch verrückte Geschichte: Meistertrainer arbeitslos, Meisterarchitekt nicht mehr erwünscht

Der Weg zum Titel ist verrückt genug. Doch die Geschichte hinter diesem Titelgewinn ist noch viel verrückter. Sie trägt den Titel «Brotherly Love». Zwei Brüder, zwei Titel, eine Philosophie.
13.04.2016, 10:4807.05.2016, 23:08
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Wir können zum sensationellsten Titel unserer Playoffgeschichte (seit 1986) viele Geschichten erzählen. Aber keine trifft den Kern so gut wie eben die Geschichte mit der Überschrift: «Brotherly Love». Der SCB-Triumph ist die Geschichte einer ganz besonderen Beziehung zwischen den Brüdern Sven und Lars Leuenberger.

Das Brüderpaar: Sven und Lars Leuenberger
Das Brüderpaar: Sven und Lars Leuenberger
Bild: freshfocus

Im Herbst 2015 zeichnet sich ab, dass die Verpflichtung des NHL-Generals Guy Boucher ein Fehler war. SCB-General Marc Lüthi (er behält sich in der Trainerfrage immer das letzte Wort vor) hat ein Faible für begabte Selbstdarsteller und ist schon auf dem Weg zur nächsten Fehlentscheidung: Er will den in Lugano gefeuerten Patrick Fischer als Boucher-Nachfolger.

Sportchef Sven Leuenberger will Fischer nicht. Er ist davon überzeugt, dass sein Bruder Lars der richtige Mann ist, um den SCB aus der Krise zu führen. Davon will Lüthi nichts wissen. Er ist aus politischen Gründen strikte dagegen, ein Brüderpaar auf den beiden sportlichen Schlüsselpositionen Sportchef und Trainer zu beschäftigen. Er fürchtet Kritik im Umfeld («Leuenberger-Mafia»). Und deshalb kommt es zu einem der bewegendsten Momenten in der neueren SCB-Geschichte: Sven Leuenberger (46) räumt freiwillig den Schreibtisch als SCB-Sportchef um seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Lars den Weg zum SCB-Cheftrainer frei zu machen.

Gekrönte Aufbauarbeit

Seine Überlegung ist einfach: Mit Fischer als Trainer würde er scheitern und dann von Marc Lüthi als Sündenbock gefeuert. Also dann wenigstens den Job freiwillig aufgeben. Aber mit der Überzeugung, es für seinen Bruder, für die richtige Lösung zu tun.

So wird Lars Leuenberger, der Gatte der TV- Moderatorin Nicole Berchtold («Glanz & Gloria») vom Assistenten zum Cheftrainer befördert. Es ist der Beginn einer Geschichte, die nicht einmal Hollywood erfinden könnte.

Lars der kleine Eisbär mit dem ganz grossen Pokal.
Lars der kleine Eisbär mit dem ganz grossen Pokal.
Bild: KEYSTONE

Sven Leuenberger übernimmt nach seinem Rücktritt als Sportchef die SCB-Elite-Junioren und führt sie sensationell zum Meistertitel. Lars Leuenberger taumelt mit dem SCB gerade noch in die Playoffs und erklimmt schliesslich souverän mit nur zwei Niederlagen in den Playoffs den Gipfel des Ruhmes. Er ist als erster Schweizer Trainer seit Ernst Wenger (1959) mit dem SCB Meister geworden. Er krönt damit auch die Aufbauarbeit seines Bruders ein weiteres Mal. Zwei Brüder, zwei Titel, eine Philosophie.

Beim SCB wird solid gewirtschaftet

Sven Leuenberger ist der Architekt, der nicht nur diese Meistermannschaft gebaut hat. Er wird im Frühjahr 2006 SCB-Sportchef. Anders als etwa Roland Habisreutinger in Lugano muss sich der SCB-Sportchef an einen Budgetrahmen halten. Marc Lüthi setzt die Doktrin durch, dass nur Geld ausgegeben werden darf, das vorher eingenommen worden ist. Deshalb schreibt der SCB im 21. Jahrhundert jedes Jahr schwarze Zahlen.

Diese wirtschaftlichen Zwänge diktieren die Strategie: Sven Leuenberger achtet bei allen Transfers auf die Verträglichkeit im Team. Das Geld reicht nur für einzelne teure Schweizer Stars (wie Martin Plüss, Simon Moser oder Eric Blum). Um diese Leitwölfe herum muss er die charakterlich passenden, günstigen Spieler finden, die finanzierbar sind. Deshalb prägen Schweizer Spieler wie Beat Gerber, Pascal und Alain Berger, Thomas Rüfenacht, Tristan Scherwey, Marc Reichert, Justin Krueger oder die Randegger-Brothers die Meistermannschaft. Keine Stars, aber hochkarätige Rollenspieler.

Rollenspieler wie Thomas Rüfenacht (l.) und Pascal Berger (mit Pokal) prägten die Meistermannschaft.
Rollenspieler wie Thomas Rüfenacht (l.) und Pascal Berger (mit Pokal) prägten die Meistermannschaft.
Bild: KEYSTONE

Der Erfolg dieser Strategie ist erstaunlich: Die von Sven Leuenberger zusammengestellten Teams rücken 2007 und 2012 in den Final vor. 2010, 2013 und nun 2016 holen sie gar den Titel. Die SCB-Meisterteams sind nie die teuersten Mannschaften der Liga.

Sven Leuenberger kennt die Arbeitsweise seines Bruders. Er weiss, dass dieser unaufgeregte Pragmatiker der richtige Coach für «seine» Mannschaft ist. Deshalb «opfert» er sich, gibt seinen Job auf, um seinem Bruder den Weg freizumachen.

Sven Leuenberger sollte zum Verband

Er hat, wie wir seit gestern Abend wissen, auf der ganzen Linie recht behalten. Er ist im kleinen Kreis schon gefragt worden, ob er denn jetzt nicht auf die Position des Sportchefs zurückkehren werde, zumal er ja beim SCB noch einen Vertrag bis Ende der nächsten Saison hat. Seine Antwort (sie ist verbürgt): «Wer so etwas fragt, kennt Marc Lüthi nicht.»

Marc Lüthi zieht beim SCB die Fäden.
Marc Lüthi zieht beim SCB die Fäden.
Bild: KEYSTONE

So haben wir eine Situation, die im Profihockey einmalig sein dürfte. Sven Leuenberger, als Sportchef der Architekt von drei Meisterteams, ist nicht mehr erwünscht. Er hat noch einen laufenden Vertrag, aber es zeichnet sich ab, dass der SCB für ihn keine Verwendung mehr hat. Sven Leuenberger ist einer der smartesten Sportchefs, die je im Schweizer Hockey gearbeitet haben. Der logische Karriereschritt wäre jetzt Sportdirektor oder Ligadirektor beim Verband.

Auch Meistertrainer Lars Leuenberger ist ab sofort auf Stellensuche. Er sagt: «In zwei Wochen bekomme ich den letzten Lohn, dann bin ich arbeitslos.» Er hat jetzt immerhin einen Agenten, der ihm hilft, einen neuen Job zu finden: Daniel Giger.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Amboss
13.04.2016 12:23registriert April 2014
Der SCB ist irgendwie der verrückteste Verein, den es gibt.

Im Prinzip sind die seit 2011, seit der Entlassung von Larry Huras in einer Dauerkrise und "gschirret" irgendwie völlig konzeptlos vor sich hin - holen in der Zeit aber zwei Titel.
Und es geht so weiter: Meistertrainer, Meisterarchitekt, Meistergoalie weg.
Oder: Spielen eine ganze Regular Season einen völligen Kakao zusammen und von einem auf den anderen Tag sind sie verwandelt und spielen vielleicht das Beste Hockey, das man in der Schweiz je gesehen hat.

Ich sehe es so: Unverständnis, Erstaunen, und viel, viel Bewunderung.
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Schönbächler
13.04.2016 11:30registriert April 2016
Verrückte geschichte. Aber so ist es bei Bern halt. Seit Lüthi gab es schon viele dinge die man nicht verstanden hat. Aber er tut das beste für den SCB.
Früher oder später wäre Lars so oder so verschwunden. Lieber ehrenvoll als mit negativen eindrücken. Dieser Coach wird den Zuschauern noch lange in erinnerung bleiben.
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Tikkanen
13.04.2016 11:37registriert November 2014
...kleine Replik der Geschehnisse rund um den epochalen PO Run des SCB sowie dessen gestrige Krönung🤔 Sichere Erkenntnis ist: Wille obsiegt stets Talent in einer Serie👍 Die liebe Vicky ist nicht nur reich, sondern auch mit einem überragenden Charakter ausgestattet. Ohne ihre Präsenz on ice hätten die HCL Modefans Gerümpel aufs Eis entsorgt. Bei den🇸🇪 war Flasche leer, Elvis 👶fehlt noch einiges und Dougie, na ja😡😤. Wer 4 Uhr morgens noch 5k wackere Fans im Tempel hat, ist wahrlich ein Champion. Dieser Titel ist mit dem unvergessenen 89 gleichzusetzen. Merci Bärn👍 und nun los, ihr⚡️😎😂
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