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Wir können zum sensationellsten Titel unserer Playoffgeschichte (seit 1986) viele Geschichten erzählen. Aber keine trifft den Kern so gut wie eben die Geschichte mit der Überschrift: «Brotherly Love». Der SCB-Triumph ist die Geschichte einer ganz besonderen Beziehung zwischen den Brüdern Sven und Lars Leuenberger.
Im Herbst 2015 zeichnet sich ab, dass die Verpflichtung des NHL-Generals Guy Boucher ein Fehler war. SCB-General Marc Lüthi (er behält sich in der Trainerfrage immer das letzte Wort vor) hat ein Faible für begabte Selbstdarsteller und ist schon auf dem Weg zur nächsten Fehlentscheidung: Er will den in Lugano gefeuerten Patrick Fischer als Boucher-Nachfolger.
Sportchef Sven Leuenberger will Fischer nicht. Er ist davon überzeugt, dass sein Bruder Lars der richtige Mann ist, um den SCB aus der Krise zu führen. Davon will Lüthi nichts wissen. Er ist aus politischen Gründen strikte dagegen, ein Brüderpaar auf den beiden sportlichen Schlüsselpositionen Sportchef und Trainer zu beschäftigen. Er fürchtet Kritik im Umfeld («Leuenberger-Mafia»). Und deshalb kommt es zu einem der bewegendsten Momenten in der neueren SCB-Geschichte: Sven Leuenberger (46) räumt freiwillig den Schreibtisch als SCB-Sportchef um seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Lars den Weg zum SCB-Cheftrainer frei zu machen.
Seine Überlegung ist einfach: Mit Fischer als Trainer würde er scheitern und dann von Marc Lüthi als Sündenbock gefeuert. Also dann wenigstens den Job freiwillig aufgeben. Aber mit der Überzeugung, es für seinen Bruder, für die richtige Lösung zu tun.
So wird Lars Leuenberger, der Gatte der TV- Moderatorin Nicole Berchtold («Glanz & Gloria») vom Assistenten zum Cheftrainer befördert. Es ist der Beginn einer Geschichte, die nicht einmal Hollywood erfinden könnte.
Sven Leuenberger übernimmt nach seinem Rücktritt als Sportchef die SCB-Elite-Junioren und führt sie sensationell zum Meistertitel. Lars Leuenberger taumelt mit dem SCB gerade noch in die Playoffs und erklimmt schliesslich souverän mit nur zwei Niederlagen in den Playoffs den Gipfel des Ruhmes. Er ist als erster Schweizer Trainer seit Ernst Wenger (1959) mit dem SCB Meister geworden. Er krönt damit auch die Aufbauarbeit seines Bruders ein weiteres Mal. Zwei Brüder, zwei Titel, eine Philosophie.
Sven Leuenberger ist der Architekt, der nicht nur diese Meistermannschaft gebaut hat. Er wird im Frühjahr 2006 SCB-Sportchef. Anders als etwa Roland Habisreutinger in Lugano muss sich der SCB-Sportchef an einen Budgetrahmen halten. Marc Lüthi setzt die Doktrin durch, dass nur Geld ausgegeben werden darf, das vorher eingenommen worden ist. Deshalb schreibt der SCB im 21. Jahrhundert jedes Jahr schwarze Zahlen.
Diese wirtschaftlichen Zwänge diktieren die Strategie: Sven Leuenberger achtet bei allen Transfers auf die Verträglichkeit im Team. Das Geld reicht nur für einzelne teure Schweizer Stars (wie Martin Plüss, Simon Moser oder Eric Blum). Um diese Leitwölfe herum muss er die charakterlich passenden, günstigen Spieler finden, die finanzierbar sind. Deshalb prägen Schweizer Spieler wie Beat Gerber, Pascal und Alain Berger, Thomas Rüfenacht, Tristan Scherwey, Marc Reichert, Justin Krueger oder die Randegger-Brothers die Meistermannschaft. Keine Stars, aber hochkarätige Rollenspieler.
Der Erfolg dieser Strategie ist erstaunlich: Die von Sven Leuenberger zusammengestellten Teams rücken 2007 und 2012 in den Final vor. 2010, 2013 und nun 2016 holen sie gar den Titel. Die SCB-Meisterteams sind nie die teuersten Mannschaften der Liga.
Sven Leuenberger kennt die Arbeitsweise seines Bruders. Er weiss, dass dieser unaufgeregte Pragmatiker der richtige Coach für «seine» Mannschaft ist. Deshalb «opfert» er sich, gibt seinen Job auf, um seinem Bruder den Weg freizumachen.
Er hat, wie wir seit gestern Abend wissen, auf der ganzen Linie recht behalten. Er ist im kleinen Kreis schon gefragt worden, ob er denn jetzt nicht auf die Position des Sportchefs zurückkehren werde, zumal er ja beim SCB noch einen Vertrag bis Ende der nächsten Saison hat. Seine Antwort (sie ist verbürgt): «Wer so etwas fragt, kennt Marc Lüthi nicht.»
So haben wir eine Situation, die im Profihockey einmalig sein dürfte. Sven Leuenberger, als Sportchef der Architekt von drei Meisterteams, ist nicht mehr erwünscht. Er hat noch einen laufenden Vertrag, aber es zeichnet sich ab, dass der SCB für ihn keine Verwendung mehr hat. Sven Leuenberger ist einer der smartesten Sportchefs, die je im Schweizer Hockey gearbeitet haben. Der logische Karriereschritt wäre jetzt Sportdirektor oder Ligadirektor beim Verband.
Auch Meistertrainer Lars Leuenberger ist ab sofort auf Stellensuche. Er sagt: «In zwei Wochen bekomme ich den letzten Lohn, dann bin ich arbeitslos.» Er hat jetzt immerhin einen Agenten, der ihm hilft, einen neuen Job zu finden: Daniel Giger.