Der Grand Prix von Kanada war für Sebastian Vettel eine runde Sache. Der Deutsche feierte in Montreal seinen 50. Grand-Prix-Sieg und übernahm wieder die Führung in der WM-Wertung.
Auch für die an Höchstgeschwindigkeiten gewöhnten Formel-1-Fahrer geht es nicht immer in zügigem Tempo voran. Auch sie haben damit zu leben, dass die Umsetzung von Vorgaben und persönlichen Zielen ab und zu etwas mehr Zeit beansprucht. Als Angestellter von Ferrari hat Sebastian Vettel diese Erfahrung in den vergangenen drei Jahren machen müssen. Aus dem angestrebten WM-Titel ist bisher nichts geworden. An den Fahrern von Mercedes führte kein Weg vorbei.
Eine Geduldsprobe hat Vettel auch in dieser Saison schon hinter sich. Nach den Siegen in den ersten zwei Grands Prix in Australien und in Bahrain, den Nummern 48 und 49, schien das Jubiläum zum Greifen nah. Doch die ersten vier Möglichkeiten, die «50» perfekt zu machen, liess der Deutsche in China, Aserbaidschan, Spanien und Monaco ungenutzt. Neun Wochen waren mittlerweile ins Land gezogen - eine Ewigkeit für einen wie Vettel, der nichts mehr «hasst als zu verlieren», wie er selber zugibt.
Am Sonntag wars endlich soweit. Vettel stand wieder ganz oben. Das Jubiläum war unter Dach und Fach. Dass es in Montreal klappte, war alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Auch auf dem Circuit Gilles Villeneuve lief es Vettel vorerst nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Am Freitagnachmittag war er wegen Anpassungen am Auto während eines grossen Teils der für die Vorbereitung für Qualifying und Rennen zur Verfügung stehenden Zeit zum Nichtstun gezwungen gewesen. Er selber fand, wie er den ersten Tag des Rennwochenendes in Kanada zusammenfasste, auf den wenigen Runden den Rhythmus nie richtig.
Wiederum war also Geduld gefragt und waren Vettel und seine Mitstreiter gefordert, die Ruhe zu bewahren. Aber Hektik ist ein schlechter Ratgeber, wenn es darum geht, Lösungen zur Verbesserung der Performance zu finden. Bei Ferrari fanden sie die Lösungen. Am Samstag lief es Vettel wie geschmiert, am Sonntag nutzte er die optimale Ausgangslage zum zweiten Sieg in Montreal nach jenem vor fünf Jahren.
Vettel tat dies auf souveräne Art. Er hatte vom ersten Meter an alles unter Kontrolle, schlug eine Pace an, der keiner seiner Konkurrenten folgen konnte, und hielt so seinen ersten Verfolger, den Finnen Valtteri Bottas im Mercedes, stets sicher auf Distanz. Dritter wurde der zuletzt viel gescholtene Niederländer Max Verstappen im Red Bull. Dass das Rennen derart zu einer Veranstaltung der langweiligeren Sorte verkam, konnte Vettel egal sein.
Lewis Hamilton, der die letzten drei Grands Prix und insgesamt schon sechs Mal auf dem Circuit Gilles Villeneuve gewonnen hat, musste sich hinter Verstappens Teamgefährte Daniel Ricciardo mit Platz 5 bescheiden. Dies reichte nicht, um die Führung im WM-Klassement zu verteidigen. Vettel hat nunmehr einen Punkt mehr auf dem Konto als der Engländer.
Was Geduld heisst, wissen sie auch in der Equipe Alfa Romeo Sauber. Sie dürfen nach zwei Saisons im Niemandsland aber konstatieren, dass die Zukunft wieder rosiger aussieht. In Montreal lieferte Charles Leclerc sein bereits drittes zählbares Ergebnis ab.
Der talentierte Monegasse, der in Aserbaidschan als Sechster überrascht hatte, wurde wie in Spanien Zehnter. Marcus Ericsson kam mit der Strecke auf der Insel Notre-Dame weit weniger gut zurecht. Der Schwede musste sich mit zwei Runden Rückstand mit Rang 15 bescheiden. (sda)