Horners Ende bei Red Bull mitten in der Saison kommt mit einem echten Knall. Eine Affäre um unangemessenes Verhalten, die seit Monaten andauernde sportliche Krise und der drohende Verlust von Serien-Weltmeister Verstappen lieferten den Konzernbossen die Argumente für den Rauswurf des seit 20 Jahren amtierenden Teamchefs.
«Danke für alles, Christian, du wirst für immer ein wichtiger Teil der Geschichte unseres Teams sein», liess sich Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff in der Mitteilung zitieren. Zum Nachfolger des 51-Jährigen beförderte die Konzernspitze den bisherigen Teamchef des Schwester-Rennstalls Racing Bulls, Laurent Mekies. Der 48-jährige Franzose arbeitete von 2018 bis 2023 als Sportdirektor bei Ferrari und war davor beim Weltverband FIA tätig.
Eher schmucklos zählte die Red-Bull-Führung in der knappen Erklärung noch einmal die Erfolge auf, die unter Horners Regie seit der Übernahme des damaligen Jaguar-Teams eingefahren wurden. Die acht Fahrertitel, die Sebastian Vettel und Verstappen gemeinsam besorgten. Sechs Team-Weltmeisterschaften, die viel Geld aus dem Vermarktungstopf der Formel 1 in die Kassen spülten. 124 Rennsiege und 107 Pole Positions – Red Bull hat sich unter Horner als Branchenriese in der Königsklasse etabliert.
Doch seit geraumer Zeit war der frühere Rennfahrer nicht mehr unumstritten. Als ihm im Vorjahr eine Mitarbeiterin unangemessenes Verhalten vorwarf, wackelte Horners Stuhl schon gewaltig. Sogar Verstappens Vater Jos stellte sich öffentlich gegen den Teamchef. Nur mithilfe der thailändischen Red-Bull-Mehrheitseigentümer rettete Horner seinen Job, nachdem eine interne Untersuchung ihn von den Vorwürfen freigesprochen hatte.
Der Wechsel von mehreren Schlüsselfiguren wie der von Design-Genie Adrian Newey zu Aston Martin wurde vom sportlichen Abschwung bei Red Bull begleitet. Seit 2006 hatte Newey die Autos entworfen, er gilt als Bester seines Fachs. Bereits in der zweiten Hälfte der Vorsaison lief es bei Red Bull nicht mehr nach Wunsch, nur mit Mühe holte sich Verstappen seinen vierten Titel in Serie.
In diesem Jahr flucht Verstappen immer wieder über seinen Dienstwagen. Dank seines Ausnahmetalents gelangen ihm zwar zwei Siege in den bisherigen zwölf Rennen. Doch zumeist ist der 27-Jährige chancenlos gegen die McLaren von WM-Spitzenreiter Oscar Piastri und Lando Norris. In der Gesamtwertung liegt Verstappen als Dritter 69 Punkte hinter Piastri. Bei den Konstrukteuren ist Red Bull sogar auf Platz vier hinter McLaren, Ferrari und Mercedes abgerutscht.
Das befeuerte in den vergangenen Wochen auch die Wechselgerüchte um Verstappen. Eine Klausel soll dem Titelverteidiger den Ausstieg aus seinem bis Ende 2028 gültigen Vertrag ermöglichen. Mercedes gilt als sehr interessiert. Auch Aston Martin wird als mögliches Ziel genannt.
Zudem hiess es zuletzt, Red Bull sei bei der Entwicklung des neuen Autos und des Motors für die kommende Saison noch nicht so weit wie die Konkurrenz. Von 2026 an greift ein stark reformiertes Regelwerk. Das könnte die Hackordnung in der Formel 1 deutlich verändern. Bei Red Bull und wohl auch auf der Verstappen-Seite war nun offenbar das Vertrauen, dass Horner den Umbruch erfolgreich moderiert, nicht mehr ausreichend vorhanden. (nih/sda/dpa)
Hat sich RB jetzt wohl zu Herzen genommen.