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YB gegen Breitenrain – wenn das Herz auch für den Gegner schlägt

Zuschauer verfolgen das Spiel, im Schweizer Fussball Cup 1/16 Finalspiel zwischen dem FC Breitenrain und FC Lugano auf dem Sportplatz Spitalacker, am Sonntag, 18. September 2022 in Bern. (KEYSTONE/Pet ...
Beim FC Breitenrain kommt es wieder zu einem Cup-Fest.Bild: keystone

YB gegen Breitenrain – wenn das Herz auch für den Gegner schlägt

Breitenrain sorgte die letzten Jahre in der Promotion League für Aufsehen, war nahe dran am Aufstieg, hat das Projekt Challenge League nun aber vorerst verworfen. Das Aufeinandertreffen mit YB in der ersten Runde des Schweizer Cups ist für alle Beteiligten speziell.
18.08.2023, 14:34
simon scheidegger / keystone-sda
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Nicht einmal anderthalb Kilometer liegen zwischen dem Stadion Wankdorf, der Heimstätte der Young Boys, und dem Sportplatz Spitalacker, der Heimat des FC Breitenrain. Es gibt aber nicht nur eine geografische Nähe; die beiden Stadtberner Vereine sind auf sportlicher Ebene miteinander verbunden.

Jahr für Jahr wechseln Spieler von der einen Seite auf die andere, versuchen, in den Nachwuchsteams der Young Boys Schritte in Richtung Profikarriere zu nehmen, oder gehen den umgekehrten Weg zum FC Breitenrain, falls ihnen an der Papiermühlestrasse zu wenig Potenzial attestiert worden ist.

Zwei vergebliche Versuche

Insofern überrascht es nicht, haben zahlreiche Akteure des FC Breitenrain irgendeinmal in ihrer Laufbahn als Fussballer das gelb-schwarze YB-Trikot übergestreift. «Viele im Verein tragen zwei Herzen in ihrer Brust», sagt Andri Rüegsegger und umreisst damit, welch spezielles Spiel dieses Aufeinandertreffen mit dem Schweizer Meister am Freitag zum Auftakt der ersten Runde im Schweizer Cup für den Klub aus der Promotion League ist.

Rüegsegger ist Mittelfeldspieler der ersten Mannschaft und amtet zudem als Geschäftsführer. Der 30-Jährige ist ein Sinnbild für einen Verein, in dem sich niemand nur auf die Aufgaben auf dem Fussballplatz konzentriert, sondern alle in irgendeiner Form daneben eingebunden sind und zum Funktionieren des Gesamtkonstrukts beitragen. An sich ist das im Amateurfussball nicht ungewöhnlich, für einen Klub aus der dritthöchsten Spielklasse des Landes aber doch bemerkenswert, da ein Grossteil der Konkurrenz auf dieser Stufe längst mindestens Halbprofis beschäftigt.

Auch deshalb war der FC Breitenrain vor gut anderthalb Jahren plötzlich schweizweit in den Schlagzeilen. Das Kollektiv, das im Verein immer wieder hervorgehoben wird, harmonierte auf dem Feld derart gut, dass sich die Gegner reihenweise vergeblich abmühten. 22 Partien lang blieb die damals von Martin Lengen trainierte Mannschaft von Saisonbeginn an ungeschlagen, sie führte die Promotion League bisweilen deutlich an, sodass irgendwann der Aufstieg in die Challenge League zum Thema wurde.

Der Traum platzte jäh, als von der Liga die Rückmeldung kam, dass der Spitalacker, im Volksmund «Spitz» genannt, den Anforderungen für Fussball auf zweithöchster Stufe nicht genügen würde und sich die Suche nach einer temporären Heimstätte in Bern als erfolglos erwies.

Die Zuschauer verfolgen das Spiel auf und vor der hoelzernen Haupttribuene im Fussball Meisterschaftsspiel der Promotion League des FC Breitenrain gegen den FC Stade Nyonnais, auf dem Spitalacker in B ...
Das Stadion von «Breitsch» ist nicht Challenge-League-tauglich.Bild: keystone

Als sich die Verantwortlichen um Geschäftsführer Rüegsegger in der letzten Saison abermals um eine Lizenz für die Challenge League bemühten und erneut ein negativer Bescheid eintraf, entschied man sich beim FC Breitenrain, den Aufstiegstraum vorerst ad acta zu legen. Ausser die Auflagen der Liga würden gelockert, sagt Rüegsegger, werde es noch länger nicht möglich sein, in Bern auf Stufe Challenge League zu spielen, wo unter anderem deutlich höhere Anforderungen bezüglich Stadionbeleuchtung gelten.

Fast-Coup gegen Thun

Auch ohne die Challenge League vor Augen ist Breitenrain aber durchaus ambitioniert in die neue Saison gestartet. Eine Platzierung in den ersten fünf soll es werden, sagt Trainer Edvaldo Della Casa. Der Brasilianer hat auf diese Saison hin seine zweite Amtszeit an der Seitenlinie des Berner Quartiervereins aufgenommen.

Von 2014 bis 2016 war der 48-Jährige schon einmal in der Verantwortung gestanden und spielte mit Breitenrain nicht nur eine erfolgreiche Meisterschaft mit dem Sprung auf Rang 3, sondern erlebte auch starke Auftritte im Schweizer Cup. 2015 zum Beispiel, als der FCB gegen St. Gallen nur 0:2 verlor.

Ein Jahr zuvor war Della Casas Team gar noch näher am Coup gegen den damaligen Super-League-Klub Thun. Bis in die 92. Minute führten die Stadtberner gegen die Berner Oberländer 2:1, ehe zwei Treffer der von Urs Fischer trainierten Thuner innert zwei Minuten Breitenrains Weiterkommen zunichtemachten.

Thuns Christian Schneuwly tritt einen Corner, im Fussball Cup Spiel der ersten Hauptrunde zwischen dem FC Breitenrain Bern und dem FC Thun, auf dem Sportplatz Spitalacker in Bern, am Samstag, 23. Augu ...
Gegen Thun schaffte Breitenrain fast die Überraschung.Bild: KEYSTONE

Jetzt folgt der nächste Auftritt auf der Bühne des Schweizer Cups. Zum zweiten Mal gegen die Young Boys. Vor sechs Jahren verlor Breitenrain vor 6000 Zuschauerinnen und Zuschauern auf dem «Spitz» 0:3. Fünf Spieler des aktuellen Teams waren damals schon dabei. Diesmal soll es anders kommen, auch wenn nicht auf dem Spitalacker gespielt werden kann, da dort ein neuer Rasen verlegt wird. «Wir wollen diese Partie geniessen», sagt Della Casa. «Das ist das Spiel des Jahres für das ganze Quartier. Und vielleicht können wir mit etwas Glück die Überraschung schaffen.»

Geschäftsführer Rüegsegger hat registriert, dass die Young Boys unter anderem mit zwei Unentschieden gegen Yverdon und Luzern in die Saison gestartet sind und dabei spielerisch nicht immer zu überzeugen wussten. Zudem sei es sicher kein Nachteil für Breitenrain, muss der Schweizer Meister am kommenden Mittwoch zum wichtigen Auswärtsspiel der Playoffs zur Champions League bei Maccabi Haifa antreten.

Aber Rüegsegger sagt, sie würden sich darob keine falschen Hoffnungen machen. «YB hat so einen breiten Kader. Diejenigen, die spielen, werden sich zeigen wollen und uns sicher nicht auf die leichte Schulter nehmen.» Doch egal, wie die Partie ausgeht – wer zwei Herzen in seiner Brust trägt, kann das Stadion gar nicht als Verlierer verlassen. (abu/sda)

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