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Jeder interpretierte das 0:1 gegen die irische B-Formation etwas anders. Vladimir Petkovic beispielsweise störte sich an der Lethargie seiner Equipe und am begrenzten Interesse, die eigene Komfortzone zu verlassen. Er zögerte in seiner Verärgerung nicht, öffentlich Defizite im charakterlichen Bereich anzudeuten – und der Selektionär sprach seiner Mannschaft den hundertprozentigen Willen ab, ein besseres Ergebnis zu erreichen.
In der TV-Analyse von Keeper Yann Sommer waren die Schweizer «unheimlich harmlos». Trotz 69 Prozent Ballbesitz resultierte kaum eine gefährliche Szene im Strafraum. In der eigenen Zone liessen die Schweizer in den ersten elf panischen Minuten fünf Corner zu. Stephan Lichtsteiner, der in Dublin geschonte Teamleader, relativierte den Spielverlauf und wehrte sich gegen die schonungslose Kritik: «Man muss den Teufel nicht an die Wand malen. So schlecht sieht es nicht aus.»
Die bemerkenswert moderate Haltung Lichtsteiners ist aus seiner Optik nachvollziehbar. Zum einen spielte der impulsive Verteidiger nicht, womit seine diplomatische Einschätzung nicht als Überraschung, sondern als Wortmeldung eines Teamplayers zu taxieren ist. Andererseits spürte der künftige Captain, dass das derzeit eher fragile Ensemble schon an diversen Fronten genug unter Druck steht.
Vor dem drittletzten Testspiel vor der EM in Frankreich (ab dem 10. Juni) äusserte sich der Nationaltrainer hingegen deutlich zu seinen Erwartungen an die Mannschaft: «Es reicht nicht, wenn man nur immer sagt, es gebe keine Freundschaftsspiele. Man muss dies auch auf dem Platz zeigen.» Petkovic erwartet «Antworten» auf diejenigen Dinge, welche seine Mannschaft am Freitag nicht gut gemacht hat, «auch wenn nicht alles schlecht war.»
Spannend sind die extern überprüfbaren Abweichungen auf Kommunikationsebene. Der Nationalcoach betont bei jeder Gelegenheit die Relevanz der Vorbereitungsspiele in den zweieinhalb Monaten vor der Endrunde in Frankreich. Timm Klose hatte vor, in Dublin «meine Karten auf den Tisch zu legen und Gas zu geben», derweil Lichtsteiner hinterher die Aussagekraft von freundschaftlichen Begegnungen halbierte: «Es ist erklärbar, dass man in Testspielen nicht den gleichen Druck aufbauen kann wie in Ernstkämpfen.»
Verständnis hin, Charakterdefizit her. Spurlos versickern dürfte die mediale Brause nicht. Die stolzen Protagonisten geben zwar oft vor, keine Zeitungen zu lesen. Von den negativen und teilweise deutlichen Kommentaren haben sie auf ihren Smartphones aber relativ zeitnah erfahren. Die Botschaft dürfte angekommen sein, eine spürbare Reaktion auf dem Letzigrund-Rasen ist absehbar.
Die in den letzten Monaten immer wieder wegen diverser Begleitthemen angezählte SFV-Auswahl wird bemüht sein, im drittletzten Heimspiel vor der EURO den Stimmungsbarometer etwas anzuheben. Und sie wird gut daran tun, nach der tagelangen Captain-Debatte und den monatelangen Verhandlungsrunden zur Regelung der Zukunft mit Petkovic im Kernbereich als leidenschaftliche Einheit aufzutreten und wieder einmal die Dynamik ihrer besten (WM-)Tage zu entfachen. Anpassungen drängen sich auf, wünschenswert wäre mittelfristig ein Stilwandel und keine weiteren Relativierungen: beherzt und couragiert statt unterkühlt bis zögerlich.
Und ratsam wäre angesichts der Formschwäche gewisser Akteure zudem, die Systemvorgaben exakter umzusetzen, Sicherheit zu gewinnen. Petkovic muss ein taktisches Gerüst definieren, das auch unter prekären Umständen einsturzsicher ist. Die unter Ottmar Hitzfeld eingespielte Ausrichtung passt nach wie vor am besten: das 4-2-3-1-System.
Die Formation von Bosnien-Herzegowina hat an sich gute zwölf Monate hinter sich. Nur zwei Spiele hat die Balkan-Elf verloren – das 0:2 in Irland schmerzt indes noch immer. Im Rückspiel der Barrage entglitt der Nummer 21 des FIFA-Rankings das erste EM-Ticket der Verbandsgeschichte. Ihr Spektrum reichte zuletzt von einem 2:3 gegen Zypern bis zu einem 1:1-Remis gegen die in der Weltrangliste topklassierten Belgier.
Getragen werden die «Zmajevi» (Drachen) von einem brillanten Offensiv-Trio. Edin Dzeko, der 30-jährige Roma-Stürmer mit der Referenz von 116 Toren in 266 Meisterschaftsspielen in England, Deutschland und Italien, gehört zur gehobenen europäischen Klasse. Sein Partner Vedad Ibisevic (31) hat in 222 Bundesliga-Partien 90 Treffer geschossen und Hertha Berlin unter die Top 3 geführt. Assistiert werden die beiden vom «Römer» Miralem Pjanic, einem fabelhaften Regisseur mit langjähriger Vergangenheit in Lyon. Für den 25-Jährigen sollen sich diverse Grossklubs interessieren.
Gegen Bosnien-Herzegowina, den WM-Teilnehmer von 2014, der am Freitag in Luxemburg 3:0 siegte, erwartet Petkovic ein anderes Spiel als in Dublin. «Sie spielen nicht so aggressiv wie die Iren, aber sie haben qualitativ ein höheres Niveau. Wenn wir nicht 100 Prozent konzentriert sind, werden wir noch mehr Schwierigkeiten bekommen als gegen Irland.» Petkovics Forderung an seine Mannschaft für das Duell mit seinem Geburtsland – Petkovic ist in Sarajevo geboren und in Bosnien aufgewachsen – ist klar: «Wir wollen einen Sieg. Damit wir auch mit einem positiven Gefühl in Richtung EM schauen können.» (sda)