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St.Pauli und Holstein Kiel feiern den Aufstieg – der HSV enttäuscht

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St.Pauli steigt nach 13 Jahren Absenz wieder in die 1. Bundesliga auf.Bild: www.imago-images.de

Von Paradiesvögeln, Dinos und Störchen – der Fussball-Norden mischt die Bundesliga auf

Am Wochenende waren in Deutschland alle Augen auf den Norden gerichtet. Während mit dem FC St.Pauli und Holstein Kiel der Paradiesvogel des deutschen Fussballs und ein Neuling den Aufstieg in die 1. Bundesliga feiern durften, bleibt der Hamburger SV einmal mehr zweitklassig.
13.05.2024, 16:1013.05.2024, 17:45
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Der HSV wird zum Zweitliga-Dino

Vor etwas mehr als einer Woche, am 3. Mai, bäumte sich der Hamburger SV noch ein letztes Mal auf und holte ausgerechnet im Stadtderby gegen Tabellenführer St.Pauli drei wichtige Punkte. Der HSV vertagte mit dem Sieg nicht nur den Aufstieg des Stadtrivalen, sondern bewahrte auch sich selbst die letzte Hoffnung auf die Relegation. Doch spätestens seit der Niederlage gegen Paderborn am Freitag ist klar: Der Hamburger SV verpasst den Aufstieg auch dieses Jahr.

So wird aus dem Bundesliga-Dino, der zwischen 1963 und 2018 knapp 55 Jahre lang ununterbrochen in der obersten Spielklasse residiert hatte, gewissermassen der Zweitliga-Dino. In der 2. Bundesliga gibt es nämlich nur zwei Teams, die länger dabei sind als der HSV – und dabei handelt es sich ausgerechnet um den FC St.Pauli und Holstein Kiel, also die beiden Teams, die nun in die 1. Bundesliga aufsteigen.

Fans feiern ihren Klub trotzdem

Als der HSV 2018 abstieg, deutete viel darauf hin, dass es sich beim Ausflug in die Zweitklassigkeit nur um ein kurzes Intermezzo handeln würde. In den ersten drei Saisons in der 2. Bundesliga schaffte es der HSV jeweils auf den vierten Platz, 2022 und 2023 spielte er sogar um den Aufstieg. Doch auch über die Relegation gegen Hertha BSC (2022) und den VfB Stuttgart (2023) gelang dem HSV der Sprung in die Bundesliga nicht.

«Die Reaktion nach so einem Moment ist alles andere als selbstverständlich. Da muss man sich schon fragen, ob wir das überhaupt verdient haben.»
Sebastian Schonlau, HSV

Es wäre also durchaus verständlich gewesen, wenn sich bei den Fans ein gewisser Frust angestaut hätte, nachdem der HSV den Aufstieg zum sechsten Mal de suite relativ knapp verpasst hat. Auswärts in Paderborn waren die Fans ihrem Verein dann aber milde gestimmt. «Mein Hamburg lieb ich sehr, sind die Zeiten auch oft schwer» hallte es durch das Stadion. Von dieser Aktion überrascht meinte Hamburgs Captain Sebastian Schonlau: «Die Reaktion nach so einem Moment ist alles andere als selbstverständlich. Da muss man sich schon fragen, ob wir das überhaupt verdient haben.»

Die Uhr ist stehen geblieben

Eine Statistik, die gewissermassen sinnbildlich für die Hamburger Glückslosigkeit steht: Der HSV traf 0,56 Mal pro Spiel das Gehäuse – damit führt er die Rangliste der Pechvögel in der 2. Bundesliga an. Dafür war die Fortuna den Düsseldorfern hold, die nun – dank einer starken Saison und eines HSV-Ausrutschers in letzter Sekunde in Paderborn – um die Rückkehr in die Bundesliga kämpfen dürfen. In der Relegation treffen die Nordrhein-Westfalen auf Union Berlin, Mainz, Bochum oder womöglich Köln.

Die legendäre Uhr, die im Hamburger Volksparkstadion die Zeit in der Bundesliga angezeigt hatte, ist 2018 bei 54 Jahren, 261 Tagen, 00 Stunden, 36 Minuten und 02 Sekunden stehen geblieben. Nach dem verpassten Aufstieg wurde sie 2019 abmontiert – als hätte der Verein bereits eine düstere Vorahnung gehabt, dass er mehr Zeit in der Zweitklassigkeit verbringen wird, als ihm lieb ist.

Die «Freibeuter» sind zurück, um die Grossen zu ärgern

«Ich bin sehr, sehr froh, Trainer dieser Mannschaft sein zu dürfen.»
Fabian Hürzeler

Nach dem Scheitern des HSV lag es also an St.Pauli, die Hamburger Fahne hochzuhalten. Im Anschluss an den 3:1-Heimsieg gegen den VfL Osnabrück, der den Aufstieg besiegelte, sprach Trainer Fabian Hürzeler dann auch gleich für alle Hamburgerinnen und Hamburger, als er sagte: «Ich bin extrem happy für die Mannschaft, für die ganze Stadt, wir haben das verdient. Ich bin sehr, sehr froh, Trainer dieser Mannschaft sein zu dürfen.»

Nach 13 Jahren Absenz hat die Bundesliga seinen Kiez-Klub zurück. Fussballdeutschland, so schreibt es NDR-Reporter Matthias Dröge, dürfe sich auf «die Freibeuter der Liga» freuen. Der Fussballklub, der laut den eigenen Leitlinien nicht nur Fussball spielen, sondern auch ein «Lebensgefühl» vermitteln will, ist in der obersten Spielklasse kein neues Gesicht. Bereits sechs Mal spielten die Hamburger im Oberhaus mit – wobei es sich dabei jeweils eher um Gastspiele handelte, denn länger als vier Jahre konnte sich St.Pauli nie in der obersten Liga halten.

Der Kiez bebt

Im feiererprobten Stadtviertel wurde die Erstklassigkeit dann auch erstklassig gefeiert. Mittendrin: der australisch-schottische St.Pauli-Captain Jackson Irvine, der den widerspenstigen Kiez-Klub verkörpert wie kein Zweiter. Als der Aufstieg, der sich lange abgezeichnet hatte, endlich feststand, meinte der 31-Jährige sichtlich gerührt: «Ich bin zum Klub gekommen, um etwas Besonderes zu erreichen, ich wollte dieser Gemeinschaft etwas geben. Und ich denke, das haben wir heute getan».

Der erst 31-jährige St.Pauli-Trainer Fabian Hürzeler – ein Deutscher mit Schweizer Wurzeln und amerikanischem Pass – hatte sein Team im Dezember 2022 als jüngster Trainer des deutschen Profifussballs auf dem 15. Tabellenplatz übernommen. Nicht einmal zwei Jahre später gelingt Hürzeler, der seinen Vertrag in Hamburg im März verlängerte, Historisches: Zum ersten Mal spielt St.Pauli eine Liga höher als der Stadtrivale HSV. Und so behielt Oke Göttlich, der Präsident des Kiezklubs recht, als er im Rahmen der Aufstiegsfeier «die Nummer eins der Stadt sind wir» johlte.

«Die Störche» erstmals erstklassig

Ein Stück Fussballgeschichte schrieb am Wochenende Holstein Kiel. Der Klub aus dem nördlichsten Zipfel der Bundesrepublik schaffte es nicht nur zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die 1. Bundesliga, sondern ist dort auch der erste Vertreter überhaupt aus dem Bundesland Schleswig-Holstein. «Wir haben Holstein, die Stadt Kiel, auf die Karte gebracht», sagte Routinier Lewis Holtby nach dem historischen Erfolg.

Der Verein, der «langsam wachsen» und sich nicht wie Hoffenheim oder Leipzig «finanziell in die erste Liga pressen» will, wie es Kiel-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke ausdrückt, hat einen Sportetat von bescheidenen 11,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der gescheiterte Hamburger SV kann über doppelt so viel Geld verfügen und bei den Bayern liess man sich alleine den Stürmer Harry Kane 100 Millionen Euro kosten.

«Gescheiterte Talente» blühen wieder auf

Der Aufstieg des Underdogs aus dem Norden kommt aber nicht von ungefähr. Holstein Kiel spielte in seiner siebenjährigen Vergangenheit in der 2. Bundesliga bereits zwei Mal in der Relegation um den Aufstieg, scheiterte aber an Wolfsburg (2017/18) und Köln (2020/21). Dieses Jahr trug Kiels Strategie, neben jungen Talenten auf arrivierte Profis zu setzen, denen anderswo der Durchbruch nie ganz gelungen war, endlich Früchte. So nahmen die Störche beispielsweise den 24-jährige Fiete Arp unter ihre Fittiche. Das einstige HSV-Supertalent, das beim grossen FC Bayern München nie glücklich wurde, erlebt im hohen Norden so etwas wie einen zweiten Frühling.

Anders als der bunte, laute Aufsteiger aus St.Pauli umgibt die «Störche», wie der Klub auch genannt wird, eine weniger schillernde Aura. Dabei könnten sich die Kieler, analog zu St.Paulis «Weltpokalsieger-Besieger», als «Champions-League-Sieger-Besieger» rühmen. 2021 gelang den Norddeutschen nämlich ein veritables Kunststück: Der Klub, der noch nie in der obersten Liga gespielt hat, besiegte den amtierenden Champions-League-Sieger Bayern München im DFB-Cup.

Beflügelt vom Sieg über die Süddeutschen in der zweiten Runde flogen die Störche damals bis in den Halbfinal – wo man dann mit 0:5 deutlich an Dortmund scheiterte. Die Bayern, die es ab nächster Saison wieder mit Holstein zu tun bekommen werden, seien also gewarnt. «Ich glaube, wir sind der Angstgegner von Bayern, Harry Kane nehme ich in Manndeckung», meinte ein gut aufgelegter Holtby, nachdem der Aufstieg amtlich geworden war.

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