Der FC Liverpool hat den Nachfolger für Jürgen Klopp gefunden. Arne Slot von Feyenoord Rotterdam übernimmt den Job als Trainer an der Anfield Road und soll an die erfolgreiche Ära unter dem Deutschen anknüpfen. Es wird keine einfache Aufgabe für den 45-jährigen Niederländer, schliesslich gewann Liverpool mit Klopp jeden Titel, den ein englischer Klub gewinnen kann und ist der 56-Jährige bei den Fans der «Reds» so beliebt wie kaum ein Trainer vor ihm.
Dennoch sagt Klopp über den Job als Liverpool-Boss: «Es ist der beste der Welt.» Ausserdem glaubt er, dass Slot der richtige Mann dafür sein könnte. «Ich mag die Art, wie seine Teams Fussball spielen und alles, was ich über ihn als Mensch höre. Er ist ein guter Coach und ein guter Typ.» Er sei mehr als glücklich, sollte Slot sein Nachfolger werden, verriet er bereits vor einigen Wochen. Nun ist dies Tatsache.
We can announce Arne Slot has agreed a deal to become the club’s new head coach, formally taking up the position on June 1, 2024, subject to a work permit 🙌
— Liverpool FC (@LFC) May 20, 2024
Zeit einen genaueren Blick auf den Mann zu werfen, der in die grossen Fussstapfen von Jürgen Klopp an der Merseyside treten soll.
Als Spieler riss Arne Slot keine Bäume aus, aber immerhin absolvierte er für Zwolle, NAC Breda und Sparta Rotterdam 208 Spiele in der ersten niederländischen Liga. Ein Titel blieb ihm dabei zwar verwehrt, doch stellte er schon damals die Weichen, um später einmal ein guter Trainer zu werden.
So habe Slot schon damals einen analytischen Blick und die Coaches häufig nach den Gründen für ihre Taktik gefragt, wie sein früherer Mitspieler Edwin de Graaf zu The Athletic sagt. Der offensive Mittelfeldspieler habe auch Vorschläge gemacht und sah schnell, was der Gegner vorhatte. Für seine ehemaligen Teamkollegen sei es daher keine Überraschung, dass Slot nach seinem Karriereende 2013 schnell an die Seitenlinie wechselte. Ali Boussaboun erklärte gegenüber dem Guardian, dass er den im sogenannten Bibelgürtel der Niederlande aufgewachsenen Slot vor allem aufgrund seiner Selbstkontrolle als Trainer sah: «Ich habe ihn nie fluchen oder verdammt sagen gehört.»
Seine Trainerkarriere begann Slot bei Zwolles Junioren, nebenher gründete er mit seinem Bruder ein Unternehmen, das Kapitänsbinden verkaufte. 2019 übernahm er dann seinen ersten Cheftrainerposten bei AZ Alkmaar, wo er direkt Erfolge verzeichnen konnte. Als die Saison aufgrund der Corona-Pandemie abgebrochen wurde, stand Alkmaar punktgleich mit Leader Ajax Amsterdam auf Platz 2. Ein Meister wurde nicht gekrönt. In der Folgesaison wurde er trotz erneut starker Leistungen seines Teams entlassen, weil das Team Wind von seinen Gesprächen mit Feyenoord Rotterdam bekommen hatte.
Zur Saison 2021/22 unterschrieb er dann in Rotterdam, führte dieses direkt in den Final der Conference League, wo Feyenoord der AS Roma unterlag, und im Folgejahr dann zur niederländischen Meisterschaft. Seinem ersten Titel liess Slot vor Kurzem den Cupsieg sowie die Vize-Meisterschaft folgen. Für seine gute Arbeit wurde er nun mit dem Liverpool-Job belohnt.
Liverpool vertraute bei der Suche nach einem Nachfolger für Klopp vor allem auf Daten. Sie haben definiert, was der nächste Trainer erfüllen soll – unter anderem sollte dieser fähig sein, den Ansatz des derzeitigen Coachs fortzusetzen – und mithilfe von bestimmten Parametern den geeignetsten Kandidaten gesucht, wie ESPN berichtet. Nachdem Traumkandidat Xabi Alonso sich zu Leverkusen bekannt hatte, kamen sie relativ schnell auf den Meistermacher von Feyenoord Rotterdam.
Für Slot spricht zudem, dass er bisher bei jeder seiner Stationen schnellen Erfolg brachte, aber auch in der Spielerentwicklung gute Arbeit leistete. Ausserdem lässt er attraktiven Fussball spielen, der mit dem Stil von Jürgen Klopp vergleichbar ist – obwohl Slot mehrfach Pep Guardiola als grösste Inspirationsquelle hervorgehoben hat. Weiterhin stellte Slot klar, dass er den Job wolle, womit er sein Charisma und Selbstbewusstsein unter Beweis stellte.
— Liverpool FC (@LFC) May 20, 2024
Slot baut auf Offensivfussball und hohes Pressing. Noch wichtiger als der Erfolg ist ihm, dass seine Teams die Zuschauerinnen und Zuschauer unterhalten. So darf sich das Publikum an der Anfield Road weiterhin auf attraktive Spiele einstellen. Eine weitere Gemeinsamkeit mit Jürgen Klopp ist in der hohen Intensität ihrer Spielweisen erkennbar. «Ich möchte so viele gute Fussballer wie möglich in der Mannschaft haben, und ich möchte sie so hart wie möglich arbeiten lassen», erklärt Slot.
Dieser lässt sich aber auch von Trainern wie Marcelo Bielsa, Luciano Spalletti und Mikel Arteta inspirieren. Sein wichtigster Einfluss ist aber ein anderer, wie auch Martijn Krabbendam von Voetbal International weiss: «Es ist kein Geheimnis, dass er verrückt ist nach Pep Guardiola.» Slot selbst sagt: «Wir spielen im 4-3-3-System und wollen das Spiel von hinten aufbauen sowie schnell Druck ausüben.»
Sowohl Alkmaar als auch Feyenoord zeigten ein gutes Ballbesitzspiel – auch weil es für den Gegner sehr schwer war, das Spiel zu lesen, da sich immer mehrere Anspielstationen anbieten sollen. «Er will den Torhüter immer in den Spielaufbau einbinden, um freie Räume und Spieler im Mittelfeld zu finden», sagt Journalist Krabbendam bei The Athletic.
Perfektionist, Kontrollfreak, Überflieger: Das sind drei der Worte, die der niederländische Journalist Bart Vliestra beim Guardian verwendet, um Slot zu beschreiben. Dieser sei aber auch ein intelligenter, didaktisch starker Trainer, der im Umgang mit den Medien Humor beweist und auf fähige Assistenten setzt. Er ist stets auf der Suche, sein System zu verbessern und zu perfektionieren. Um seinen Horizont zu erweitern, schaut er sich auch einmal ein Basketballspiel beim lokalen Klub an.
Im Umgang mit den Spielern beweist er oftmals grosses Fingerspitzengefühl, dank dem er diese einerseits formen kann, damit sie perfekt in die für diese vorgesehenen Rollen passen. Zusätzlich verfügt er aber auch einen beeindruckenden Leistungsausweis, wenn es darum geht, junge Spieler weiterzuentwickeln und zu verbessern. Dazu gehören unter anderem Orkan Kökcü, der im vergangenen Sommer für 25 Millionen Euro zu Benfica wechselte, Stürmer Santiago Gimenez, der auf dem Radar mehrerer Topklubs ist, oder der niederländische Nationalspieler Lutsharel Geertruida.
Seine Spieler sprechen nur in höchsten Tönen von Slot. So sagte Oussama Idrissi: «In meinen Augen ist er der beste. Er kann Spieler entwickeln und lässt schönen Fussball spielen.» Arsenal-Profi Reiss Nelson, der leihweise ein Jahr in Rotterdam verbrachte, schlägt in dieselbe Kerbe: «Er ist ein grossartiger Trainer. Er hat mir Rhythmus und viele Möglichkeiten gegeben, wovon ich sehr profitiert habe.» Auch das dürfte in Liverpools Überlegungen eine Rolle gespielt haben.
Wenn man Virgil van Dijk fragt, sehr gut. «Mit seiner Spielweise und Philosophie, könnte er definitiv Liverpool-Coach werden», so der niederländische Abwehrchef nach den ersten Berichten über eine Einigung.
Marco van Basten zeigt sich gar ziemlich sicher, dass Slot bei den Reds Erfolg haben wird: «Er versteht sich sehr gut mit den Spielern, hat ausgezeichnete taktische Fähigkeiten, kann Dinge gut erklären und ist ruhig und intelligent. Wer Alkmaar und Rotterdam dazu bringt, guten Fussball zu spielen, kann das auch bei den grossen Klubs wie Liverpool.» Die 59-jährige Fussballer-Legende glaubt sogar, dass es nur einfacher werde für Slot, «weil er dort bessere Spieler hat, die eher verstehen, was man will». Zwar seien diese oft auch sturer, doch sei Slot klug genug, um Stars wie Mohamed Salah zu überzeugen.
Was ebenfalls dafür spricht, dass er die richtige Wahl als Nachfolger Klopps ist, ist die Tatsache, dass sich die Systeme nicht markant unterscheiden. So setzt auch Slot auf eine Viererkette und eine Doppelsechs sowie einen Zehner im Mittelfeld, während die Offensive aus zwei Flügelspielern und einem Mittelstürmer besteht. Somit ist kein grosser Kaderumbau nötig.
Und mit den Zuschauerinnen und Zuschauern in Liverpool dürfte sich Slot auch gut verstehen. So sagte er zu The Athletic: «Ich bevorzuge Spieler, die vielleicht nicht die besten der Welt sind, aber Energie in die Mannschaft und ins Stadion bringen.»