0:6 bei Manchester City – Chelsea erlebte gestern sein nächstes Auswärts-Waterloo. Für die «Blues» war es die höchste Niederlage der Premier-League-Geschichte. Vor zwei Wochen ging das Team von Trainer Maurizio Sarri schon beim AFC Bournemouth 0:4 unter. Zuvor hatte der sechsfache englische Meister in 26 Jahren Premier League nur einmal mit vier Toren Unterschied verloren – 1996 beim 1:5 in Liverpool. Kein Wunder, gerät Chelsea-Trainer Maurizio Sarri nach sieben Monaten bereits unter Druck.
Chelsea hat nun drei der vier letzten Liga-Spiele verloren und ist auf Rang 6 abgerutscht. Sarri soll nach dem 0:2 im Derby gegen Arsenal ziemlich laut geworden und mit seinen Spielern hart ins Gericht gestiegen sein. Die englische Presse ist sich sicher, dass der kettenrauchende Italiener seither «die Garderobe verloren» hat. Von den Reportern über seine Zukunft befragt, gab sich Sarri nicht gerade auskunftsfreudig:
Schon unmittelbar nach der Partie war Sarri ziemlich zerknirscht. Der Italiener verweigerte Trainer-Kollege Pep Guardiola nach dem Schlusspfiff den Handschlag. Ohne den Katalanen eines Blickes zu würdigen, ging er schnurstracks in die Kabine. Co-Trainer Gianfranco Zola musste sich bei Guardiola für seinen Chef entschuldigen.
Sarri erklärte den Vorfall an der Pressekonferenz so: «Ich habe Pep schlicht nicht gesehen. In diesem Moment wollte ich einfach nur in die Garderobe. Ich habe kein Problem mit ihm. Natürlich werde ich später zu ihm gehen und ihm wie üblich zum Sieg gratulieren.»
Gegen das ähnlich spielstarke Chelsea griff Guardiola zu einem taktischen Kniff. Anders als sonst liess der ManCity-Trainer sein Starensemble so tief verteidigen wie sonst nie. Die Gäste wurden erst in der eigenen Hälfte attackiert, womit nach der Balleroberung mehr Platz zum Kontern da war. Blitzschnell ging es dann über Kevin De Bruyne, Raheem Sterling und Bernardo Silva nach vorne.
City war zu Beginn überaus effektiv: Von den ersten fünf Torschüssen fanden vier den Weg ins Netz. So war Chelseas Widerstand spätestens nach dem 3:0 in der 18. Minute gebrochen. «Das war eine grossartige Leistung unseres Teams. Der Trainer hat uns perfekt ein- und aufgestellt», lobte Doppeltorschütze Sterling nach der Partie seinen Chef Guardiola.
Trotz des 0:4-Rückstands nach 25 Minuten zeigte Chelsea durchaus Moral. Die «Blues» bemühten sich um einen ordentlichen Spielaufbau und kamen bis zum Ende auf 47 Prozent Ballbesitz. Insgesamt zeigten sie sich defensiv aber zu anfällig und es fehlte ein Plan, nachdem klar war, dass Sarris 4-3-2-1-System gegen dieses City nicht funktionieren wird.
35-2 - In 2019, Manchester City have won their seven matches in all competitions at the Etihad by an aggregate score of 35-2. Fortress. pic.twitter.com/hCapNIr4IG
— OptaJoe (@OptaJoe) 10. Februar 2019
Mann des Spiels ist mit drei Treffern Sergio Agüero. Erst treibt der 1,72 Meter kleine Stürmer Guardiola mit einem Fehlschuss alleine vor dem Tor zwar fast zur Verzweiflung, dann folgt aber seine grosse Show: Mit einem Schuss in den Winkel, einem Abstauber nach einer verunglückten Chelsea-Rückgabe und einem Penalty-Treffer zerlegt der 30-jährige Argentinier die «Blues» fast im Alleingang. Vor allem in wichtigen Spielen trifft Agüero ganz gern: In 60 Spielen gegen die Konkurrenten der Top-Six hat er nun bereits 43 Mal getroffen.
Mit 17 Saisontreffern führt Agüero die Torjägerliste zusammen mit Liverpools Mohamed Salah an. Es waren seine Premier-League-Treffer Nummer 158, 159 und 160. Damit liegt Citys Nummer 9 auf Rang 8 der ewigen Bestenliste. Bis zu All-Time-Leader Alan Shearer fehlen Agüero aber immer noch 100 Tore. In einer Kategorie hat er aber schon zur englischen Torjäger-Legende aufgeschlossen: Dank seinem 11. Hattrick liegt er in dieser Kategorie zusammen mit Shearer an der Spitze.
Nach dem 0:6-Debakel sitzt der Frust bei Chelseas Fans natürlich tief. Als sich Innenverteidiger Antonio Rüdiger nach dem Schlusspfiff dem eigenen Anhang stellte, drohte die Situation kurzzeitig zu eskalieren. Als ein aufgebrachter «Blues»-Fan seine Saisonkarte vor die Füsse von Rüdiger warf, brannten bei diesem die Sicherungen durch. «Ich bin hergekommen, um mich zu entschuldigen – stell dich vor mich hin, wenn du etwas zu sagen hast», schrie der deutsche Nationalspieler zurück. Security-Mitarbeiter mussten schliesslich dazwischen gehen, um einen handfesten Streit zu verhindern.
Dass sich Rüdiger nach der bitteren Niederlage im Etihad als einer der wenigen Chelsea-Spieler den Fans stellte, wurde von einigen Fans aber auch geschätzt. «Rüdiger»-Sprechchöre waren aus dem Chelsea-Block zu hören und ein Twitter-User postete ein Video, in dem er Rüdigers Auftritt vor den Fans lobt: «Immerhin kümmert es ihn».
Wie in England üblich, kamen nach dem deutlichen Resultat auch die Experten sofort zu Wort. Liverpool-Legende Jamie Carragher nahm bei «Sky» mal wieder kein Blatt vor den Mund: