Es ist nur ein kleines Stück Stoff, aber eines mit grosser Symbolkraft. Die ist so gross, dass die FIFA verbietet, das Stück Stoff zu tragen.
Im Fussball trägt stets einer von elf Spielern jeder Mannschaft eine Binde am Arm. Die signalisiert dem Schiedsrichter: Ich bin der Captain. Ich bin dein erster Ansprechpartner. Neben dem Platz ist das Amt des Kapitäns mit repräsentativen Aufgaben verbunden: Schaut her, das ist unser Aushängeschild.
In Katar wollen die Captains von sieben Nationalmannschaften – darunter auch der Schweizer Granit Xhaka – auch auf dem Spielfeld repräsentativ wirken. Ihre Binde wurde so gestaltet, dass auf einem farbigen Herz die Worte «One Love» zu lesen sind, mit der Zahl «1» im Herzen.
Eigentlich sehr unverfänglich. Könnte man meinen. Denn die Farben sind nicht wie beim Regenbogen-Symbol angeordnet und die Aussage «One Love» ist maximal harmlos. Wer kann schon irgendetwas gegen die Kraft der Liebe einwenden?
Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn selbstverständlich soll die Binde genau daran erinnern, dass es queere Menschen in vielen Ländern der Erde schwer haben. Gerade in Katar, dem Gastgeber der Fussball-WM 2022. Ein Zeichen gegen Homophobie, Antisemitismus und Rassismus soll die Captainbinde sein, und sie soll auch für Menschenrechte und Frauenrechte werben.
Der Weltverband FIFA übt nun Druck auf die Nationen aus, die mit der Captainbinde spielen wollen. Diese verstosse gegen die Regularien und es sei verboten, sie zu tragen. Der europäische Verband UEFA hatte die Binde im vergangenen Jahr erlaubt.
Nicht zum ersten Mal macht die FIFA dabei auch deshalb eine schlechte Figur, weil alles überstürzt wirkt. Bernd Neuendorf, der Präsident des Deutschen Fussballbunds, berichtete nach einem Treffen mit FIFA-Generalsekretärin Fatma Samoura am Sonntag über eine «kontroverse Debatte». Er finde es «befremdlich, dass wir der FIFA schon vor Monaten diese Binde bekannt gegeben hatten und die FIFA darauf nicht reagierte», sagte er in der ARD.
Für Deutschland habe die Diskussion mit der FIFA nichts geändert, betonte Neuendorf im ZDF. «Wir bleiben dabei, dass wir mit der Binde auflaufen. Wir sind hier nicht auf einen Nenner gekommen.»
Auch die Schweiz zeigt sich von der FIFA-Ansage unbeeindruckt. Gegenüber dem «Blick» liess SFV-Medienchef Adrian Arnold verlauten, man beabsichtige, an der Captainbinde festzuhalten: «Sie entspricht genau den Werten, für welche wir auf und neben dem Platz einstehen: Respekt, Toleranz und Solidarität.»
Doch was, wenn das Tragen mit einer Gelben Karte sanktioniert wird? Dann wäre ein Captain nach zwei Einsätzen mit «One Love» auf dem Arm für das dritte Gruppenspiel gesperrt. Das wird wohl kein Nationalteam riskieren, schliesslich ist der Captain fast immer einer der Schlüsselspieler.
Im Regelwerk gibt es indes kaum eine Grundlage dafür, dass das Tragen einer verbotenen Captainbinde mit einer Verwarnung bestraft werden kann. Zwar heisst es in Regel 4 (Ausrüstung der Spieler): «Die Ausrüstung darf keine politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen.»
Allerdings steht da auch, dass «Slogans/Embleme von Initiativen zur Förderung von Fussball, Respekt und Integrität» zulässig sind. «One Love» und ein buntes Herz dürften eher dies sein und kein politischer oder religiöser Slogan. Wobei das die FIFA entscheidet und nicht der gesunde Menschenverstand, weshalb man sich nicht sicher sein darf. Realistischer als Gelbe Karten sind Bussen an die Landesverbände.
FIFA-Präsident Gianni Infantino betonte am Samstag in seiner kontroversen Rede, dass es grundsätzlich überhaupt keinen Anlass zu Diskussionen geben sollte: «Wir haben klare Regeln für die Captainbinden. Sie werden von der FIFA gestellt.»
Ob das von langer Hand geplant war, ist offen – der Weltverband stellte seine Aktion am Samstag vor, sie wirkt als schnelle Reaktion auf die «One Love»-Kampagne. Die FIFA kreierte sieben verschiedene Slogans, an jedem Spieltag wird eine andere Botschaft präsentiert. Beim Auftaktspiel war es «Football Unites the World». Die Captains von Katar und Ecuador trugen diese Binde.
Als erster Captain wird Harry Kane im Fokus stehen, wenn er heute (14 Uhr) England gegen den Iran aufs Feld führen wird. Im Vorfeld machte der Stürmer klar, dass er das ungeachtet möglicher Sanktionen mit der Botschaft «One Love» am Arm machen wird. «Für Mannschaft, Betreuer und unsere gesamte Organisation ist klar, dass wir diese Armbinde zeigen.»
Englands Nationaltrainer Gareth Southgate sagte, er hoffe, dass noch vor dem Anpfiff alles klar sei in der Saga. Apropos «vor dem Anpfiff»: Da werden Englands Spieler sich hinknien, um im Kampf gegen Rassismus ein Zeichen zu setzen.
Egal, was die FIFA bezüglich des Captainbands unternimmt: Die Aktion hat gehörigen Staub aufgewirbelt. Wahrscheinlich mehr, als wenn die FIFA nicht versucht hätte, sie zu verbieten.
Peinlich wäre aber, wenn man sich diesem Diktat nochmals beugen und auf die One Love-Binde verzichten würde. Appell an alle Teams: Lasst es doch mal drauf ankommen. Will die Fifa die Hälfte der Teams sanktionieren?
Einfach mal Eier zeigen!
Bei der letzten EM war ja alles in Regenbogenfarben.. alle Sponsoren, Stadien, Captainbinden.. sogar das Spielzeugauto, das den Ball im Final gebracht hat war in Regenbogenfarben.. und jetzt ist alles verboten..xD