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VAR im Fokus nach Weiterkommen von Spanien und Portugal

Players of Spain and Morocco argue to referee Ravshan Ermatov during the group B match between Spain and Morocco at the 2018 soccer World Cup at the Kaliningrad Stadium in Kaliningrad, Russia, Monday, ...
Rudelbildung beim Schiedsrichter – das wollte man mit der Einführung des VAR eigentlich verhindern.Bild: AP/AP

Hat VAR die Gruppe B verpfiffen? Die 7 strittigen Entscheide unter der Lupe

26.06.2018, 10:2826.06.2018, 15:07
Philipp Reich
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Eineinhalb Wochen lang kaum Probleme – die WM 2018 zeigte eindrücklich, dass der Videobeweis die Spiele fairer und die Schiri-Entscheide transparenter machen kann. Doch seit gestern Abend ist alles wieder anders. Marokkos Superstar Nordin Amrabat beispielsweise nahm nach dem 2:2 gegen Spanien kein Blatt vor den Mund und sagte, was er vom Videobeweis hält:

«VAR is bullshit!»

Amrabat sagt, was er über den Videobeweis denkt.Video: streamable

Tatsächlich hatten die Schiedsrichter auf dem Platz und im «War Room» von Moskau gestern Abend bei den letzten beiden Spielen der Gruppe B nicht ihren besten Tag. Gleich sieben Schiri-Entscheide waren zumindest fragwürdig oder gar falsch, am Ende kamen mit Spanien und Portugal die Favoriten weiter.

Die Streitfälle nachfolgend in der Analyse, doch erst die Abschlusstabelle der Gruppe B:

Bild
bild: screenshot srf

Iran – Portugal 1:1

Mit einem Sieg gegen Portugal hätte sich der Iran für die Achtelfinals qualifiziert, Cristiano Ronaldo und Co. reichte eine Unentschieden um definitiv in die K.o.-Runde zu kommen. Die Partie endete 1:1.

51. Minute: Penalty für Portugal

Cristiano Ronaldo zieht in der 50. Minute beim Stand von 1:0 für Portugal mit viel Tempo in den iranischen Strafraum und geht nach einem Zweikampf mit Saeid Ezatolahi zu Boden. Schiedsrichter Enrique Caceres liess zunächst weiterlaufen, entschied nach Eingreifen des Videoschiedsrichters und Betrachten der TV-Bilder aber auf Penalty.

Video: streamable

Entscheid korrekt!

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Ein klares Foul an Ronaldo, der allerdings etwas gar theatralisch hinfällt. Seinen scharf getretenen Penalty hält Irans Keeper Alireza Beiranvand stark.

War der Penalty für Portugal korrekt?

64. Minute: Kein Rot für Quaresma

Nach einer ungeahndeten Attacke von Saeid Ezatolahi auf Ricardo Quaresma lässt sich Portugals Torschütze zum 1:0 zu einem Revanche-Foul hinreissen. An der Seitenlinie mäht er den Iraner um und sieht dafür die Gelbe Karte. Der Videoschiedsrichter greift nicht ein.

Video: streamable

Entscheid falsch!

Bild

Es hätte Rot geben müssen. Quaresma trifft den Ball nicht, geht voll auf den Mann. 

Hätte Ricardo Quaresma Rot sehen müssen?

81. Minute: Kein Rot für Ronaldo

Cristiano Ronaldo kurz nach der Mittellinie an Morteza Pouraliganji vorbei, der ihm aber den Weg versperrt. Nach einem ersten Rempler verschafft sich Ronaldo mit den Armen Platz und trifft Pouralignaji mit dem Arm im Gesicht. Schiedrichter Caceres schreitet zunächst nicht ein, gibt nach Videokonsultation schliesslich Gelb.

Video: streamable

Entscheid korrekt!

Bild

Ronaldo trifft Pouraliganji zwar im Gesicht, eine Tätlichkeit ist das aber nicht. Anderer Meinung war Irans Trainer Carlo Queiroz. Er sagte: «Wenn der Ellenbogen dabei ist, ist das Rot.»

Hätte Cristiano Ronaldo Rot sehen müssen?

90. Minute: Penalty für Iran

Schlussphase: Der Iran sucht verzweifelt das 1:1. Nach einer Flanke in den Strafraum köpft Sardar Azmoun den Ball an Cedric Soares' ausgestreckten Arm. Die Iraner fordern Penalty und kriegen ihn dank des Videobeweises auch.

Video: streamable

Entscheid falsch!

Bild

Soares hat den Arm zwar ausgestreckt, wird von Azmoun aber runtergedrückt. Dem Portugiesen kann hier keine Absicht unterstellt werden. Er vergrössert mit seinem Arm zwar die Körperfläche, aber auf natürliche Weise. Soares schaut nie zum Ball.

War der Penalty-Entscheid für den Iran korrekt?

Spanien – Marokko 2:2

Marokko war schon vor dem Spiel ausgeschieden. Spanien brauchte gegen seine Nachbarn mindestens einen Punkt, um sicher in den Achtelfinal vorzustossen. Die Partie endete 2:2.

8. Minute: Kein Rot für Pique

Zwischen Spanien und Marokko laufen die ersten Minuten, als Verteidiger Gerard Pique beim Kampf um den Ball mit gestreckten Beinen in Khalid Boutaïb rutscht. Der Spanier trifft zunächst den Ball, dann den Knöchel des Marokkaners. Schiedsrichter Rawschan Irmatow pfeift kein Foul, auch der VAR schreitet nicht ein.

Video: streamable

Entscheid korrekt!

Bild

Pique spielt zuerst klar den Ball und trifft danach Boutaïb nur leicht. Sicher keine Rote Karte.

Hätte es Rot für Pique geben müssen?

47. Minute: Kein Freistoss für Marokko

Kurz nach der Pause lupft Daniel Carvajal den Ball am eigenen Strafraum zu Gerard Pique zurück. Das Spielgerät fliegt 18 Meter vor dem Tor an die Hand des Spaniers. Irmatows Pfeife bleibt wieder stumm. 

Video: streamable

Entscheid falsch!

Bild

Pique stoppt den Ball absichtlich mit der Hand (Blick auf den Ball gerichtet) und vergrössert auch seine Körperfläche. Es hätte Freistoss geben müssen. Der VAR durfte hier allerdings nicht eingreifen, da es nicht um eine Penalty-Szene oder eine Szene, die zum Tor führt, handelte.

Hätte es Freistoss für Iran geben müssen?

92. Minute: Tor für Spanien

Spanien drückt nach Marokkos 2:1 in der Schlussphase auf den Ausgleich, der in der Nachspielzeit auch fällt. Iago Aspas trifft herrlich mit der Hacke. Schiedsrichter Irmatows gibt den Treffer zunächst nicht, weil der Linienrichter die Fahne oben hat. Nach Konsultation der TV-Bilder wird der 2:2-Ausgleich aber trotzdem anerkannt. 

Video: streamable

Entscheid korrekt!

Bild

Das Bein eines marokkanischen Verteidigers hebt das Abseits auf. ABER: Der Eckball, der zum Treffer führte, hätte von der anderen Seite ausgeführt werden müssen. Der Ball war bereits vor Rodrigos Flanke im Toraus, nicht erst nach dem klärenden Kopfball der Marokkaner. Irmatow zeigte deshalb auch auf die linke Eckfahne, die Spanier führten den Corner aber von rechts aus.

Video: streamable

Da der Eckball zum Tor führte, hätte der Videoschiedsrichter eingreifen müssen. Tat er aber nicht, deshalb:

Falscher Entscheid!

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Wie siehst du das 2:2 für Spanien?

Fazit

Verpfiffen hat der VAR die Gruppe B gestern sicher nicht. Zu keiner Zeit waren Iran und Marokko virtuell im Achtelfinal. Die Iraner wurden vom Videobeweis am Ende sogar bevorteilt, kurz vor Schluss hatten sie gar das 2:1 auf dem Fuss, was für Portugal ziemlich bitter gewesen wäre und den VAR noch mehr in den Fokus hätte rücken lassen.

Live-Tabelle von der 1. bis zur 94. Minute:

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bild: twitter

Dennoch sind die fragwürdigen Entscheide von gestern Abend natürlich ärgerlich. Wieder muss erwähnt werden: Eine hundertprozentige Eliminierung von Fehlentscheiden ist auch mit Videobeweis nicht möglich. Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Schade, wenn sich diese in zwei entscheidenden Spielen häufen. «Bullshit» ist war VAR deshalb aber nicht, der Videobeweis macht die Spiele fairer. Ausnahmen bestätigen leider die Regel.

Gepfiffene Penalty mit und ohne VAR:

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So funktioniert der Video-Beweis bei der WM in Russland

Video: srf

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53 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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marhu13
26.06.2018 11:09registriert Februar 2014
Der VAR ist super. Ronaldo hätte ansonsten nicht mal Gelb bekommen, beide Penaltys wären nicht gepfiffen worden. Was hätte das wieder für ein unsägliches Theater gegeben.
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Triumvir
26.06.2018 10:44registriert Dezember 2014
Bislang macht der VAR meines Erachtens ein Fussballspiel ganz klar gerechter als früher. Deshalb finde ich das eine gute und begrüssenswerte Neuerung.
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KenGuru
26.06.2018 11:03registriert Januar 2015
Bitte macht eine Statistik über alle VAR Entscheidungen während des Turniers, dann zeigt sich schnell ob es Technik braucht oder nicht. Anhand zweier Spiele jetzt wieder alles zu verteufeln ist ein Witz.
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