Der frühere französische Serienmeister Olympique Lyon wird zwangsrelegiert. Der Traditionsklub muss nach einem Urteil der französischen Fussball-Finanzaufsicht DNCG den Gang in die Ligue 2 antreten. Die DNCG teilte mit, dass es Lyon nicht gelungen sei, die finanzielle Situation bis zum Ende der Saison 2024/25 (die am 30. Juni offiziell zu Ende geht) glaubwürdig zu verbessern.
Bis Ende 2024 seien die Schulden gemäss Berichten der Eagle Football Group noch einmal um rund 47 Millionen Euro auf insgesamt 505 Millionen gestiegen. Die Eagle Football Group besitzt neben 77 Prozent von Olympique Lyon auch den brasilianischen Klub Botafogo und RWD Molenbeek in Belgien. Die Anteile am Premier-League-Klub Crystal Palace wurden indes unlängst verkauft.
Theoretisch nicht. Olympique Lyon wurde von der gleichen Behörde bereits im November 2024 provisorisch zwangsrelegiert. Damals gab die französische Fussball-Finanzaufsicht dem Traditionsklub allerdings noch die Chance, die eigene finanzielle Situation zu verbessern. Dazu wurde der frühere Serienmeister mit einem Transferverbot belegt, durfte also nur noch Spieler verkaufen und nicht mehr selbst kaufen.
John Textor, ein US-Investor und Besitzer von Lyon, sagte damals allerdings: «Lyon wird nicht zwangsrelegiert, keine Chance.» Der 59-Jährige sprach davon, dass die DNCG nicht in Betracht ziehe, dass die Zahlen bei der Eagle Football Group über Lyon hinausgehen und die verschiedenen Klubs einander auch finanziell unterstützen. Nun soll Textor vom Urteil der Finanzaufsicht erneut auf dem falschen Fuss erwischt worden sein. Eine halbe Stunde zuvor hat er sich gemäss «L'Équipe» noch zuversichtlich gezeigt: «Ich verstehe endlich, wie der französische Fussball funktioniert.»
Eine detaillierte Begründung ist noch nicht bekannt und wird bis Freitag erwartet. Die französische Fussball-Finanzaufsicht ist jedoch der Meinung, dass sich die finanzielle Situation von Olympique Lyon seit der provisorischen Sperre im vergangenen November nicht ausreichend verbessert hat. So hätte sich die Behörde eine grössere Finanzspritze vom Verkauf von Textors Anteilen an Crystal Palace erhofft. Nur 40 der rund 200 Millionen sollen zum französischen Klub wandern.
Gemäss «L'Équipe» soll der Klub in den vergangenen Monaten nicht nur von Lieferanten, sondern auch von der französischen Steuerbehörde aufgefordert worden sein, ausstehende Zahlungen zu begleichen. Das habe bei der DNCG den Verdacht erhärtet, dass Lyon Gefahr laufe, auch die nächste Saison stark verschuldet abzuschliessen.
Der Klub hat angekündigt, gegen den «unverständlichen Entscheid» der DNCG umgehend Berufung einzulegen. Der Klub war sich sicher, dass man die finanzielle Situation ausreichend habe verbessern können. «In den vergangenen Monaten haben wir eng mit der DNCG zusammengearbeitet und alle Forderungen erfüllt. Wir haben mehr als genügend Ressourcen für die Saison 2025/26», heisst es in der Mitteilung.
L'Olympique Lyonnais prend acte de la décision incompréhensible rendue par la DNCG ce soir et confirme qu'il fera immédiatement appel
— Olympique Lyonnais (@OL) June 24, 2025
🗞 Le communiqué 👇
Textor führte in der Anhörung bei der DNCG diverse Massnahmen an: Eine Finanzspritze von 83 Millionen Euro der Eagle Football Group im Januar, den Transfer Rayan Cherkis zu Manchester City (42 Mio.), den Verkauf seiner Anteile an Crystal Palace oder eine Reduktion der Lohnsumme um 30 Millionen.
Im Grunde genommen ist es keine Neuigkeit, dass Fussballklubs oft verschuldet sind. Bei Olympique Lyon hängen die Schulden aber gemäss einer Untersuchung des Sports Business Institutes in Barcelona stark mit der Covid-Pandemie und ausbleibenden Champions-League-Geldern zusammen.
In den Jahren zuvor hat OL stets in der Champions League gespielt und so viel Geld eingenommen. Als die Saison in den französischen Profiligen im März 2020 wegen der Pandemie abrupt abgebrochen wurde, lag Lyon nur auf Rang sieben und verpasste so die Champions League. Daneben fehlten natürlich auch Einnahmen aus den Spielen in Pandemiezeiten, als keine oder nur eine stark reduzierte Anzahl Fans im Stadion erlaubt waren.
Die Lage wurde noch komplizierter, als der Ligue-1-TV-Partner Mediapro zahlungsunfähig wurde und stattdessen ein deutlich weniger lukrativer Vertrag mit Canal+ abgeschlossen werden musste. Dazu kamen interne Unruhen. 2022 übernahm Textor den Klub und stritt sich lange öffentlich mit seinem Vorgänger Jean-Michel Aulas. So haben sich die Schulden der Franzosen von 2020 bis 2023 mehr als verdoppelt.
Der Ärger der Lyon-Fans richtet sich vorwiegend gegen Besitzer John Textor und nicht zwingend gegen die Entscheidung der Finanzaufsicht. «John Textor war nie der richtige Mann für die Situation und wird es auch nie sein. Dieser Botafogo-Fan muss nun von der Bildfläche Lyons verschwinden», heisst es in einer Mitteilung des Fanklubs Bad Gones 1987. Die Fans machen einen Aufruf an Textors Gläubiger, die Kontrolle zu übernehmen und die Schlüssel jemandem zu übergeben, der den Klub respektiere.
Après de nombreuses difficultés avec John Textor, et malgré une dernière tentative désespérée en début de mois d'obtenir un échange avec lui (cf mail en PJ), nous sommes navrés de constater que nos craintes sont confirmées.
— Bad Gones 1987 - Officiel (@BG1987Officiel) June 24, 2025
John Textor n'a jamais été et ne sera jamais l'homme de… pic.twitter.com/RbUnXkm6KG
Dem Klub bleiben jetzt sieben Tage Zeit, um zu entscheiden, ob und wie er Rekurs gegen das Urteil einlegen möchte. Das kann bei der Berufungskommission des französischen Fussballverbands (FFF) passieren, oder direkt beim Nationalen Olympischen und Sportlichen Komitee Frankreichs. Auch ein Gang vor ein ziviles Gericht wäre möglich, aber gemäss Experten wenig erfolgversprechend.
Die neue Saison in der Ligue 1 beginnt am Wochenende vom 16. und 17. August. Eine Entscheidung müsste also schon deutlich früher fallen. Daneben ist Olympique Lyon auch für die Europa League qualifiziert. Da das Urteil der DNCG aber nur die Ligazugehörigkeit im französischen Fussball betrifft, wären die Franzosen in den europäischen Wettbewerben wohl weiterhin teilnahmeberechtigt.