Wie oft habt ihr schon bei einem Bier mit Freunden in einer Bar, einer Kneipe, einem Pub oder einfach bei euch zu Hause gesessen und darüber sinniert, auf eine paradiesische Insel auszuwandern? Oder selbst ein Lokal zu eröffnen? Oder einfach einen Sportverein zu gründen? Wenn ihr euch an mindestens eine solche Gelegenheit erinnern könnt, dürfte euch die Geschichte von Louis Perry interessieren. Und vielleicht auch etwas eifersüchtig machen.
Denn der Brite lebt unser aller Traum. Mit 18 Jahren zog er im Jahr 2013 von der britischen Insel nach Gibraltar. Dort wollte er eigentlich weiterhin Fussball spielen. Doch obwohl er in einem Probespiel als Linksverteidiger zwei Tore erzielte, wurde er vom Klub abgelehnt. Der Assistenztrainer sollte stattdessen die Position übernehmen, wie Perry dem «Daily Star» erzählte. Es sollte der Anfang einer grossen Erfolgsgeschichte sein.
Angespornt von dem Rückschlag gründete er seinen eigenen Fussballklub. Und zwar in der Bar seiner Grosseltern mit einigen Stammgästen. Dadurch konnte Perry gar eine A-Mannschaft und ein Reserve-Team bilden. Dank der finanziellen Unterstützung von Grossmami und Grosspapi konnte er sowohl die Registrierungs-Gebühren beim Fussballverband Gibraltars in Höhe von rund 1150 Franken als auch Trikots für seinen neuen Klub bezahlen. Und so entstand der FC Bruno's Magpies.
Der erste Teil des Namens kommt von der Bar der Grosseltern, die «Bruno's» heisst. Der zweite Teil war die Bedingung des ersten Trainers. Mick Embleton bestand nämlich darauf, dass der Spitzname seines Lieblingsteams Newcastle United im Vereinsnamen enthalten ist und dass die Trikots wie bei den englischen «Magpies» schwarz-weiss gestreift sind.
Doch zu Beginn hatten Bruno's Magpies die für ein Team aus Pub-Stammgästen erwartbaren Probleme. «Wir hatten gute und technisch versierte Spieler», sagt Perry und ergänzte: «Aber wir tranken alle viel und waren übergewichtig.» Deshalb begannen Perry und Embleton, auch ausserhalb von «Bruno's Bar» nach Spielern zu suchen und sich um eine Trainings- und Spielstätte zu kümmern – die erste Einheit fand noch am Strand statt.
Trotz der nicht ganz einfachen Anfänge nahmen Bruno's Magpies schon in der Saison 2013/14 in der zweiten Liga Gibraltars teil. Sechs Jahre später schaffte das aus einer Pub-Idee entstandene Team dann den Aufstieg in die erste Liga des kleinen Lands südlich von Spanien. Ab 2019/20 waren Bruno's Magpies also oben angekommen – Perry benötigte Hilfe.
Also holte er Haig Oundjian und Jansen Dalli ins Boot. Oundjian war ein früherer Eiskunstläufer und später Vizepräsident vom FC Watford. Er kennt das Fussballbusiness also und ist seit 2019 Co-Präsident und Mehrheitsaktionär der Magpies. Auch durch seinen Einfluss wurde der Klub für Sponsoren deutlich interessanter.
Dalli ist Sportdirektor, Zeugwart und Geschäftsführer in einem. «Es gibt niemanden in Gibraltar, der mehr über Fussball weiss als er», sagt Perry über Dalli, der auch für die Verpflichtung von Spielern zuständig ist. Und dabei macht er trotz eines Budgets von bloss rund 400'000 Franken und monatlichen Spielerlöhnen im tiefen vierstelligen Bereich wohl keinen so schlechten Job.
Denn die Elstern, was Magpies übersetzt bedeutet, etablierten sich schnell im Mittelfeld der Gibraltar Football League und durften in der Saison 2022/23 erstmals an der Qualifikation für die Conference League teilnehmen. Diese endete aber in der 1. Runde gegen die Crusaders aus dem nordirischen Belfast. In derselben Saison wurden Bruno's Magpies unter dem neuen Trainer Nathan Rooney – nicht verwandt mit Wayne Rooney – in der Liga Dritter und gewannen zehn Jahre nach Gründung den Cup.
«Das war unglaublich», sagte Gründer Louis Perry danach zum «Daily Star». Das Team hätte den ersten Titel der Vereinsgeschichte ausgiebig im «Bruno's» gefeiert. «Ich weiss noch, wie ich meine Grosseltern angerufen habe und sie geweint haben», erzählt Perry und fügt an: «Es war eine lange Zeit mit vielen Problemen und nicht immer einfach. Dieses Jahr wieder nach Europa zu kommen, ist unglaublich.» Erneut scheiterte der Klub in der Conference-League-Qualifikation aber in der 1. Runde. Dieses Mal gegen Dundalk aus Irland.
Aber manchmal sind aller guten Dinge drei. Nach einem erneuten dritten Platz in der Liga sind Bruno's Magpies wieder in der Europacup-Qualifikation dabei. Und dieses Mal reichte es nach einem 2:0-Erfolg im Hinspiel und einer 1:2-Niederlage nach Verlängerung gegen Derry City aus Nordirland tatsächlich in die 2. Runde. Dort kommt es nun zum grössten Spiel der bisherigen Vereinsgeschichte: Am Donnerstag empfängt der FC Bruno's Magpies den FC Kopenhagen, der regelmässig in der Champions League teilnimmt und in der letzten Saison gar Manchester United bezwang.
In der Woche darauf folgt mit dem Auswärtsspiel im gut 38'000 Zuschauerinnen und Zuschauer fassenden Parken-Stadion ein echtes Highlight für die Fussballer der Bruno's Magpies, die sich sonst Spiele vor wenigen hundert Fans gewohnt sind. Und davon wagen wohl die wenigsten beim Bier mit den Freunden zu träumen.