In den nächsten sieben Tagen treffen der FC Zürich und die Grasshoppers zweimal aufeinander. Am Samstag kommt es zum Duell in der Super League, bevor dann am Dienstag im Cup-Achtelfinal ein weiteres Derby auf dem Programm steht. Neben dem sportlichen Messen auf dem Rasen sind die Zürcher Derbys leider immer wieder mit Fangewalt verbunden.
Vor dem letzten Aufeinandertreffen im Oktober klauten FCZ-Anhänger eine Choreografie der GC-Fans und präsentierten diese dann während des Spiels in der Südkurve. Ebenfalls bei diesem Derby stürmten vermummte GC-Hooligans eine S-Bahn mit FCZ-Fans. Wenige Wochen zuvor hatten sich Fans des einen Zürcher Klubs auf der Chilbi in Wiesendangen mit Fans des anderen Zürcher Klubs geprügelt. Bereits am Züri Fäscht im Sommer 2023 wurde ein GC-Stand angegriffen und verwüstet. Klub-Präsident Ancillo Canepa erklärte im Nachgang, dass der Stand «eine Provokation» sei, und schob die Schuld so indirekt dem Rivalen zu.
Es sind nur die jüngsten Ereignisse in einer langen Reihe von gewalttätigen Auseinandersetzungen rund um Spiele zwischen dem FC Zürich und den Grasshoppers. Vor den beiden bevorstehenden Derbys sprachen Canepa und FCZ-Sicherheitschef Luca Maggi ausführlich über Fangewalt – und auch frühere Äusserungen.
«Ich habe das unglücklich formuliert», zeigte sich Canepa in Bezug auf die Aussagen nach dem Züri Fäscht gegenüber dem Blick selbstkritisch, «die Message kam falsch rüber.» Er stehe jedoch nach wie vor dazu, dass es eine Lagebeurteilung brauche. So war der Angriff auf den GC-Stand «absurd und krankhaft, aber man musste es vielleicht befürchten». Aus diesem Grund hätte der FCZ auch schon auf ähnliche Aktionen verzichtet oder Sicherheitsmassnahmen ergriffen.
Auf die Kritik, dass er solche Angriffe mit seinen Aussagen legitimiert habe, erwiderte der 71-Jährige beim Tages-Anzeiger: «Ich legitimiere gar nichts. Damit das klar gesagt ist: Es ist kriminell, wenn man so was macht.» Canepa verurteilte die Gewalttaten mehrmals und stellte unter anderem klar: «Jagd auf Fans von anderen Klubs ist ein absolutes No-go.» Den Choreo-Klau bezeichnete er als «völlig unnötige Provokation», dies habe er den entsprechenden Personen auch so kommuniziert. Ausserdem erklärte er: «Solche Vorfälle ärgern und frustrieren mich masslos.»
Canepa und Sicherheitschef Maggi betonten jedoch, dass der Klub solche Vorkommnisse ausserhalb des Stadions nicht verhindern könne. «Wenn am Bahnhof oder an einer Chilbi auf dem Land irgendwelche Vollidioten aufeinander losgehen, können wir nicht auch noch dafür verantwortlich gemacht werden», sagte der FCZ-Präsident. Maggi fügte an: «Das ist nicht zielführend, sondern absurd.» So habe der Klub keine Polizeifunktion. Innerhalb des Stadions sei die Sicherheit hingegen immer gewährleistet gewesen, und bei Verfehlungen würden so viele Stadionverbote ausgesprochen werden wie bei keinem anderen Klub in der Schweiz.
Dass sich gewalttätige Vorfälle an anderen Orten häufen, sieht Canepa als Problem, das über den Fussball hinausgeht. «Es ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, dass solche Auswüchse überhaupt vorkommen. Da kommt mir die Galle hoch, wenn ich nur daran denke», sagte er bei der Zürcher Tageszeitung. So sei es offenbar «eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung, dass junge Leute aggressiver agieren».
Um dem entgegenzuwirken, besuche Canepa regelmässig Schulen. Dem «Blick» teilte er seine wichtigste Botschaft für die Kinder mit: «Respektiert die Fans von anderen Klubs, um Himmels willen! Es kann ja nicht sein, dass jemand, weil er einen anderen Klub liebt, ein Feind ist. Im Gegenteil, unterhaltet euch. Ihr habt ja ein gemeinsames Hobby!»
Gleichzeitig nimmt Canepa aber auch die Eltern in die Pflicht. Junge Leute bekämen teilweise die falschen Werte mit auf den Lebensweg, den Hass auf Fans anderer Klubs begründete er unter anderem mit dem familiären Umfeld. «Da versagen nicht zuletzt auch die Eltern», schimpfte Canepa, der anfügte: «Ich verstehe nicht, dass Eltern es zulassen oder sich gleichgültig geben, dass sich ihre Söhne so verhalten.»
Die Medien sieht er ebenfalls in der Verantwortung. Diese würden das Thema im Vorgang zum Match aufkochen, anstatt primär über die sportlichen Aspekte zu sprechen. «Manchmal empfinde ich allein die vorgängige mediale Berichterstattung fast als erhoffte, sich selbst erfüllende Prophezeiung», sagte Canepa.
Weiterhin biete der Fussball eine anonyme Plattform, bei der sich gewisse Personen «ausserhalb der Grenzen der gesellschaftlichen Normen bewegen wollen». Dabei würden auch Alkohol und Drogen eine Rolle spielen. «Das ist ein dramatisches gesellschaftliches Problem», so Canepa, der die Frage stellt: «Nun soll der FCZ alle diese Probleme lösen?»
Canepa und Maggi halten fest, dass es im Grossen und Ganzen sehr gut laufe und dass «99 Prozent von dem, was wir mit unseren Fans erleben, positiv» sei. Wichtig sei es in dem Zusammenhang auch, zu differenzieren und beispielsweise nicht von der Südkurve als Ganzes zu sprechen, wenn es um die Verantwortung für diese Vorfälle geht. «Es ist nicht ‹die Südkurve›, sondern einzelne Personen, die sich wahrscheinlich auch in der Südkurve bewegen», befindet Canepa. Innerhalb der Kurve passiere auch eine Selbstregulierung, nur seien «die Capos, die in der Kurve eine organisatorische Rolle spielen, in einer ähnlichen Situation wie wir: Sie können nicht alle erreichen».
Da die Gewalt von Einzeltätern und nicht der Kurve als Ganzes ausgehe, seien Kollektivstrafen nutzlos, entgegnet Maggi in der NZZ. Sie seien ausserdem rechtswidrig und würden das Feindbild der Fans gegen die Behörden fördern, wie der Grünen-Politiker findet. Deshalb geht der FCZ juristisch gegen eine solche vor. Als Lösung sieht Maggi einerseits die konsequentere Verfolgung und Verurteilung der Einzeltäter und andererseits mehr Dialog und Zusammenarbeit mit den Behörden, Organisatoren sowie Fans und Polizei – also mit denen «Personen, die tatsächlich auch im Stadion sind».
So habe man vor Kurzem auch das Spiel in Genf, wo es im letzten April noch wüste Auseinandersetzungen mit der privaten Sicherheitsfirma gegeben hatte, reibungslos über die Bühne gebracht. Auch die Situation des öffentlichen Verkehrs rund um den Letzigrund sei durch einen differenzierten Dialog verbessert worden. Ein Positivbeispiel gebe es auch aus Baden-Württemberg, wo eine ähnliche Situation herrschte und besser in den Griff bekommen werden konnte, weil man eben zusammenarbeitete und nicht beim ersten Rückschlag direkt in alte Muster verfiel, «um kurzfristig politische Härte zu zeigen». Diesen Weg habe der FCZ kürzlich auch der Stadt vorgeschlagen.
Vor den Derbys zeigen sich die beiden Vertreter des FCZ aber zuversichtlich, dass es zwei sichere und sehr gut besuchte Spiele geben werde. «Fussball bereitet vielen Menschen grosse Freude. Das soll im Zentrum stehen», so Maggi. (nih)
es ist richtig dass sie nichts dafür können wenn irgendwelche vollidioten ausserhalb des stadions aufeinander losgehen. aber sie könnten zumindest solche vollidioten aus dem stadion verbannen. so schwierig kann es nicht sein