Einen Titel hat die Schweiz jetzt schon sicher: Sie bietet an der EM in Frankreich das jüngste Trio aller Teilnehmer auf. Mit Breel Embolo, Nico Elvedi und Denis Zakaria sind gleich drei 19-Jährige im Kader. Davon allein wird sich Coach Vladimir Petkovic freilich nichts kaufen können. Und doch stehen diese drei fast exemplarisch dafür, wohin sich der Fussball in den vergangenen Jahren bewegt hat.
Für Elvedi liess der deutsche Klub Borussia Mönchengladbach vier Millionen Euro springen. Da war der Innenverteidiger gerade 18 Jahre alt. Der Marktwert des 1,91m grossen Mittelfeldspielers Zakaria liegt derzeit in derselben Grössenordnung. Und Embolo: Er ist der wahrscheinlich teuerste Teenager der Welt. Wechselt der Stürmer in die Bundesliga oder Premier League, dürfte das dem FC Basel ziemlich sicher einen zweistelligen Millionenbetrag in die Kasse spülen. Transfermarkt.ch führt Embolo mit einem Marktwert von 20 Millionen Euro.
Man kann heute nur vage vermuten, wie viel Geld Embolo wert ist, wenn er erst einmal das Alter von Granit Xhaka erreicht hat. Der 23-Jährige hält seit kurzem den Bestwert in Sachen Ablöse: 40 Millionen Franken bezahlt Arsenal London für Xhaka. Absoluter Schweizer Rekord.
Dass die Ablösesummen im Fussball seit Jahren explodieren, ist sicher keine neue Erkenntnis. An die riesigen Beträge hat man sich inzwischen gewöhnt. Auch daran, dass ein 19-jähriger Kicker heute ein Jahresgehalt bezieht wie der Chef einer Schweizer Grossbank. Und so viel Wert sein soll wie ein mittelständischer Handwerksbetrieb.
Wer jedoch nur zwei Jahrzehnte zurückblickt auf die Stars von 1996 und deren Ablösesummen schwarz auf weiss neben jene der heutigen Spieler legt, reibt sich trotz aller Gewöhnung an das Übermass die Augen. Der Zehner der Elf von ’96 kostete Bayern München damals sechseinhalb Millionen D-Mark. Das war Ciriaco Sforza. Und der gewann in seiner Karriere nicht weniger als die Champions League, den UEFA-Cup, den Weltpokal sowie die deutsche und die Schweizer Meisterschaft. Seine Ablösesumme wirkt indes geradezu putzig im Vergleich zu den 40 Millionen, die der Zehner von 2016, Xhaka, kostet.
Internationaler ist das Geschäft natürlich auch geworden: Zählten 1996 gerade einmal sechs Legionäre zum Kader, spielen aus dem aktuellen EM-Team lediglich noch 5 von 23 Akteuren in der Super League. Elf Spieler verdienen ihr Geld in der deutschen Bundesliga.
Längst ist Fussball Geschäft. Und im 2-Jahres-Rhythmus, zu jeder Endrunde aufs Neue, stossen auch die Ausrüster in neue Sphären vor. Bei den Sportartikelherstellern dominieren die grossen drei heute wie noch nie: Rüsteten Adidas, Puma und Nike 1996 noch acht der 16 EM-Teilnehmer aus, sind es in diesem Jahr 20 von 24. Das zeigt eine Erhebung, die die Sportmarketing-Firma Repucom gestern veröffentlichte.
Die Nummer eins der Hersteller, Adidas, kleidet in diesem Jahr neun Teams ein, Nike sechs, Puma fünf. Bei der EM 1996 trugen dagegen fünf Mannschaften die drei Streifen, nur eine lief mit Nike auf, zwei setzten auf Puma. Dies schlägt sich auch in der Umsatzentwicklung der Ausrüster nieder. Etwa bei Adidas: Das Unternehmen aus dem deutschen Herzogenaurach setzt heute, auch dank EM und WM, über 16 Milliarden Euro um. Vor 20 Jahren waren es noch weniger als fünf Milliarden D-Mark.
Neue Dimensionen bei den Ablösesummen, Gehältern, aber auch bei den Sponsoren und den Ausrüstern – der Fussball setzt hier Massstäbe. Doch wie sieht es eigentlich im Rest der Wirtschaft aus? Ein Beispiel: Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé setzte im Jahr 1996 60 Milliarden Franken um. In diesem Jahr dürften es rund 90 Milliarden werden.
Eine Steigerung um ein Drittel. Darüber kann ein Spielerberater nur müde lächeln. Bei der Marktkapitalisierung, also dem Marktwert des Unternehmens, sieht es jedoch anders aus: Lag dieser vor 20 Jahren noch bei 56 Milliarden, ist Nestlé heute bei einem Marktwert von rund 230 Milliarden Franken angekommen.