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Irans Nationalteam drohen nach WM-Protest «schwere Konsequenzen»

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Ein Schweigen, das um die Welt geht: Irans Nationalteam verweigert das Singen der Nationalhymne.Bild: keystone

«Es drohen schwere Konsequenzen» – Expertin spricht über WM-Protest des Irans

22.11.2022, 12:1022.11.2022, 13:22
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Während die europäischen Verbände im Streit um die «One Love»-Binde einen Rückzieher machten, setzte Irans Nationalteam vor der 2:6-Niederlage gegen England ein mutiges Zeichen. Während der Hymne schwiegen die Spieler, anstatt mitzusingen. Dies wurde als Protest gegen das iranische Regime und Unterstützung für die landesweiten Proteste verstanden. Das iranische Staatsfernsehen unterbrach die Live-Übertragung während der Hymne. Nun drohen den Spielern Strafen.

Wie ARD-Korrespondentin Karin Senz im Interview mit SRF sagt, hätte ein iranischer Kleriker bereits in der letzten Woche gefordert, jene Spieler aus der Mannschaft zu werfen, die bei der Hymne nicht mitsingen. Dann bliebe aber kein Spieler übrig, um die verbleibenden Partien zu bestreiten. «Beobachter gehen darum davon aus, dass den Spielern schwere Konsequenzen drohen, wenn sie in den Iran zurückkehren», berichtet Senz. Das Singen der Nationalhymne ist im Iran Pflicht.

Dass es die Regierung nicht gerne sieht, wenn die Fussballer dies nicht tun, liege auch daran, dass diese «Nationalhelden» seien – «und in normalen Zeiten ein Propagandainstrument». Deshalb könnten die Spieler unter Druck gesetzt werden. Beispielsweise könnte das Karriereende im Iran drohen, aber auch «Bussen oder schlimmere strafrechtliche Folgen» seien möglich.

Dies dürfte vor allem für die Nationalspieler, die in der heimischen Liga unter Vertrag stehen, ein Problem sein. Gegen England standen acht Söldner in der Startformation, einzig Goalie Alireza Beiranvand sowie die Verteidiger Roozbeh Cheshmi und Morteza Pouraliganji spielen in der heimischen Persian Gulf Pro League. Doch auch die anderen Akteure und ihre Familien müssten Konsequenzen fürchten. «Wir haben immer wieder erlebt, dass in ähnlichen Fällen ziemlich harte Mittel angewendet wurden. Leute verschwanden tagelang und mussten sich danach entschuldigen», sagt die deutsche Journalistin. So zum Beispiel die Kletterin, die einen Wettkampf ohne Kopftuch absolvierte.

Nach dem Spiel solidarisierte sich Irans Kapitän Ehsan Hajsafi mit dem iranischen Volk: «Die Bedingungen in unserem Land sind momentan nicht richtig und unsere Leute sind nicht glücklich. Sie sollen wissen, dass wir hinter ihnen stehen und sie unterstützen.»

Bei der iranischen Bevölkerung kam die Geste aber gut an, wie Senz erzählt. «Die Menschen feierten die Protest-Geste auf den Strassen fast so, wie wenn die Mannschaft das Spiel gegen England gewonnen hätte.» (nih)

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Auch auf den Rängen solidarisierten sich die Fans mit den Protesten.Bild: www.imago-images.de
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«Frau, Leben, Freiheit».Bild: keystone
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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Looca23
22.11.2022 11:27registriert März 2022
Dann hoffen wir, dass alles unternommen wird, die Spieler und deren Familien zu schützen. Mutig gingen sie voran. Hoffentlich ziehen noch weitere nach, um diese WM zum Protest zu nutzen.
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kupus@kombajn
22.11.2022 12:12registriert Dezember 2016
They got balls
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züristone
22.11.2022 12:00registriert August 2015
Die Helden dieser WM. Hoffe von Herzen, dass es für sie und ihre Familien für diesen mutigen Protest keine schlimmen Konsequenzen geben wird und sie Schutz und Unterstützung erhalten werden.
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