Im letzten Sommer war die Aufregung gross. Ein alternder Fussball-Star nach dem anderen wechselte nach Saudi-Arabien, wo um ein Vielfaches höhere Gehälter bezahlt werden, als diese Spieler in Europa noch erhalten hätten. Aufgrund der Menschenrechtslage wurden sie von vielen Fussballfans kritisiert.
Allen voran Jordan Henderson wurde vorgeworfen, seine Werte verkauft zu haben, da er sich zuvor stets für die Rechte der LGBTQ+-Community eingesetzt hatte. Der ehemalige Liverpool-Captain verteidigte seinen Wechsel hingegen und sprach davon, dass es eine «positive Sache» sei, wenn ein Mensch mit seinen Werten in Saudi-Arabien spiele und sich so auch etwas ändern könne. Selbst nachdem er bei einem Spiel mit England im Oktober ausgebuht worden war, stellte er klar, dass er es nicht bereue, bei Al-Ettifaq unterschrieben zu haben.
Dies habe sich in den letzten Monaten jedoch geändert. Wie The Athletic berichtet, wolle Henderson das Saudi-Experiment bereits nach einem halben Jahr beenden. So hätten er und seine Familie, die nahe der Grenze zu Saudi-Arabien in Bahrain leben, Probleme, sich dem dortigen Leben anzupassen. Der 33-Jährige ringe zudem mit der deutlich geringeren Qualität des Fussballs, der in der Saudi Pro League gespielt werde.
مزيج فاخر 🏴 في معقل فارس الدهناء 💚❤️
— نادي الاتفاق (@Ettifaq) July 27, 2023
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Henderson stand fast in jedem Spiel des Klubs aus der Stadt Dammam in der Startaufstellung und kommt in 19 Spielen auf fünf Assists. Dennoch konnte er nach einem starken Saisonstart mit fünf Siegen aus sieben Spielen nicht verhindern, dass Al-Ettifaq seither nur noch eines der elf Ligaspiele gewinnen konnte und auf den achten Platz abrutschte.
Ein weiteres Ärgernis für den 81-fachen Nationalspieler, der sich Spiele vor Zehntausenden Zuschauern an der Anfield Road oder im Wembley gewohnt ist, seien die oftmals leeren Ränge in Saudi-Arabien. Zu den Heimspielen von Al-Ettifaq kommen im Schnitt nur rund 7000 Zuschauer, beim Auswärtsspiel gegen Al-Riyadh waren gerade einmal 696 Plätze besetzt. Ein Schock für den englischen Meister und Champions-League-Sieger.
Um Saudi-Arabien bereits im Januar wieder zu verlassen, nimmt er auch in Kauf, dass er im Vereinigten Königreich eine Steuerrechnung in Höhe von angeblich über acht Millionen Euro bezahlen müsste, wenn er früher als ein Jahr nach seinem Weggang zurückkehren würde. Dies entspräche knapp der Hälfte seines derzeitigen Jahresgehalts. Dennoch würde er präferiert zurück in die Premier League wechseln, obwohl dies schwierig werden könnte. Gemäss englischer Medien sei das Interesse eher gering. In Liverpool hätte er auch bei einem Verbleib deutlich weniger Einsatzzeit erhalten als bisher, was mit ein Grund für seinen Weggang war.
Weil die Rückrunde für Al-Ettifaq erst Mitte Februar beginnt, halte er sich derzeit in England auf. Nun wurde er von seinem Berater gerüchteweise auch dem FC Bayern angeboten. Der deutsche Rekordmeister ist noch auf der Suche nach Verstärkung fürs Mittelfeld. Eine Verpflichtung Hendersons könnte jedoch teuer werden, da sein Vertrag auf der Arabischen Halbinsel noch bis 2026 läuft und Al-Ettifaq nicht zu einem Verlustgeschäft bereit ist. Im Juli bezahlte der Klub 14 Millionen Euro an Liverpool. Ausserdem würde Trainer Steven Gerrard sein Team gerne um seinen ehemaligen Mitspieler bei den «Reds» aufbauen.
Der Traum einer Rückkehr nach England könnte sich für Henderson also als schwierig erweisen. Anders sieht dies angeblich bei Roberto Firmino aus, der Liverpool ebenfalls im Sommer verlassen hat. Auch der brasilianische Stürmer, der sich nach seinem Wechsel zu Al-Ahli noch freute, «Teil dieses grossartigen Klubs zu sein», strebe angeblich trotz Vertrags bis 2026 einen Weggang an.
Der 32-Jährige erzielte bei seinem Debüt einen Hattrick, traf aber in seither 18 Partien gar nicht mehr und war nur noch als Vorbereiter an drei Toren beteiligt. Die Fans des Aufsteigers, der auf Platz drei der Saudi Pro League steht, sehen die Leistungen von Firmino kritisch, was bei diesem zu Unzufriedenheit geführt habe. Nun wird er mit einem Wechsel zu Fulham in Verbindung gebracht.
Ebenfalls auf die Insel zurückkehren dürfte der Portugiese Jota, der als einer der ersten nach Saudi-Arabien gewechselt war. Der frühere Celtic-Star unterschrieb bei Al-Ittihad, war aber nach den Verpflichtungen von Spielern wie Karim Benzema, Fabinho und N'Golo Kanté immer überzählig und kam in den nationalen Wettbewerben seit dem 1. September gar nicht mehr zum Einsatz. In Saudi-Arabien darf ein Team nur sechs Ausländer einsetzen.
Immer mehr Spieler, die für das grosse Geld nach Saudi-Arabien gewechselt sind, scheinen zu merken, dass der Lohn nicht über alles hinwegsehen lässt und wollen also zurück in gewohntes Gefilde. Auch bei Neymar und Benzema gab es Berichte über Unzufriedenheit. Der Brasilianer fällt jedoch bis zum Ende der Saison aus und befindet sich für seine Genesung in Brasilien.
Von Cristiano Ronaldo gab es hingegen positive Töne. Der 38-jährige Portugiese dementierte die Wechselgerüchte im letzten Sommer und sagte: «Ich bin glücklich hier.» Die Liga müsse sich in gewissen Bereichen zwar noch verbessern, doch habe sie das Potenzial, «eine der besten fünf Ligen der Welt zu werden». Ronaldo verdient angeblich rund 200 Millionen Euro pro Saison.