Frankreich hat das marokkanische Märchen beendet und steht zum zweiten Mal in Folge im WM-Final (Sonntag, 16 Uhr gegen Argentinien). Bei «Les Bleus» dominiert nach dem Spiel die Freude über das Erreichte und der Respekt für den Gegner. Und bei Marokko der Stolz über den ganzen Turnierverlauf.
Das frühe Tor habe ihnen vieles erleichtert, sagte Antoine Griezmann nach dem Schlusspfiff. Gleichzeitig vergass der Franzose nicht, dem Gegner Respekt zu zollen: «Marokko hat mich beeindruckt, sie haben in der zweiten Halbzeit viele Chancen herausgespielt.» Ins gleiche Horn stiess auch Goalie Hugo Lloris: «Wir haben viel leiden müssen, speziell in der zweiten Hälfte.» Frankreich sei zu tief gestanden und Marokko habe gezeigt, dass es nicht nur verteidigen könne. Und er ergänzte: «Sie verdienen sehr viel Lob für diese WM.»
Auch Frankreichs Trainer Didier Deschamps meinte: «Es war kein einfacher Sieg. Wir haben unsere Qualität, unsere Erfahrung und unseren Teamgeist auf den Platz gebracht.» Und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron gratulierte der marokkanischen Mannschaft via Twitter: «Ihr habt Fussballgeschichte geschrieben.» An seine eigene Mannschaft schrieb er: «Merci les Bleus. Und jetzt holt den Pokal!
À nos amis marocains : félicitations pour ce beau parcours. Vous marquez l’histoire du football. pic.twitter.com/lupE7pgq0z
— Emmanuel Macron (@EmmanuelMacron) December 14, 2022
Bei Marokkos Trainer Walid Regragui überwog trotz der Halbfinal-Niederlage der Stolz: «Ich kann meiner Mannschaft nur ‹Bravo› sagen für das, was sie vorher gespielt hat. Wir haben heute für die kleinsten Fehler bezahlt.» Trotzdem schwang beim 47-Jährigen auch etwas Wehmut mit ob der vielen verletzungsbedingten Ausfällen in der eigenen Mannschaft: «Das war etwas zu viel des Schlechten für uns.»
In Frankreich blickt man nun mit Freude auf den Traumfinal gegen Argentinien – und scheut sich nicht vor Kampfansagen. Theo Hernandez, Verteidiger und Torschütze im Halbfinal, kündigte an: «Wir haben keine Angst vor Messi. Argentinien ist ein unglaubliches Team, aber wir haben nun einige Tage Zeit, uns vorzubereiten.»
Etwas vorsichtiger formuliert es Deschamps: «Messi ist natürlich einer der besten Spieler auf der Welt und in einer herausragenden Form. Wir werden auch dieses Jahr versuchen, seinen Einfluss zu begrenzen.» 2018 in Russland schlug Frankreich Argentinien im Achtelfinal mit 4:3. Aber Deschamps warnt: «Er spielt jetzt in einer anderen, offensiveren Rolle als vor vier Jahren.»
Bei der «Équipe Tricolore» schlägt man sich vor dem wichtigsten Spiel des Jahres aber auch noch mit Gesundheitsproblemen herum. Verteidiger Dayot Upamecano und Mittelfeldspieler Adrian Rabiot verpassten den Halbfinal wegen einer Viruserkrankung und auch Kingsley Coman ist angeschlagen.
«Wir hatten über das ganze Turnier einige Fälle von grippe-ähnlichen Symptomen», erklärte Deschamps. Wenn der Körper solche Leistungen auf dem Platz abliefern müsse, sei er geschwächt und anfälliger auf virale Infektionen. Der Frankreich-Trainer hofft, dass Upamecano und Rabiot am Sonntag wieder dabei sein können.
Die Zeitungen in Frankreich feiern den Finaleinzug, sind dabei aber vorsichtig optimistisch. Stimmen, die bereits jetzt den Titel feiern, gibt es praktisch keine. Zu gross ist der Respekt vor Lionel Messi und Argentinien. Stattdessen werden die Tugenden der eigenen Mannschaft gelobt.
So schreibt «RMC Sport»: «Ultrasolide in der Abwehr gegen Marokko. Im Halbfinal findet Frankreich die gleichen Werte wieder, die schon 2018 Glück gebracht haben.»
"L'envolée finale", voici la une de L'Équipe du jeudi 15 décembre 2022 > https://t.co/4ynSqCi0Ut pic.twitter.com/CAvMHasYBe
— L'ÉQUIPE (@lequipe) December 14, 2022
Und in der grösste Sportzeitung «L'Équipe» ist zu lesen: «‹Les Bleus› von Didier Deschamps schreiten jetzt zur Eroberung einer dritten Krone, indem sie ihren Titel in einem Traumfinal gegen das Argentinien eines Messis mit Mission verteidigen. Mit einer beeindruckenden Leidensfähigkeit, ohne sich zu beugen, undurchdringlich gegen den Druck eines Publikums, das auf der Seite des Gegners stand, schaffte es das französische Kollektiv, dem verrückten Epos Marokkos ein Ende zu setzen.»