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«Wenn ich es nun noch einmal überlege, dann war es wirklich dumm von mir», sagt Sam Allardyce einen Tag nach der Entlassung als englischer Nationaltrainer. Er wählt die richtigen Worte für sein Handeln. Denn was sich «Big Sam» da eingebrockt hat, ist wirklich nur schwer nachzuvollziehen.
Sam Allardyce on his England exit in the last few minutes.
— BBC Sport (@BBCSport) 28. September 2016
Read the full statement here: https://t.co/WPQGuAWdlj https://t.co/99pVKxTEz2
Was ist passiert? Allardyce traf sich gemeinsam mit dem befreundeten Agenten Scott McGarvey mit Geschäftsleuten, die sich angeblich ein Stück vom Premier-League-Kuchen abschneiden wollten. Er habe sich bloss wegen McGarvey auf die Gespräche eingelassen, sagt Allardyce, er habe jemandem einen Gefallen tun wollen, den er seit 30 Jahren kenne. Er habe gehofft, dass dieser dank seiner Hilfe zu einem Job komme. «Es war falsch von mir und dafür bezahle ich die Konsequenzen.»
Denn blöd ist für Allardyce, dass sich die Geschäftsleute als Journalisten des «Guardian» entpuppen, die über die Korruption im Fussball recherchieren. Und blöd ist, dass Allardyce ihnen bereitwillig Auskunft darüber gibt, wie man betrügen kann. Wie man die Transferregeln des englischen Fussballverbands umgehen kann. Der gleiche Verband ist Allardyces Arbeitgeber, der ihn mit einem Vertrag mit einem geschätzten Jahreslohn von 3,8 Millionen Franken ausgestattet hat. Es wäre also nicht zwingend nötig, noch weitere 500'000 Franken von den «Geschäftsleuten» zu erhalten, so wie Allardyce es vereinbart hat.
Überführt wird Allardyce mittels versteckter Kamera. Ein legitimes Mittel, um Beweise für das unmoralische Verhalten zu haben. Auch wenn der 61-Jährige von einer Falle spricht, in die man ihn gelockt habe: «Ich wurde reingelegt. Das muss ich akzeptieren.» Ob der Verband auch ohne das belastende Material den raschen Entschluss zur Trennung gefällt hätte?
Sam Allardyce: in serious trouble: https://t.co/k4qBSbwpZG #allardyce #england pic.twitter.com/Zen1tRb2Ic
— Wo sind sie jetzt? (@exprofis) 26. September 2016
In so einem Fall ist es nicht fies, mit versteckter Kamera zu agieren, sondern legitim. Natürlich hat man Allardyce eine Falle gestellt; aus eigenem Antrieb hätte er kaum Geschäftsleute aufgesucht, um ihnen krumme Deals vorzuschlagen. Aber: Er hätte auch die Gelegenheit gehabt, sich korrekt zu verhalten. Allardyce entschied sich anders.
Auch Sven-Göran Eriksson, einer von Allardyces Vorgängern als Nationaltrainer Englands, stolperte einst über einen investigativen Journalisten. Dieser hatte sich 2006 als reicher Scheich ausgegeben, der mit Aston Villa Grosses im Sinn habe. Eriksson kroch ihm auf den Leim, sagte, er sei bereit zur Aufgabe seines Postens als Nationaltrainer – und kündigte nach Erscheinen der Story in der «News of the World» seinen baldigen Rücktritt an.
Keine bewegten Bilder gab es in der Schweiz, als der grössenwahnsinnige Volker Eckel 2009 die Grasshoppers, angeführt von Vize-Präsident Erich Vogel, narrte. Er fabulierte von 300 Millionen Franken, mit denen er, der uneheliche Sohn von Saddam Hussein und einer iranischen Prinzessin, GC helfen wolle. In Zürich glaubten sie Eckels Lügengeschichten, die diesen (wegen ähnlicher Gaunereien) letztlich ins Gefängnis brachten.
Sven-Göran Erikssons Aussagen waren eher als Fauxpas zu werten, aber sie waren keine Beihilfe zum Betrug wie bei Allardyce. Der Schwede fand deshalb nochmals Jobs in England. Zunächst übernahm er Manchester City, später war er in Leicester. Seit 2013 verdient er sein Geld in China.
Ist diese Destination weit weg von der Heimat auch für Sam Allardyce die letzte Ausfahrt? Seit 45 Jahren ist er im Fussballgeschäft; erst als Spieler, seit 1991 als Trainer. Das Amt als Nationaltrainer war der Ritterschlag, von ihm selber wahrscheinlich als letzte Arbeitsstelle vorgesehen. Doch nun ist «Big Sams» Ruf so arg ramponiert, dass er Mühe haben dürfte, auf der Insel noch einmal einen Klub zu finden.
Vielleicht hilft ihm im Ausland ja die einzigartige Bilanz, mit der er hausieren kann: Als englischer Nationaltrainer hat Sam Allardyce 100 Prozent der Partien gewonnen und das sogar ohne ein einziges Gegentor. Was er nach dem 1:0-Sieg Englands gegen die Slowakei noch nicht wusste war, dass sein erstes auch sein letztes Länderspiel sein würde.