So ausgelassen hatte man Pep Guardiola lange nicht mehr gesehen: Der 51-jährige Katalane genoss die gestrige Meisterparade von Manchester City auf dem offenen Bus durch die Innenstadt in vollen Zügen. Genüsslich zog er an seiner Meister-Zigarre, genehmigte sich ein, zwei Bierchen und zeigte gar seine Dance-Moves.
Doch nach der Saison ist vor der Saison, das weiss auch Guardiola. Mit Erling Haaland, der für 75 Millionen Euro von Borussia Dortmund zu den «Citizens» stösst, konnte sich der englische Meister noch einmal massiv verstärken. Das Ziel ist klar: Nach dem enttäuschenden Halbfinal-Aus gegen Real Madrid soll es im nächsten Jahr endlich klappen mit dem erstmaligen Gewinn der Champions League.
Doch schon kurz nach Verkündung des Transfers wurden Stimmen laut, dass Haaland überhaupt nicht zum Spielstil von Guardiola und Manchester City passe. Wegen seiner leichten Schwächen im Passspiel und bei der Ballbehandlung sei der 21-jährige Norweger nicht die optimale Lösung als Sturmspitze im City-Kurzpassspiel mit aggressivem Pressing und den ständigen Positionswechseln.
Guardiola will davon aber nichts wissen: «Ich höre, er wird sich nicht gut an unsere Spielweise anpassen und daher möchte ich fragen: ‹Was ist unsere Spielweise?› Ich bin ziemlich sicher, dass diejenigen, die zweifeln, das gar nicht wissen», erklärte Guardiola am Sonntag nach dem Titelgewinn.
Er sei sich zudem «ziemlich sicher», dass Haaland mit dem System der «Citizens» bestens zurechtkommen werde. Er fügte aber an: «Um eine realistische Einschätzung abzugeben, muss ich erst mit ihm arbeiten.»
Besonders wichtig sei, dass sich Haaland zunächst in Ruhe an sein neues Umfeld gewöhnen könne. «Daher soll er, bevor er hier loslegt, seine Ferien geniessen, sich gut vorbereiten und verletzungsfrei ankommen, um mit uns zu arbeiten und zu spielen», so Guardiola weiter.
Der vierfache Meistertrainer der «Citizens» will seinem neuen Schützling so wenig Druck wie möglich machen. «Wenn es Wochen braucht, grossartig. Wenn es Monate braucht, grossartig. Er kommt ja nicht für zwei, drei Monate, er kommt für viele Jahre. Wenn er also mehr Zeit braucht, werden wir sie ihm geben», erklärt Guardiola. «Wir werden versuchen, ihm zu helfen, und ich bin sicher, er wird versuchen, uns zu helfen. Daran habe ich keine Zweifel.»
Die Sorgen von Guardiola könnten allerdings unbegründet sein – bislang hatte Haaland nach seinen Transfers nie Anpassungsschwierigkeiten. Bei RB Salzburg erzielte der Norweger in seinen ersten 14 Spielen 18 Tore, bei Borussia Dortmund traf der Mittelstürmer in seinen ersten 8 Partien 12 Mal. (pre)