Der Hintergrund: In den letzten zwei Jahren stritten sich die rivalisierenden Golf-Touren PGA Tour und LIV Golf League um die besten Spieler. Mit 200 Millionen Dollar wurden der PGA Tour Stars wie Dustin Johnson, Phil Mickelson, Brooks Koepka und Bryson DeChambeau abgeworben. Der saudi-arabische Staatsfonds, der über ein Vermögen von rund 620 Milliarden Dollar verfügt, finanzierte diesen Golf-Krieg mit über zwei Milliarden Dollar. Und die Saudis funkten der PGA Tour immer mehr ins Geschäft: 8 Turniere (von 14) der LIV League finden 2023 in den USA statt.
Die Einigung zwischen den Tours erfolgte in weniger als 50 Tagen. Am 18. April versandte James Dunne, ein Wall-Street-Dealmaker, mit Segen der US PGA Tour ein WhatsApp an Yasir Al-Rumayyan, den obersten Chef der LIV Tour. Beantwortet wurde die Kurznachricht ein paar Minuten später. Danach trafen sich die Parteien unter grösster Geheimhaltung in London, Venedig und San Francisco. Am 5. Juni wurden die gemeinsamen Erklärungen aufgesetzt.
James Dunne, der Mediator, fasst die hektischen 48 Tage so zusammen: «Ich denke, dass beide Seiten den Wunsch hatten, eine Art Frieden zu schliessen. Und auf beiden Seiten wollten die Leute wirklich etwas tun, das gut für den Golfsport ist.»
Aber was ist gut? Darin sind sich die Profis noch nicht einig. Die Wiedereingliederung jener Akteure, die absprangen, viel Geld kassierten und die PGA Tour sogar mit einer Kartellklage belegten, wird Fingerspitzengefühl erfordern. Im Mittelpunkt steht dabei Jay Monahan, der Commissioner der PGA Tour. Er beaufsichtigt ab sofort auch die LIV League und entscheidet Ende Saison im November im Alleingang, ob die LIV-Turniere fortgesetzt werden oder ob die Tour eingestellt wird.
Aus dem Zusammenschluss der beiden Circuits entsteht ein neues Unternehmen mit Commissioner Monahan als CEO und Al-Rumayyan als Vorsitzendem. Die US PGA Tour ist der kontrollierende Partner des neuen Unternehmens.
Was schaut dabei für die Saudis raus? Sie werden Geld verdienen, wenn das neue gewinnorientierte Unternehmen wächst, und sie erhalten einen Platz am Tisch im neuen globalen Golf-Ökosystem. Aramco, Saudi-Arabiens staatliches Erdöl- und Erdgasunternehmen, könnte Sponsor der PGA Tour werden.
Erst unmittelbar vor Bekanntgabe des Deals wurden die Spieler informiert. Rory McIlroy gehörte zu den Privilegierten, die morgens um 6 Uhr persönlich von Mediator Dunne kontaktiert wurden. «Rory schien erfreut darüber zu sein, dass es Frieden gibt.» McIlroy erzählte später, dass Dunne ihm gesagt habe, dass man es manchmal einfach versuchen müsse, einen Schlag 280 Meter übers Wasser ins Ziel zu bringen.
Hingegen fordern viele Golfer den Rücktritt von Commissioner Monahan – weil die Spieler beim wichtigsten Entscheid in der Geschichte des Circuits im Unklaren gelassen wurden. Dem entgegnete Monahan, dass Vertraulichkeit bei einem derart kontroversen Deal oberstes Gebot sei. «Wir wollten alle Spieler gleich behandeln. Wir wollten nicht in die Situation kommen, dass wir es einigen Spielern sagen und anderen nicht. Wenn man es 20 oder 30 sagen würde, gäbe es keine Vertraulichkeit mehr. Die Leute hatten ihre eigenen Interessen. Einige hätten versuchen können, den Deal zum Entgleisen zu bringen.»
Die PGA-Profis sind der Meinung, dass sie Vorteile verdienen, weil sie der Tour treu geblieben sind. Allen voran die Weltklassespieler wie Jon Rahm, Scottie Scheffler oder auch McIlroy lehnten Angebote von Hunderten von Millionen Dollar der LIV-Tour ab. Sie befürchten, dass die Abtrünnigen uneingeschränkt zurückkehren dürfen und womöglich durch Kapitalbeteiligungen sogar noch am neuen Konstrukt mitverdienen.
Der Commissioner muss nicht nur das Vertrauen der Spieler zurückgewinnen, er muss auch noch den Deal über die Ziellinie bringen. Dem Deal drohen kartellrechtliche Schwierigkeiten. Die Herausforderung ist – und das wäre in jeder Branche so –, dass man einen Monopolisten hat (US PGA Tour) und ein Start-up als Konkurrenz. Das Start-up fängt an, eine gewisse Zugkraft zu bekommen. Dann beschliesst man: «Hey, lass uns vereinbaren, nicht zu konkurrieren und Gewinne zu teilen.» Genau das verbietet das Kartellrecht. Das US-Justizministerium hat in letzter Zeit mehrere ähnliche Fusionen (wie z.B. zwischen American Airlines und JetBlue Airways) blockiert. Es könnte noch Monate dauern, bis die Allianz unter Dach und Fach ist, wenn sie denn überhaupt genehmigt wird.
Aber – und das sagen die, die den Deal in den letzten Monaten eingefädelt haben, «wenn die Saudis langfristig mit ihrem Scheckbuch dabeibleiben, ist der Golfsport zukunftssicherer. Das Wettrüsten um die Spieler hätte die US PGA Tour gegen die LIV League irgendwann verloren. Deshalb: Zusammenzukommen, wie auch immer das am Ende aussieht, ist besser, als zu streiten und nur die Hälfte der Topspieler unter einem Dach zu haben.» (nih/sda)