Spitzensport und gleichgeschlechtliche Liebe – eine notorisch konfliktbeladene Beziehung. Viele Sportlerinnen und vor allem Sportler verbergen ihre Homosexualität aus Angst vor negativen Reaktionen von anderen Athleten, Fans und Sponsoren. Umso erstaunlicher ist deshalb, was sich derzeit bei den Olympischen Spielen in Tokio ereignet.
Eine Auswertung der Website Outsports kommt aktuell auf 180 LGBTQ-Athleten, die in Japan am Start sind. Sie alle bekennen sich offen zu ihrer sexuellen Ausrichtung. In London 2012 waren es erst 23 und in Rio 2016 56. Das in den USA domizilierte Portal schliesst nicht aus, dass es noch weitere gibt, die man bis jetzt nicht auf dem Radar hatte.
Eindrücklich ist auch die Erfolgsbilanz. «Team LGBTQ» hat gemäss Outsports bislang 19 Medaillen gewonnen (Stand Sonntag), also mehr als die erfolgsverwöhnte Schweiz. Teamsportarten zählen dabei als eine Medaille, was etwa die vier lesbischen Spielerinnen betrifft, die mit Neuseeland den Rugby-Olympiasieg geholt haben.
Ausgerechnet in Japan, wo Homosexualität ein heikles Thema ist und gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht legalisiert werden können, scheint der LGBTQ-Sport seinen olympischen Durchbruch zu erleben. Dies zeige, «wie weit wir mit der Integration im Sport gekommen sind», meinte der kanadische Schwimmer Marcus Thormeyer gegenüber Outsport.
Mit einigen LGBTQ-Medaillen sind zudem Emotionen und spezielle Geschichten verbunden. Da wäre die Leichtathletin Yulimar Rojas aus Venezuela, die im Dreisprung triumphierte und einen Uralt-Weltrekord übertraf. Oder die französische Judoka Amandine Buchard, die Silber in ihrer Einzelkategorie bis 52 kg und Gold mit dem Mixed-Team gewann.
Da wären der britische Wasserspringer Tom Daley und die neuseeländische Ruderin Emma Twigg, die beide an ihren vierten Olympischen Spielen erstmals Gold gewannen. Daley siegte zusammen mit Matty Lee im Synchronspringen vom 10-Meter-Turm. Ihnen gelang dabei das Kunststück, die Dominanz der Chinesen in dieser Sportart zu durchbrechen.
Daley sorgte danach nicht nur mit seinem emotionalen Auftritt an der Pressekonferenz für Aufsehen, sondern auch durch seinen Umgang mit Wolle und Stricknadeln auf der Tribüne. Speziell ist auch die Geschichte von Emma Twigg. Der Sieg im Skiff war nicht nur ihre erste Medaille überhaupt, die Spiele in Tokio sind die ersten seit ihrem Coming-Out.
Da wäre die US-Kugelstösserin Raven Saunders, die nicht nur mit ihren schrillen Outfits für Furore sorgte. Bei der Siegerehrung protestierte die Silbermedaillengewinnerin mit einer eindeutigen Geste gegen Diskriminierungen aller Art, was prompt eine Untersuchung durch die «Tugendwächter» des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zur Folge hatte.
Da wäre der Frauenfussball, der mit mehr als 40 Athletinnen auf der LGBTQ-Liste von Outsports am stärksten vertreten ist. Der bekannteste Name ist Megan Rapinoe. Die Amerikanerin ist mit ihrem Engagement für LGBTQ-Rechte und gegen Rassismus über die Sportszene hinaus je nach Standpunkt zum Vorbild oder Feindbild geworden.
In Tokio gehört die Aufmerksamkeit aber einem Mitglied des kanadischen Teams, das am Freitag den Final gegen Schweden bestreiten wird. Quinn ist die erste nichtbinäre Person, die an Olympia teilnimmt. Ihre Story ähnelt jener der neuseeländischen Trans-Gewichtheberin Laurel Hubbard, deren Start im Tokio umstritten war.
Und da wäre auch die polnische Ruderin Katarzyna Zillmann, die ihr Coming-Out unmittelbar nach dem Gewinn der Silbermedaille im Doppelvierer hatte. Sie widmete den Erfolg ihrer Partnerin, einer Kanutin. Pikant daran ist, dass Polen von der nationalkonservativen Partei PiS regiert wird und letztes Jahr als LGBTQ-feindlichstes EU-Land eingestuft wurde.
Die Schützin Aleksandra Jarmolinska lief bei der Eröffnungsfeier in Tokio demonstrativ mit einer Regenbogenmaske ein. Staatspräsident Andrzej Duda, der im Kampf um seine Wiederwahl letztes Jahr LGBTQ als «Ideologie» bezeichnet hatte, brauchte 24 Stunden, bis er den Ruderinnen zu Silber gratulierte. Zu Zillmanns Coming-Out verlor er kein Wort.
Man könnte weitere Namen erwähnen, etwa die Amerikanerin Hannah Roberts, die im BMX Freestyle Zweite wurde, vor der Schweizerin Nikita Ducarroz. Oder die italienische Bogenschützin Lucilla Boari, die nach dem Gewinn der Bronzemedaille im Einzelwettkampf von der Casa Italia mit einer Glückwunsch-Botschaft ihrer Freundin überrascht wurde.
Was bei dieser Aufzählung sofort auffällt: Es handelt sich fast ausnahmslos um Frauen. Das ist kein Zufall. In der LGBTQ-Liste von Outsports sind sie mit 8:1 gegenüber den Männer krass in der Überzahl. Offensichtlich haben Frauen mit dem Coming-Out wesentlich weniger Mühe als Männer, was wiederum nicht sonderlich überrascht.
Schweizerinnen oder Schweizer findet man übrigens auch keine. Das mag Zufall sein, könnte aber auch etwas aussagen über ein Land, das die «Ehe für alle» später einführen wird als manches Land in Europa – sofern das Stimmvolk am 26. September Ja sagt.
Wer macht mehr für LGBTQIA Menschen?
Wer immer wieder solche Berichte bringt, also extra erwähnt, dass 4 Frauen vom Rugby Team aus Neuseeland lesbisch sind oder andere, die kein Wort darüber verlieren, weil es einfach alles ganz normale Menschen sind.
Ich persönlich finde jetzt das die sexuelle Orientierung egal ist und man sie deshalb nicht immer wieder extra erwähnen muss.
Soll man in Zukunft auch schreiben wer hetero ist?
Allerdings sehe ich Sexualität als Privatsache und interessiert mich bei anderen Menschen 0%, sofern ich keine Intimitäten austauschen möchte.
Ich persönlich hätte es lieber wenn die Sexualität im Sport kein Thema wäre und ja, auch nicht bei Heteros.