Beide Kombinationen an der Ski-WM – gestern bei den Frauen und heute bei den Männern – verkamen zu einer grossen Farce. Mehrere hochkarätige Athletinnen und Athleten liessen nach einem Auftritt im Super-G den zweiten Teil des Allrounder-Wettbewerbs, den Slalom, sausen. Das Medaillen-Rennen wurde von den grossen Namen lediglich für ein wettkampfmässiges Super-G-Training genutzt, um sich einen Vorteil für die kommenden Rennen zu verschaffen.
Heute waren das etwa Aleksander Kilde, Stefan Rogentin, Dominik Paris, Vincent Kriechmayr, James Crawford oder Marco Odermatt. Der Schweizer Superstar wäre den Slalom auch dann nicht gefahren, wenn er im Super-G korrekt ins Ziel gekommen wäre. Gestern bei den Frauen gehörten neben Lara Gut-Behrami auch Ragnhild Mowinckel, Ilka Stuhec, Tessa Worley, Alice Robinson, Sofia Goggia und Cornelia Hütter zu den «Schwänzern».
Bei den Fans ist die Enttäuschung und der Frust gegenüber Odermatt und Gut-Behrami riesig. Der einhellige Tenor lautet: «Warum nimmt man einer anderen Fahrerin die Chance auf einen WM-Start, um jemand anderem eine Trainingsfahrt zu ermöglichen?».
Der Fehler liegt aber nicht bei den Athletinnen und Athleten. Die Nominationen für die jeweiligen Rennen nehmen die Trainer des Schweizer Verbands Swiss-Ski vor. Und doch darf man auch ihnen keinen Vorwurf machen. Ihre Aufgabe ist es, das eigene Lager bestmöglich auf die Rennen vorzubereiten, damit am Ende möglichst viele Medaillen rausschauen. Und wenn die Konkurrenz in der Kombination Super-G trainiert, muss die Schweiz gezwungenermassen nachziehen.
Würden Gut-Behrami oder Odermatt ohne ein solches «Training» im Super-G eine Medaille knapp verpassen, hiesse es, man habe die Chance verpasst, die Kombination dafür zu nutzen. Zumal es kaum andere Fahrerinnen und Fahrer gibt, die in der Kombination eine Medaillenchance gehabt hätten. Aber Trainer und Athleten zu kritisieren, weil sie sich bestmöglich auf einen Event vorbereiten wollen, ist lächerlich.
Es ist der Weltverband FIS, der die Schuld an der ganzen Farce trägt und die Hebel ansetzen müsste. Eigentlich wäre es ganz einfach: Wenn die Super-G-Rennen im Programm vor der Kombination angesetzt gewesen wären, hätte es keinen Anreiz gegeben, diese als Training zu nutzen.
Die FIS ist auch dafür verantwortlich, dass die Kombination das aktuelle Schattendasein fristet. 2021 wurde sie aus dem Weltcup-Programm gekippt, um während der Coronavirus-Pandemie die Techniker und Speed-Spezialisten nicht zu vermischen. Seither wurde sie nicht wieder eingeführt, obwohl 2020 bei den Männern und Frauen noch je drei Kombis stattfanden. Der aktuelle Modus, wo die schnellsten im Speed-Bewerb auch zuerst in den Slalom starten, ist zwar fairer, aber nimmt dem TV-Produkt auch früh jegliche Spannung. Auch hier trägt die FIS die Verantwortung.
Um ähnliche Farce-Rennen künftig zu verhindern, bleiben der FIS nur wenige Optionen. Entweder die Verantwortlichen versuchen, die Kombination wieder attraktiv zu machen und gestalten das WM-Programm entsprechend. Oder sie gestehen sich ein, dass es eine sterbende Disziplin ist und streichen sie künftig auch an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen.