Eines der ersten Bilder aus dem Fussball, an das ich mich erinnern kann, ist ein weinender Cristiano Ronaldo, gerade 19 Jahre alt, auf dem Platz. Soeben hat er den EM-Final 2004 gegen Griechenland verloren, schon im Eröffnungsspiel sah ich ihm zu, wie er auf der ganz grossen Fussballbühne debütierte. Da war ich noch nicht einmal sieben Jahre alt.
Zwei Jahre später erblickte dann ein weiterer vielversprechender Junior die grossen Scheinwerfer eines internationalen Turniers. Die ganze Fussballwelt schwärmte von «La Pulga», diesem «Zauberfloh», der alle mit seinem Ballgefühl und Talent in den Bann ziehen würde. Es war der Argentinier Lionel Messi. Meine Freunde und ich klebten ihn in unsere Panini-Alben, aber vor allem wollten wir ihn spielen sehen.
Dann im zweiten Gruppenspiel gegen Serbien und Montenegro kam er zu seinem ersten grossen Auftritt. In der 75. Minute eingewechselt, brauchte er keine Viertelstunde für seinen ersten Assist und sein erstes Tor. Ich kann mich noch immer an das Spiel erinnern, wie es lang und breit diskutiert wurde, wegen eines Tores, dem eine lange Passstafette vorherging, und natürlich wegen dieses 18-jährigen Supertalents.
Spätestens mit dem «Sommermärchen» und der WM 2006 bin ich dem Fussball verfallen – und auch diesen beiden Jugendlichen, die den Fussball jahrelang prägen sollten. 17 Jahre lang habe ich mit den beiden gejubelt, gezittert und mitgefiebert. Habe mich gefreut, als Ronaldo mit Manchester United 2008 die Champions League gewann und als es ihm Messi im Jahr darauf mit Barcelona gleichtat. Habe mich geärgert, als der Argentinier im Halbfinal der «Königsklasse» 2010 an diesem Anti-Fussball spielenden Inter Mailand scheiterte. Und war enttäuscht, als Ronaldo 2009 zu Real Madrid wechselte.
Weil meine Familie kurzzeitig in der Nähe von Barcelona wohnte, hielt ich beim «Clásico» immer zu Barça. Doch plötzlich ging es nicht mehr nur um «Barça oder Real?», sondern auch – oder viel mehr – um «Ronaldo oder Messi?». Mit dem Transfer des Portugiesen zu den «Königlichen» begann die Rivalität zwischen den beiden so richtig.
Für viele Fans wurde die Diskussion, wer nun der bessere sei, giftig. Ich fand dies immer schade. Obwohl ich stets der Ansicht war, dass Messi insgesamt der bessere Fussballer ist, bewunderte ich Ronaldo für seinen unbändigen Willen, seine Wucht und vor allem die Fähigkeit, gefühlt in jedem wichtigen Spiel das entscheidende Tor für sein Team zu erzielen. Was Ronaldo mit Real Madrid und den drei aufeinanderfolgenden Champions-League-Triumphen geschafft hat, wird ihm möglicherweise nie jemand nachmachen. Zwischen 2012/13 und 2017/18 wurde er zudem sechsmal in Folge Torschützenkönig in der «Königsklasse».
Ebenso wenig wird es wohl nochmal einen Spieler geben, der das Spiel so spielt wie Messi. Dieses mit seiner Leichtfüssigkeit in jeder Aktion zu beeinflussen und zu dirigieren. Mit der Fähigkeit, ohne grosse Tricks innert Sekundenbruchteile mehrere Gegenspieler stehenzulassen. Und im entscheidenden Moment die richtige Lücke zu finden oder den Ball mit einem Kunstschuss im Tor unterzubringen. Auch er war sechsmal Torschützenkönig der «Königsklasse», einmal erzielte er 50 Tore in einer La-Liga-Saison.
Sowohl Ronaldo als auch Messi brachten unfassbare Leistungen, brachen Rekord um Rekord und trieben sich gegenseitig immer wieder zu Höchstleistungen an. Ich durfte dabei wie Millionen, wenn nicht Milliarden, anderer Fussballfans zuschauen, staunen, jubeln, zittern und weinen.
Dass beide – Ronaldo mit der EM 2016 und Messi sechs Jahre später an der WM – ihre Karriere auch international krönen konnten, war da nur passend und berührte mich auch emotional. Weil es beiden anzusehen war, wie viel ihnen der Triumph mit dem Heimatland trotz aller Erfolge im Klubfussball bedeutete.
Nun endet diese Ära. Mit dem Weggang des 35-jährigen Messi von PSG zu Inter Miami ist erstmals seit 2002 keiner der beiden in Europa engagiert. Weg von der ganz grossen Bühne. Einen Fussball ohne Messi und Ronaldo kenne ich nicht. Noch nicht.
Doch ich werde mich wie viele andere daran gewöhnen müssen. Nun ist Zeit für die nächste Generation. Mit Erling Haaland, Kylian Mbappé, Jude Bellingham oder auch Vinicius steht diese längst bereit. Dass es noch einmal eine Zeit geben wird wie jene von Ronaldo und Messi, ist schwer vorzustellen. Doch hätte ich mir vor 19 Jahren, als ich mit dem weinenden Ronaldo getrauert habe, oder vor 17 Jahren, als ich den zaubernden Messi bestaunt habe, auch nie ausmalen können, was folgen sollte.
PS: du hast Zlatan vergessen 🤨😂