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Reitergeneral Andy Kistler hat die unpopulärste aller Varianten gewählt. Janika Sprunger darf nicht um eine Medaille reiten. Gegen die Frau. Für die Männer. Steve Guerdat, Romain Duguet und Martin Fuchs sind nominiert.
«Es war ein schwieriger Entscheid. Alle vier hätten es verdient gehabt, um die Medaillen zu reiten», sagt der Equipenchef. «Ausschlaggebend war schliesslich das Abschneiden der Paare in der Nationenwertung vom Dienstag und Mittwoch». Fuchs und Duguet hatten sich in diesen Tagen je fünf Strafpunkte eingehandelt, Sprunger und Guerdat je neun Punkte. «Für mich war jedoch klar, dass Guerdat die Chance erhalten soll, seinen Titel von London 2012 zu verteidigen»
Zur Erklärung: In den drei bisherigen Ritten (Qualifikation plus zwei Durchgänge im Mannschaftswettkampf) waren alle vier punktgleich gewesen. Daher die heikle, einmalige Ausgangslage.
Den Entscheid hatte Andy Kistler kurz nach dem Mannschaftswettkampf noch in den Stallungen seinem Team mitgeteilt. Auch auf Druck der Beteiligten. Damit sich die nominierten besser auf das Einzelspringen vorbereiten und einstellen können. Die offizielle Bestätigung folgte jedoch erst am Donnerstagvormittag, nach dem «Vortraben» der Pferde. Ein letztes Mal wird geprüft, ob die edlen Tiere bereit sind und dann wäre im Falle eines Falles noch eine Korrektur des Aufgebotes möglich.
In der Zwischenzeit hatte Janika Sprunger ihre Enttäuschung schon längst Facebook anvertraut. Dafür hat Andy Kistler Verständnis. «Sie hätte sich eigentlich daran halten sollen, dass der Entscheid noch intern bleibt. Aber grosse Sportlerinnen und Sportler sind enttäuscht, wenn sie ein Ziel nicht erreichen. Das muss so sein.» So lange es als Reaktion nicht zu einer persönlichen Beleidigung komme, sei alles in bester Ordnung.
Dass Equipen-Coach Thomas Fuchs nicht nur der Vater des nun nominierten Martin Fuchs ist, sondern darüber hinaus der persönliche Trainer aller drei nominierten Reiter ist, macht den Entscheid brisant. Der Entscheid bekommt den Schwefelgeruch von Vetternwirtschaft und befeuert die Kritiker, die hinter vorgehaltener Hand monieren, der wahre Reitergeneral sei ja eigentlich Thomas Fuchs und Andy Kistler bloss sein «Stabschef», seine «Marionette».
Der Entscheid also ein Skandal? Nein. Leider nein, aus der Sicht eines boshaften Chronisten. Andy Kistler liefert durch die höhere Bewertung der zwei Durchgänge im Mannschafts-Wettbewerb eine fachlich einwandfreie und diplomatisch kluge Begründung. Dass beim Entscheid Thomas Fuchs mit seiner sportlichen Kompetenz beteiligt war, ist logisch und wird vom Equipenchef auch nicht bestritten.
Andy Kistler trägt alles Gerede mit Grandezza. «Damit kann ich leben. So ist das halt bei einer Enttäuschung und wenn ich anders entschieden hätte, gäbe es ähnliche Reaktionen von der anderen Seite.» Auch Hansueli Sprunger, der Vater von Janika, akzeptiert den Entscheid. «Janika ist sehr enttäuscht. Es ist ein harter Entscheid. Aber das gehört zum Sport.» Gentlemen prägen den Reitsport. So einfach lässt sich keiner zu einer Polemik hinreisen.
Janika Sprunger kommt aus einem grossen, sportbegeisterten Familienclan. Zu ihren 53 Cousins und Cousinen gehören die Geschwister Lea und Ellen Sprunger, die hier in Rio auch olympische Niederlagen erlitten haben. Lea schied über 400 m Hürden bereits im Vorlauf aus und Ellen mit der 4x100 m-Staffel ebenfalls im Vorlauf.
Am dramatischsten ist jedoch das Scheitern bei einem entfernten Verwandten, bei Janika Sprungers Klein-Cousin Julien Sprunger. Er ist einer der grössten Schweizer Hockeyspieler der letzten 25 Jahre. Aber auch ihm blieb bisher ein Triumph auf höchstem Niveau versagt. Mit Gottéron erreichte er zwar den Playoff-Final gegen den SC Bern – aber zum Titel reichte es nicht.
Gottéron ist noch nie Meister geworden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Janika Sprunger nun halt in vier Jahren eine olympische Medaille gewinnt, ist im Quadrat grösser als ein Meistertitel von Gottéron.