Der Schlussgang hätte auf beide Seiten kippen können, denn auch Aeschbacher hatte gute Momente, in denen er nahe an die Entscheidung kam. In der 13. Minute folgte der entscheidende Angriff. Wicki leerte den Gegner übers Knie ab. Er hatte gegen Aeschbacher bereits schon im 6. Gang gewonnen - dort schneller und deutlicher.
Joel Wicki, als einer der ersten Favoriten nach Samuel Giger gestartet, räumte mit seinem grossartigen Triumph vor über 50'000 Zuschauern in der Arena in Pratteln mit zwei Altlasten auf: mit einer eigenen und mit einer des Innerschweizer Verbands.
Vor drei Jahren in Zug griff Wicki schon nach der Königskrone, bevor er im Schlussgang nach nur gerade 40 Sekunden von Christian Stucki platt ins Sägemehl geworfen wurde. In Pratteln zeigte er nicht nur von A bis X, sondern von A bis Z mit bedingungsloser Offensive einen tollen Wettkampf. Die für ihn unerfreulichen Erlebnisse von vor drei Jahren scheint er bestens verarbeitet zu haben.
Die ganze Innerschweiz wird sich über ihren König freuen, auch für sich selbst. Obwohl sie der mit Abstand grösste der fünf Teilverbände im ESV sind, stellten die Innerschweizer bislang nur einen einzigen Schwingerkönig in der 1895 begonnenen Geschichte der Eidgenössischen Feste. Es war Heinrich «Harry» Knüsel, der 1986 in Sitten im Schlussgang Ernst Schläpfer bodigte.
Mit Joel Wickis Triumph endet auch die Serie von Berner Schwingerkönigen. Seit 2010 brachten nacheinander Kilian Wenger, Matthias Sempach, Matthias Glarner und Christian Stucki den Siegermuni ins Bernbiet. Es ist das erste Mal seit 1983, dass ein Berner Schwinger einen eidgenössischen Schlussgang gegen einen Schwinger aus einem anderen Verband verliert. Damals unterlag Niklaus «Chlöisu» Gasser dem Appenzeller Ernst Schläpfer.
Joel Wicki ist mit seinen 183 Zentimetern zum Teil deutlich kleiner als die meisten heutigen Topschwinger. Aber er macht dieses Manko mit einer einem grossen Ehrgeiz, einer unbändigen Kraft und einem breiten, muskulösen Oberkörper wett. Er verfügt zudem über ein sehr breites technisches Repertoire. Dies gilt jedoch in der heutigen Zeit für die meisten Schwinger von Wickis Können.
Der Topfavorit Samuel Giger hätte nach dem für ihn enttäuschend verlaufenen Fest am Schluss noch den Festsieg (und eventuell den Königstitel) erben können, wenn der Schlussgang unentschieden ausgegangen wäre. Aber der Thurgauer liess sich zuletzt vom routinierten Emmentaler Thomas Sempach in einen Gestellten zwingen.
Giger ist also zum zweiten Mal an einem Eidgenössischen gescheitert, zu dem er als Favorit gestartet war. In Pratteln war er nach seinen brillanten letzten zwei Saison sogar der haushohe Favorit. Aber wie in Zug 2019 waren Gigers Chancen schon nach dem 3. Gang praktisch weg. Vor allem die Niederlage gegen den Freiämter Joel Strebel überraschte alle.
Nicht besser als Giger schnitten die weitere Nordostschweizer Mitfavoriten ab: Armon Orlik, Werner Schlegel und der Kilchberger Sieger fielen ebenfalls vorzeitig aus der Entscheidung.
Wäre der Schlussgang unentschieden ausgegangen, hätten sich drei andere, unter sich punktgleiche Schwinger (Fabian Staudenmann, Nick Alpiger und Domenic Schneider) an den beiden Schlussgängern vorbeigeschlichen. Es wäre in diesem Fall unmöglich gewesen, einen Schwingerkönig auszurufen. Die Schweiz drei Jahre lang ohne König – es wäre das unverdiente Desaster für das grossartige Fest gewesen. (pre/sda)
Was muss das für ihn für eine Genugtuung sein, nach dem in Zug verlorenen Schlussgang.
In einem der besten Schlussgänge der letzten Jahre ein verdienter König, der den im Schlussgang ebenbürtigen Aeschbacher am ESAF 2x bezwang.
Auch wenn es uns Bernern weh tut, ich mag es Wicki gönnen.