«Ä geile Siech ist er halt doch» – aber Dominique Aegerter fährt hinterher
Charisma hat er noch immer. Ein Zaungast aus der Schweiz, der Dominique Aegerter am Abend des ersten Tages der neuen Saison hier in Katar im Fahrerlager getroffen hat, sagt: «Aber ä geile Siech ist er halt doch.»
Ja, das ist er. Ein junger Mann, der es alleine gegen den Rest der Welt aufnimmt, ist schon mal ein Held. Zumindest für den Augenblick. Noch ist ja kein Rennen der Saison 2018 verloren.
Die Hoffnung auf einen Spitzenplatz ist nach dem ersten Trainingstag der Saison nicht grösser geworden. Der Lichtstrahl nach dem ersten freien Training am Vormittag (11.) ist am Abend nach dem zweiten freien Training wieder erloschen.
Rang 20. Langsamer als vor einem Jahr. Es ist ein Schritt zurück auf Feld eins. Vor sieben Jahren, beim ersten Rennen zur Moto2-WM stand Dominique Aegerter auf dem 20. Startplatz. Aber da war er noch wohlbehütet in einem professionellen, ausfinanzierten Team und er musste sich nur darum kümmern, schnell zu fahren. Auch jetzt gehört er zu einem Team. Aber die Finanzierung muss er diese Saison zusammen mit seinem Manager Dr. Robert Siegrist erstmals zum grössten Teil selber organisieren.
Wenn jeder auf sich selbst schaut
Wenigstens hat Dominique Aegerter für den ernüchternden Auftakt eine gute Ausrede. «In der letzten Runde haben mich langsamere Fahrer auf der Ideallinie aufgehalten und ich konnte mich nicht mehr verbessern.»
Auf den Einwand, er könnte ja schon früher attackieren und nicht bis am Schluss zuwarten, sagt er fast resignierend: «Ich kann erst angreifen, wenn ich ein gutes Gefühl habe. Dieses Gefühl hatte ich erst gegen Schluss des Trainings.»
Die Abstimmung der Maschine war, ist und bleibt das Problem. Nun zeigt sich: Hilfe bekommt er von aussen nicht. Er teilt hier in Katar die Box zwar mit den beiden anderen KTM-Kundenpiloten Sam Lowes (2.) und Iker Leguona (23.). Ein Austausch der Daten könnte viel helfen. Aber den Austausch gibt es nicht. «Das ist halt die Politik von KTM. Die Daten der anderen Fahrer werden nicht herausgegeben. Jedes Team muss für sich selber schauen.»
Die meisten Töffstars (auch Valentino Rossi) arbeiten mit Fahrlehrern (sog. Riding Coaches), die am Streckenrand stehen, TV-Aufnahmen analysieren, den Fahrern helfen, die Ideallinie, die Bremspunkte und die richtige Sitzposition auf dem Motorrad zu finden und als Gesprächspartner und Mentaltrainer auch das Selbstvertrauen stärken. Legendär war etwa der Brite Andy Ibbott, der als Fahrlehrer in Tom Lüthis Weltmeister-Saison 2005 eine wichtige Rolle spielte.
Manager Robert Siegrist zerstreut die Legende, KTM liefere «nur» letztjährige Maschinen und nicht die 2018er-Version. «Die Abänderungen für die 2018er Version sind völlig unerheblich und in erster Linie auf KTM-Werkspilot Brad Binder zugeschnitten. Wir bekommen von KTM alle technischen Neuerungen und wir haben auch die neue Verschalung bereits erhalten. Wir können sie nur hier in Katar nicht einsetzen, weil wir die Werbung noch nicht aufgeklebt haben.» (kza)
Vor einem Jahr schaffte Dominique Aegerter die beim Saisonauftakt dritte Startreihe (7. im Abschlusstraining). Für eine solche Klassierung würde er ein Königreich hergeben. «Das Rennen ist lang und dann zählen Kampfgeist und Ausdauer. Aber wenn ich eine Klassierung in den Top Ten will, muss ich mich im Abschlusstraining verbessern.»
Vor einem Jahr holte er aus der 3. Startreihe heraus am Ende «nur» Rang 11. Das war eine leise Enttäuschung. Jetzt würde Dominique Aegerter für einen 11. Platz blind unterschreiben.
