Muni Max ist schon jetzt der König des ESAF: Nun wird über seine Zukunft gestritten
Fünf Tage dauert es noch, bis das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest in Mollis beginnt. Aber eigentlich steht der neue König schon fest: Max.
Max ist der eindrucksvolle Holz-Muni, der auf dem Festgelände in Mollis steht. Und seither die Menschen fasziniert. «Max hat sich innert weniger Tage zum Wahrzeichen im Glarnerland entwickelt», sagt ein Einheimischer, «es sind einfach alle begeistert.»
Sogar die Politik hat Max entdeckt. Als die FDP letzte Woche ihr künftiges Führungsduo Susanne Vincenz-Stauffacher und Benjamin Mühlemann vorstellt, posieren die beiden vor Max. Womit der Holz-Muni in der Hauptausgabe der «Tagesschau» über die TV-Bildschirme flimmert. Gut möglich, dass es nicht der letzte prominente Auftritt ist. Denn eine Frage ist ungelöst: Was passiert mit Muni Maxi nach dem Eidgenössischen? Eine Aufarbeitung in fünf Kapiteln.
Die Zukunft: Was, wenn aus Muni Max ein Restaurant wird?
Stefan Müller ist Projektleiter der «Holzvision Max». Wer mit ihm spricht, spürt in seiner Stimme in jeder Sekunde die Freude und den Stolz auf die Resonanz, die Max ausgelöst hat. «Das Echo ist gewaltig. Wir haben gehofft, dass er etwas auslöst. Aber so? Das hat die kühnsten Erwartungen übertroffen – und zur einen oder anderen Freudenträne geführt.»
Wohin kommt Max? «Das ist tatsächlich gerade die Frage, die mir am meisten gestellt wird», sagt Müller. Eine Antwort darauf gibt es aller Voraussicht nach am nächsten Samstag. Bis am Mittwoch um Mitternacht können Interessierte ihre Ideen einreichen – wobei das Konzept so gestaltet sein muss, dass es bewilligungsfähig und auch mit einer Finanzierungsgarantie ausgestattet ist.
Möglich, dass aus Muni Max künftig eine Erlebniswelt wird. Inklusive Restaurant, inklusive Lift, der einen durch die Vorderbeine ins Innere und auf die Terrasse auf dem Rücken von Max bringt. Vielleicht in Braunwald. Doch in Glarus geht die Angst um, dass Muni Max wegzieht. Schliesslich läuft es auf ein Bieterverfahren hinaus. Das beste Konzept gewinnt – aber auch das Geld ist ein entscheidender Faktor. Politik und Wirtschaft des Kantons sind in Aufruhr. Seit Ende Woche gibt es ein Crowdfunding, um den Wegzug zu verhindern. Auf muni-max.ch kann man sich finanziell am Projekt Braunwald beteiligen.
Die Idee: Was, wenn Muni Max grösser als der Berg ist?
Zwischen 4. und 7. August wurde Muni Max in Mollis auf der Flugpiste aufgebaut. Er wurde sofort zum Publikumsmagneten. Tausende Menschen besichtigen ihn seither – jeden Tag. Die Dimensionen sind eindrücklich. Fürs Vorstellungsvermögen helfen ein paar Zahlen: 182 Tonnen schwer. 21 Meter hoch. 4440 Einzelteile. 1200 Kubikmeter Schweizer Rundholz. 18'727 Schrauben. 3,6 Millionen Franken hat das Gesamtprojekt gekostet. Über 220 Firmen in der Ostschweiz waren beteiligt, auch 500 Lernende.
Aber wie ist die Idee «Muni Max» eigentlich entstanden? «Es braucht ein paar Spinner, die zusammenfinden», sagt Müller. Am Anfang steht der «Säntis Innovations-Cluster Holz». 40 Mitglieder umfasst der Förderverein. Das Ziel: Lokale Firmen, die mit Holz arbeiten, tauschen sich aus. Alle zwei Monate findet ein Treffen statt, meist in der Blockhütte Mogelsberg. Bei Wurst und Bier werden Ideen gewälzt.
.... ist 182 Tonnen schwer
.... ist 36,25 Meter lang, 21.3 Meter hoch, 9,75 Meter breit
.... besteht aus rund 4400 Einzelteilen, die wiederum zu 437 vorgefertigten Elementen gebaut wurden
.... wurde mit 18'727 Schrauben zusammengeschraubt
... besteht aus 1200 Kubikmeter Tannen- und Fichtenholz
... wurde in 3,5 Tagen aufgebaut zwischen 4. und 7. August
... ist als Idee im Jahr 2021 entstanden
.... 220 Unternehmen aus der Wald- und Holzwirtschaft sind beteiligt.
... Über 500 Lernende haben mitgewirkt.
... hat als Gesamtprojekt 3,6 Millionen Franken gekostet (und sehr viele Stunden Fronarbeit mit dazu).
2021 kommt die Frage auf: Was können wir tun für das Eidgenössische in Mollis? Etwas, das Gabentempel und Schwingerbar vereinen könnte. Die Idee Max ist geboren. Einer sagt im Spass: «Wenn wir einen Holz-Muni bauen, dann so, dass der Berg im Hintergrund nicht mehr zu sehen ist.» Gesagt, getan.
Die Skepsis: Was, wenn Muni Max den Vorwurf «Gigantismus!» auslöst?
Aber wer gross denkt, stösst auf Widerstand. Das müssen auch die Initianten von Muni Max feststellen. Projektleiter Müller erinnert sich: «Eigentlich hat uns Max niemand zugetraut. Im Gegenteil. Manch eine Stimme sagte: » Auch in der Zusammenarbeit mit dem Organisationskomitee des Eidgenössischen gilt es, Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Sorge: Was, wenn plötzlich von «Gigantismus» die Rede ist? Das will niemand.
Darum übernehmen die Unternehmen aus der Holzwirtschaft auch den Grossteil der Kosten von 3,6 Millionen Franken für das Projekt. Das Eidgenössische stellt den Standort gratis zur Verfügung, beteiligte sich jedoch nicht an den Kosten von Muni Max.
Logisch, ist fortan eine Frage wichtig: Wie können wir einen Teil des Geldes wieder hereinholen? Allein, zu diesem Zeitpunkt ist Max erst ein Projekt. Noch kann ihn niemand in seiner ganzen Pracht bewundern. Auch darum ist das Interesse an ihm «überschaubar», wie sich Müller erinnert. Auch im Kanton Glarus. «Aus 10 Tagen werden 720», so lautete die erste Idee. Ein Jahr davor und ein Jahr übers das Eidgenössische hinaus hätte Max im Glarnerland stehen bleiben sollen. Der Kanton wollte nicht. Eine nächste Idee: Muni Max geht auf die Alp. Die Schwägalp ist interessiert. Es würde passen, weil die Seilbahn 2026 erneuert wird. Aber auch hier kommt der Deal nicht zustande. Die Schwägalp würde Max nur ausleihen wollen, aber nicht fix für zehn Jahre übernehmen.
Der Angst: Was, wenn Muni Max in einen Nachbarkanton zieht?
Zu diesem Zeitpunkt ist noch nicht absehbar, dass Max zum Phänomen wird. Einer, der das ahnt, ist Michael Ladwig. Der pensionierte Ingenieur ist seit 2021 Ferienhausbesitzer in Braunwald. Als er 2024 an einem Vortrag in der Region erstmals von Muni Max hört, steht für ihn sofort fest: Max muss nach dem Eidgenössischen nach Braunwald.
Anruf bei Ladwig. «Entschuldigen Sie mein Schnaufen», ruft er als Erstes ins Telefon. Ladwig befindet sich gerade auf einer Wanderung in Lappland. Ein halbes Jahr dauert die Reise, die er mit seiner Frau unternimmt. «Das Büro habe ich aber dabei, ich bekomme das meiste mit, was läuft», sagt er.
Es ist einiges. Denn es kommt Bewegung in die Frage zur Zukunft von Max. Ladwigs erste Vision, Max rund um das Gletti-Moor aufzustellen, stösst auf Widerstand von Umweltverbänden. Weil das Moor in der Landwirtschaftszone steht. «Schade!», sagt Ladwig dazu, «aber in der Schweiz sind wir ja Weltmeister im Suchen von Kompromissen. Das tun wir jetzt. Und ich bin zuversichtlich, dass es gelingt. Aber wir sind noch nicht über den Berg.»
Spätestens, als Gerüchte aufkommen, Interessenten aus Uri wollen Muni Max als Symbol für den Uri-Stier auf dem Oberalppass aufstellen, wird die Nervosität im Kanton grösser. Viele Glarnerinnen und Glarner denken sich: Samih Sawiris braucht nicht auch noch den Muni Max ...
Andreas Luchsinger ist Landrat der Mitte. Zusammen mit zwei Kollegen aus dem Landrat hat er vor knapp zwei Wochen bei der Regierung eine Interpellation eingereicht. Zentrale Frage: Was kann der Kanton tun, um den «heimlichen Star» des Eidgenössischen im Kanton zu behalten. Am Telefon sagt Luchsinger: «Lange wurde gar nicht darüber gesprochen, was mit Max passiert. In den letzten Wochen sind einige Ideen entstanden. Aber das Glarnerland kam dabei ‹unter ferner liefen›. Jetzt sind wir im Gespräch – und müssen alles daransetzen, dass dieses Monument bei uns bleibt.»
Die Frage: Was, wenn Muni Max selbst reden könnte?
Simone Eisenbart ist Geschäftsführerin der Glarner Wirtschaftskammer. «Sie hören in meiner Stimme, dass Muni Max eine emotionale Geschichte ist», sagt sie bald einmal. Und weiter: «Alle, die ihn schon gesehen haben, haben sich ein bisschen verliebt. Er gehört schon zu uns. Er ist so etwas wie die Medaille, die wir in Glarus für all die tolle Arbeit rund um das Eidgenössische verdient hätten.» Die Botschaft ist klar: Max soll bleiben. «Und zwar an einem Ort, wo er Wertschöpfung bringt – nicht einfach an einem Bahngleis oder Kreisel, wo die Leute vorbeifahren.»
Womit wir wieder bei Michael Ladwig sind. Mittlerweile hat er für sein Projekt einen neuen Standort in der Tourismuszone vorgelegt. Es sähe vor, Max zu einem Restaurant umzubauen. Die Signale der Umweltverbände sind positiver. Rahel Marti, Co-Geschäftsleiterin Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, sagt: «Muni Max entspricht einem sechsstöckigen Haus. So etwas muss man professionell planen. Wir wollen sicher nicht einfach verhindern oder verzögern, aber man muss schauen, dass Max gut in Landschaft und Natur eingebettet wird.»
Wie geht es weiter? Am Ende des Gesprächs wirft Simone Eisenbart noch diesen Gedanken in die Telefonleitung. «Ich bin sicher: Wenn Muni Max selbst reden könnte, würde er bei uns bleiben wollen. Wer auch immer Max vergibt, man möge bei allen Argumenten auch die emotionale Seite berücksichtigen.»
