«Fehlt an Bereitschaft und Breite» – Plaschy schlägt nach Schweizer Slalom-Fehlstart Alarm
Die Bilder vom Samstag und vom Sonntag gleichen sich. Schweizer Athletinnen und Athleten schütteln den Kopf, nachdem sie die Ziellinie überquert haben. Weiter oben als auf Platz 8 findet man das weisse Kreuz auf rotem Grund an diesem Slalom-Wochenende in Levi nicht.
Bei der Ouvertüre im Stangenwald glänzen andere. Mikaela Shiffrin dominiert die Konkurrenz nach Belieben und erhält im Norden Finnlands für ihren neunten Sieg ihr neuntes Rentier. Lucas Pinheiro Braathen sorgt dafür, dass die brasilianische Hymne zum ersten Mal im alpinen Skiweltcup bei einer Siegerehrung gespielt wird. Auf das Podest schaffen es auch Nationen wie Albanien oder Finnland, nur die Schweizer Flagge, die wird für einmal nicht gehisst. Im Nationenweltcup ist der Dominator der letzten Saison nach vier Rennen auf dem vierten Platz zu finden.
«Es fehlt an Bereitschaft und Breite»
Schaffte es bei den Frauen mit Wendy Holdener immerhin eine Athletin in die Top 10, stellte das Männerteam zum ersten Mal seit dem Saisonfinale 2022 in Courchevel/Méribel keinen Fahrer unter den besten 10. «Das ist Sport. Der Slalom ist eine komische Disziplin», sagte Tanguy Nef. Fakt ist, dass in keiner anderen Disziplin die Leistungsdichte so hoch ist wie im Slalom. Nirgends sonst gibt es so viele Spezialisten, die sich ausschliesslich auf eine Disziplin fokussieren. Fehler werden gnadenlos bestraft, auf einer vergleichsweise wenig selektiven Strecke wie in Levi umso mehr.
Ob der Auftakt nur ein Ausrutscher war oder ob sich die schlechten Resultate durch die Olympiasaison ziehen werden, wird sich zeigen. Ein Weckruf sei das Wochenende gewesen, sagte SRF-Experte Didier Plaschy. Der Walliser, der selbst im Weltcup aktiv war und zwei Rennen gewinnen konnte, ortet die Probleme an unterschiedlichen Stellen ein. Während ihm bei den Frauen «die Bereitschaft fehlt, ins Risiko zu gehen, fehlt bei den Männern die Breite».
Levi als schwieriges Pflaster
Bei den Frauen gab es im vergangenen Winter sechs Podestplätze im Slalom, je drei durch Wendy Holdener und Camille Rast, die auch an der WM auf dem Podest standen. Bei den Männern zeichnete Weltmeister Loïc Meillard für alle fünf Top-3-Klassierungen verantwortlich. Ziehen die Aushängeschilder mal einen schlechten Tag ein oder sind sie, wie die mit Hüftproblemen kämpfende Weltmeisterin Camille Rast, nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte, sollten andere in die Bresche springen. In Person von Mélanie Meillard (22.), die in der Vorsaison in acht von zehn Slaloms in die Top 10 fuhr und Tanguy Nef (21.), der bereits mehrfach am Podest geschnuppert hat, war dies am Wochenende nicht der Fall.
Fast noch enttäuschender war der Auftritt der dritten Garde. Am Samstag standen insgesamt zehn Schweizerinnen am Start. Obwohl Levi als gutes Pflaster für höhere Startnummern gilt, schafften nur Holdener, Rast und Meillard den Sprung in den zweiten Lauf. Bei den Männern gestern enttäuschten Ramon Zenhäusern, Marc Rochat und Luca Aerni auf ganzer Linie und verpassten den 2. Lauf deutlich.
«Die Tagesform ist entscheidend»
Mutmacher für Swiss-Ski: Levi ist für die Schweizer Athletinnen und Athleten generell ein schwieriges Pflaster. In der Weltcup-Station in Lappland stand noch nie eine Schweizerin oder ein Schweizer zuoberst auf dem Podest, erst sieben Mal in 38 Rennen wurde die Schweizer Fahne gehisst.
Am kommenden Wochenende geht es nach Gurgl, wo ein anderes Streckenprofil wartet, das mehr auf die Fähigkeiten der Schweizerinnen und Schweizer zugeschnitten ist. Gut möglich, dass der Wind zuhinterst im Ötztal dreht und wieder Bilder von jubelnden Schweizern zu sehen sein werden. Schliesslich geht es im Slalom sehr schnell von der einen in die andere Richtung. Das weiss kaum einer besser als Didier Plaschy, der sagte: «Auf diesem Niveau ist die Tagesform entscheidend.» (abu/sda)
