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Abfahrt in Beaver Creek: Das ist Speed-Talent Livio Hiltbrand

epa11915049 Livio Hiltbrand of Switzerland in action during the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Crans-Montana, Switzerland, 22 February 2025. EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT
Flugstunde mit Livio Hiltbrand in Crans-Montana.Bild: keystone

Speed-Talent Livio Hiltbrand – warum der Vergleich mit Franjo von Allmen hinkt

Der 22-jährige Simmentaler Livio Hiltbrand steht vor seiner ersten kompletten Abfahrtssaison im Weltcup und wird schon in einem Atemzug mit den Besten genannt.
04.12.2025, 16:5604.12.2025, 16:56
Rainer Sommerhalder / ch media

Ein Traumstart war es nicht. Das entspricht auch nicht seiner Herangehensweise. Der Berner Oberländer Livio Hiltbrand gilt im Schweizer Speedteam als grosser Hoffnungsträger. Zweimal in Folge hat der 22-Jährige zuletzt die Abfahrtswertung im Europacup gewonnen und sich damit einen Fixplatz im Weltcup erkämpft.

Sieben Rennen durfte Hiltbrand im vergangenen Winter auf höchster Stufe bestreiten – darunter die Klassiker in Kitzbühel und Wengen. Rang 17 weist er dabei als Bestresultat vor. Auf den ersten Blick irgendwie bescheiden für einen, der schon in jungen Jahren aufgrund seines Körperbaus und seines Fahrstils mit Beat Feuz verglichen wurde.

Abfahrer Livio Hiltbrand ist nicht der Typ Sportler, der mit der Tür ins Haus fällt.
Abfahrer Livio Hiltbrand ist nicht der Typ Sportler, der mit der Tür ins Haus fällt.Bild: ZVG

Auch ein anderer Vergleich trägt dazu bei, dass man Livio Hiltbrands Einzug in den Weltcup-Zirkus nicht gerade als berauschend empfand. Franjo von Allmen, wie Hiltbrand aus dem Simmental und wie Maurer Hiltbrand mit einer handwerklichen Ausbildung in der Tasche, raste im Februar 2024 bei seinem erst dritten Weltcup-Einsatz, einem Super-G in Kvitfjell, als Fünfter mitten in die Weltspitze. Kein Vergleich zu Hiltbrand. Oder eben doch?

Von Allmen ist zwei Jahre Entwicklung voraus

Walter Reusser, CEO Sport von Swiss Ski, mahnt zur Geduld. Man übersehe bei diesem Vergleich schnell einmal, dass Livio Hiltbrand zwei Jahre jünger sei als Franjo von Allmen. Deshalb müsse man, wenn man die Beiden denn vergleichen wolle, darauf schauen, wie von Allmen vor zwei Winter fuhr. In der achten Abfahrt auf Stufe Weltcup reichte es für den aktuellen Weltmeister zum ersten Top-10-Platz.

Am Donnerstag bestreitet auch Livio Hiltbrand seine achte Weltcup-Abfahrt. Es ist sein zweiter Start in Beaver Creek und diese Feststellung gilt es stärker zu betonen als den numerischen Vergleich mit dem Simmentaler Nachbar Franjo von Allmen. Denn der nur 1.70 m grosse Hiltbrand ist ein komplett unterschiedlicher Sportler. Und genau da beginnt der Vergleich mit Legende Beat Feuz.

Livio Hiltbrand of Switzerland in action during a training session for the men's Downhill race at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup, in Crans-Montana, Switzerland, Friday, February 21, 2025. (K ...
Livio Hiltbrand …Bild: keystone
epa09011550 Beat Feuz of Switzerland speeds down the slope during the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Championships in Cortina d'Ampezzo, Italy, 14 February 2021. EPA/ANDR ...
… und Beat Feuz.Bild: keystone

Während Franjo von Allmens Fahrten oft wild und risikoreich wirken, der 24-Jährige unterwegs bisweilen aus dem Gleichgewicht kommt und heikle Situationen dank seines Renninstinkts meistert, wirkt Livio Hiltbrands Fahrstil im Vergleich schon beinahe langweilig. Er fährt im Stile von Feuz wie auf Schienen und ausbalanciert, versteht es dabei aber ausgezeichnet, den Ski laufen zu lassen.

Die Phase des Kennenlernens ist jetzt vorbei

Und Hiltbrand setzt vor allem auf die Taktik, eine Aufgabe Schritt für Schritt in Angriff zu nehmen. So sagt der 22-Jährige auf seine Zielsetzung für die neue Saison angesprochen als erstes: «Ich kenne nun sieben Strecken des Weltcups und traue mir zu, mit diesen Erfahrungen den nächsten Schritt zu machen.» Auch dieses Raster passt mit Feuz zusammen. Der noch amtierende Abfahrts-Olympiasieger benötigte anno dazumal elf Anläufe, um erstmals in die Top 10 eines Weltcuprennens vorzustossen.

Der Berner Oberländer Hiltbrand will vor seinem Einsatz in Beaver Creek nicht mit konkreten Rangzielen hausieren, aber regelmässiger in die Top 20 zu fahren und vielleicht auch einmal ein Ausrufezeichen gegen oben zu setzen, traut er sich zu. In der Saisonvorbereitung musste sich Livio Hiltbrand in den direkten Vergleichen mit Franjo von Allmen oder Marco Odermatt dem Vernehmen nach jedenfalls nicht verstecken.

Bei Swiss Ski weiss man, welches weitere Speedjuwel man im bescheiden und leise auftretenden Berner hat. Die Verantwortlichen wollen ihm die notwendige Zeit lassen auf seinem Weg in die Weltspitze. So soll Livio Hiltbrand gemäss Plan im Super-G weiterhin mehrheitlich auf Stufe Europacup fahren. Schritt für Schritt eben.

Doch zwischendurch widerlegt selbst Livio Hiltbrand die Ansicht, dass er risikoscheu sei. Zumindest neben der Piste. Vor kurzem vertrat der 22-Jährige als einziger Skifahrer die Alpinfraktion beim Superzehnkampf der Sporthilfe. Und dies vor dem Olympiawinter. Denn seit Simon Ammanns legendärem Zusammenprall mit einer TV-Kamera im Hallenstadion weiss man, wie hoch das Verletzungsrisiko auch an diesem Plauschwettkampf sein kann. (aargauerzeitung.ch)

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