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Alexis Monney, Marco Odermatt und Co. sorgen in Österreich für Neid

epa11795941 Second placed Franjo von Allmen (L) of Switzerland with his teammate winner Alexis Monney (R) celebrate on the podium after the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup  ...
Der Schweizer Alexis Monney feiert seinen Premierensieg im Weltcup vor Landsmann Franjo von Allmen (l.).Bild: keystone

«Die Schweiz war nirgends»: Plötzlich blickt Österreich neidisch auf unsere Ski-Stars

Sieben der ersten 13 Weltcup-Rennen bei den Männern gewannen Schweizer, in der dritten Abfahrt der Saison gab es am heutigen Samstag in Bormio den dritten Schweizer Doppelsieg. Da werden selbst die Österreicher blass vor Neid.
28.12.2024, 17:3629.12.2024, 01:54
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Es gab Zeiten, da blickten wir Schweizer neidisch auf das schier endlose Repertoire an talentierten Skifahrern und -fahrerinnen unseres östlichen Nachbarn. Zwischen 1990 und 2019 gewann Österreich 30 Mal in Serie die Nationenwertung, zeitweise dominierte es den Ski-Weltcup gar so sehr, dass der erste Verfolger nicht einmal ein Drittel von Österreichs Punkten aufwies. Noch in der Saison 2014/15 siegte Ski Austria mit knapp 5500 Punkten Vorsprung auf Italien, die Schweiz kam auf weniger als die Hälfte der 11'617 Zähler der Ösi-Stars.

In der Saison darauf schaffte es die Schweiz dann gar nur auf Platz 4. Es war das Jahr, in dem Marco Odermatt kurz vor Saisonende sein Debüt im Weltcup feierte. Es sollte noch etwas dauern, bis der furchtlose Nidwaldner in den Ski-Olymp vorstiess. Mittlerweile ist aber nichts mehr wie es war – weder für die Schweizer noch die Österreicher.

epa11788446 Marco Odermatt of Switzerland celebrates in the finish area during the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Val Gardena, Italy, 21 December 2024. EPA/LUCIANO SOLE ...
In den letzten Jahren dominierte Marco Odermatt den Weltcup nach Belieben – und mit ihm die Schweiz die Nationenwertung.Bild: keystone

In vier der letzten fünf Jahren war die Schweiz die Ski-Nation Nummer 1. Im letzten Winter triumphierten Lara Gut-Behrami und Marco Odermatt im Gesamtweltcup. Und auch in dieser Saison starteten die Schweizerinnen und Schweizer hervorragend. Der 27-jährige Odermatt führt im Kampf um die grosse Kristallkugel schon wieder, bei den Frauen sind Camille Rast und Gut-Behrami die ersten Verfolgerinnen von Leaderin Federica Brignone.

Schweiz-Festspiele in der Abfahrt

Beeindruckend ist aber vor allem auch die Breite des Swiss-Ski-Kaders, das jenes schier endlose Repertoire an Talenten umfasst, für welches die Schweizerinnen und Schweizer Österreich einst beneideten. Odermatt war nämlich nur ein Teil einer neuen Welle an Schweizer Talenten, die in den Weltcup strömten. Mit dem 24-jährigen Alexis Monney bewies am heutigen Samstag in Bormio ein weiterer Schweizer in eindrücklicher Manier, dass er zu den besten Abfahrern der Welt gehören kann. Gleiches gilt für den ein Jahr jüngeren Franjo von Allmen, der seinen zweiten Platz von Gröden mit einem erneuten zweiten Platz bestätigte. Die österreichische Tageszeitung «Heute» schrieb von «Schweiz-Festspielen» und bezeichnete die beiden Jungstars als «Sensationsläufer».

Es ist in der dritten Abfahrt der Saison der dritte Schweizer Doppelsieg. Wenig überraschend belegen mit Odermatt, von Allmen, Justin Murisier und Monney vier Schweizer die ersten vier Plätze in der Abfahrtswertung. Gemeinsam mit Loïc Meillard stehen diese vier in der Top 15 des Gesamtweltcups, wodurch die Schweiz gar Norwegen mit seinen hervorragenden Technikern, die aber vier der ersten sieben Plätze belegen, noch übertrifft.

«Vor ein paar Jahren waren wir überlegen und sie nirgends.»
Österreicherin Michaela Dorfmeister

Dass die Schweiz derzeit das Mass aller Dinge ist, haben sie auch in Österreich längst festgestellt – wenn wohl auch etwas zähneknirschend. So sagte die erfolgreiche Ex-Skifahrerin Michaela Dorfmeister in einem Interview vom Freitag beim «Standard»: «Vor ein paar Jahren waren wir überlegen und sie nirgends.» Doch in der Schweiz hätten sich die Verantwortlichen zusammengesetzt und gesehen, dass man so nicht weitermachen könne. «Mittlerweile hat es der ÖSV auch verstanden, dass es in Österreich an der Basis bergab geht», so Dorfmeister.

Lackenhof, Oesterreich, 5.1.2018, Wintersport, FIS Snowboard Weltcup - Lackenhof. Bild zeigt Michaela Dorfmeister. 5/01/18, Lackenhof, Austria, Sport, winter sports, FIS Snowboard World Cup. Image sho ...
Michaela Dorfmeister ist unzufrieden mit der Situation des österreichischen Ski-Teams.Bild: imago sportfotodienst

Bis die Früchte von möglichen Veränderungen und Investitionen geerntet werden können, braucht es aber Zeit – und ganz alles werde noch immer nicht gemacht für eine erfolgreiche Zukunft. «Wie es aussieht, gibt es fast überall eine Skihalle, nur in Österreich nicht. Ich weiss nicht, warum sie es hier nicht schaffen, eine solche Halle klimaneutral zu bauen», schimpft die 51-jährige Gesamtweltcupsiegerin und Doppel-Olympiasiegerin.

«Ski-Star Odermatt: Doppelt so gut wie das gesamte ÖSV-Team.»
Titel in der Tageszeitung «Kurier»

Ansporn könnten die Verantwortlichen beim Österreichischen Skiverband (ÖSV) aus der derzeitigen Situation eigentlich genug ziehen. Nach dessen Sieg beim Riesenslalom in Alta Badia von letztem Sonntag titelte der «Kurier»: «Ski-Star Odermatt: Doppelt so gut wie das gesamte ÖSV-Team». Damit bezog sich die Tageszeitung auf die Anzahl Podestplätze in dieser Saison. Odermatt hatte in seinen ersten acht Auftritten sechsmal auf dem Podium gestanden, die Österreicher in insgesamt elf Rennen nur dreimal. Daran hat sich auch nach dem Slalom in Alta Badia vom Montag und der Abfahrt in Bormio vom heutigen Samstag nichts geändert.

ÖSV-Alpinchef beschwichtigt – und erntet Kritik

Die unbefriedigende Situation von Ski Austria bei den Männern – bei den Frauen sorgte Cornelia Hütter für zwei Siege, ausserdem gab es immerhin drei weitere Podestplätze – liegt auch an Vincent Kriechmayr. Der 33-jährige Speed-Spezialist konnte nach der Schmach mit Platz 55 in Gröden zwar eine deutliche Verbesserung zeigen, war mit Platz acht in Bormio aber dennoch unzufrieden. «Es ist schon ein grosser Rückstand», sagte Kriechmayr mit Blick auf die 1,12 Sekunden, die er langsamer war als Sieger Monney. Er sei «ein bisschen deprimiert», erklärte er zudem.

«Das ehemals stärkste Skiteam der Welt versinkt immer mehr im Mittelmass.»
«Kurier»

Dass er trotzdem der beste Österreicher war, dürfte bei Ski Austria nicht unbedingt für gute Stimmung sorgen. Doch ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl erklärte vor Kurzem, dass er aufgrund der bisherigen Ergebnisse nicht unruhig werde. «Natürlich war das bisher nicht das, was wir uns erwartet haben. Das ist nicht zufriedenstellend.» Doch die Mannschaft sei wesentlich besser, weshalb Mandl sagt: «Ich glaube, dass es im Januar schon wieder besser aussehen wird.» Der «Kurier» warf Mandl wegen seiner Aussagen vor, «gute Miene zum bösen Spiel» zu machen. Denn in Wirklichkeit, «versinkt das ehemals stärkste Skiteam der Welt immer mehr im Mittelmass».

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Die letzten Schweizer Sieger im Skiweltcup
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Die letzten Schweizer Sieger im Skiweltcup
Abfahrt Männer: Alexis Monney gewinnt am 28. Dezember 2024 in Bormio. Sein erster Weltcupsieg, er gewinnt vor Franjo von Allmen.
quelle: keystone / marco trovati
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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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yänne321
28.12.2024 18:44registriert August 2022
Geniessen wir diese Zeit. Die Chance ist hoch, dass es irgendwann wieder anders aussieht.
Hoffen wir auf wenige Verletzte im Skizirkus (egal welche Nation).
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uhl
28.12.2024 19:08registriert Februar 2019
Wir haben möglicherweise gerade eine goldene Generation am Start und mit Odermatt einen Ausnahmekönner. Deshalb sieht es krasser aus als es vielleicht ist. Auch Odermatt wird irgendwann weg sein, Österreich fiel nach Hirscher in ein Loch. Da muss die Schweiz schauen, dass das nicht passiert. Erschwerend kommen in Austria aber auch realitätsfremde Erwartungen daher. Es ist glaubs zwei oder drei Jahre her, da hat irgend ein Ex-Profi noch was von Fünffachsiegen geschwafelt, die sich die Österreicher vornehmen sollten. Das ist verblendet in einem zunehmend internationaler werdenden Starterfeld.
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Schlaf
28.12.2024 18:15registriert Oktober 2019
Der Mensch neigt dazu, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen.

Die Ösis checken es jetzt, nach 4-5 Jahren.
Die Schweizer brauchten etwas länger, aber jetzt sind die Früchte reif👍🏻
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