Die Zeit vor Olympia drängt – sechs Ski-Stars, sechs Wege zum Comeback
Aleksander Kilde
Der norwegische Speedfahrer schlug im Januar 2024 im Ziel-S von Wengen hart in den Fangnetzen auf. Er zog sich eine klaffende Fleischwunde im Unterschenkel und eine komplexe Schulterverletzung zu.
Fünfmal musste Kilde in der Folge operiert werden. Der Heilungsverlauf sei «ziemlich lange wahnsinnig gut» verlaufen, sagt einer von Kildes betreuenden Ärzten in einem Auszug aus dem ab Donnerstag in den Kinos laufenden Dok-Film «Downhill Skiers», in dem neben Kilde auch Marco Odermatt zu den Protagonisten gehört. Doch dann, nach fast sechs Monaten, führte ein Infekt in der Schulter zu einer Blutvergiftung und warf den 33-Jährigen weit zurück.
Obwohl Kilde die lädierte Schulter erst um 90 Grad anwinkeln kann, steht er inzwischen wieder auf Ski und trainiert mit dem Team. Die Rückkehr auf hohem Niveau bleibt indes eine grosse Challenge.
Geht es nach Kilde, kehrt er im Dezember in den Weltcup zurück. «Ich bin noch nicht fertig, ich habe noch mehrere Jahre», sagt der Verlobte von Mikaela Shiffrin.
Cyprien Sarrazin
Der Franzose hob ihm Dezember 2024 in Bormio in hohem Tempo unkontrolliert ab und erlitt ein subdurales Hämatom, eine Blutansammlung zwischen den äussersten Hirnhäuten. Dem 31-Jährigen musste ein Loch in den Schädel gebohrt werden. Er hatte Glück, nicht auf der rechten Seite gelähmt zu sein und einen Teil des Sprachzentrums zu verlieren.
«Ich habe den besten Moment meines Lebens erlebt, und ein Jahr danach bin ich fast gestorben. Es war eine verrückte Achterbahnfahrt. Dass ich heute ohne Spätfolgen bin, da muss ich sagen, ich hatte Riesenglück», sagt Sarrazin. Der harte Kampf um die Rückkehr auf die Rennpisten ist noch nicht abgeschlossen. «Ich möchte zurückkommen, diese Emotionen wieder erleben. Aber ich weiss noch nicht, wie hoch die Chance ist. Ich mache Schritt für Schritt, ich lasse mir Zeit. Diese Saison wird es noch nicht der Fall sein», so Sarrazin, der vor dem Sturz zu Odermatts härtesten Gegnern in den schnellen Disziplinen gehörte. Die Olympischen Spiele 2026 werden also ohne Sarrazin stattfinden.
Marcel Hirscher
Der achtfache Gesamtweltcupsieger aus Salzburg, der seit dem Comeback vor einem Jahr für die Niederlande fährt, zog sich vor gut elf Monaten im Training einen Kreuzbandriss und eine Kapselverletzung im Knie zu. Seit September befindet er sich wieder im Schneetraining. Das Comeback bereits an diesem Wochenende in Sölden entfällt primär deshalb, weil der 36-Jährige laut Patrick Riml, dem Projektchef von Hirschers Sponsor Red Bull, zuletzt zweieinhalb Wochen krank war.
Alexis Pinturault
Ein Jahr nach seinem Kreuzbandriss brachte ein Sturz im Super-G in Kitzbühel Pinturault um die Teilnahme an der WM 2025. Der 34-jährige französischen Allrounder zog sich einen Bruch am inneren Schienbeinplateau im rechten Knie sowie eine Verletzung am Innenmeniskus zu, konnte das Sommertraining nach einer sechswöchigen Pause aber normal bestreiten.
Im Riesenslalom in Sölden gibt der Gesamtweltcupsieger von 2021 sein neuerliches Comeback. Er werde sich in der Olympiasaison voll auf den Riesenslalom konzentrieren, kündigte Pinturault an und deutete an, dass es seine letzte Profisaison sein könnte. Den Riesenslalom auf dem Rettenbachgletscher hat er 2016 und 2019 gewonnen.
Federica Brignone
Die italienische Dominatorin der letzten Saison zerfetzte sich im Frühling an den italienischen Meisterschaften das linke Knie. Sie brach sich das Schien- und Wadenbein und riss sich das Kreuzband.
Die Teilnahme an den Winterspielen in der Heimat verkommt für die Mailänderin zu einem Wettlauf gegen die Zeit. «Ich arbeite mir den Hintern ab, um teilnehmen zu können», sagte die 35-Jährige unlängst zum «Corriere della Sera». «Manche haben zwei Jahre gebraucht, um von einer ähnlichen Verletzung zurückzukommen», so Brignone. «Wann ich wieder Ski fahre und Rennen bestreite? Ich weiss es nicht.»
Petra Vlhova
Die Technikerin aus der Slowakei zog sich im Januar 2024 im Heimrennen in Jasna einen Innenband- und Kreuzbandriss zu. Mehr als ein Jahr später musste sie sich wegen Problemen am Knorpel einer weiteren Operation unterziehen. Zudem machen der 30-jährigen Gesamtweltcupsiegerin von 2021 private Probleme zu schaffen. Im November 2024 trennte sie sich nach fünf Jahren von ihrem Freund Michal Kyselica, fünf Monate später von ihrem Schweizer Trainer Mauro Pini.
«Ich weiss nicht, ob ich jemals wieder Ski fahren kann. Es ist ganz schwierig, eine Prognose abzugeben», sagte Vlhova im Mai im Gespräch mit einem slowakischen Radiosender. In einem Podcast sprach sie offen über ihre privaten Schwierigkeiten. Ihre Situation hat Züge eines Kampfes gegen sich selbst. Ausgang offen. (abu/sda)
